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Havelsymphonie (German Edition)

Havelsymphonie (German Edition)

Titel: Havelsymphonie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Wiersch
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mussten bei Ermittlungen an der Garderobe abgegeben werden. Grundlagenvorlesung erstes Semester.
    Selbst wenn sich hinter 1210 wirklich der Name Elliott verbergen sollte, was konnte Manzetti dem Wirt der Theaterklause vorwerfen? Etwa, dass ein Autist seinen Namen verschlüsselt auf ein Blatt Papier gekritzelt hatte? Wohl kaum, und Claasen würde zu Recht die Fassung verlieren, wenn der von seinen Überlegungen erführe.
    All das ging Manzetti durch den Kopf, als er zur Goethestraße unterwegs war. Er hatte den längeren Weg über die Jahrtausendbrücke und das Heineufer gewählt und gehofft, dass ihm der Fußmarsch die nötige Zeit zur Besinnung bescheren würde, um Antworten auf die Fragen nach dem Täter zu finden. Aber davon war er momentan noch meilenwert entfernt, denn das Einzige, was er auf dem Asphalt der Uferpromenade fand, war schmieriger Hundekot, den Herrchen oder Frauchen sicherlich aus Versehen liegengelassen hatten.
    In Höhe des Restaurantschiffes griff er zum Handy und wählte die Nummer von Wendland. „Hallo Michael. Ich brauche deine Hilfe.“
    „Schon wieder? Du scheinst ganz schön am Arsch zu sein.“ Wendland hustete in den Apparat. Als sich die Lunge des Detektivs wieder beruhigt hatte, schilderte Manzetti sein Anliegen. Er brauchte einen Rat, irgendeine Idee, wie er Elliott Silbermann unter Druck setzen konnte.
    „Mach’s wie Dashiell Hammett. Das müsste auch in Brandenburg klappen.“
    „Geht das nicht etwas genauer?“
    „Also, pass auf“, sagte Wendland, während Manzetti auf der Bauchschmerzenbrücke stehen blieb, einer kleinen Fußgängerbrücke, die zum Erstaunen vieler Touristen wirklich so hieß. Er blickte auf die Havel hinaus, wo ein Dutzend Enten, wohl in Erwartung von staubigen Brotkrumen, sofort auf ihn zuschwammen. Aber Manzetti nahm sie gar nicht wahr, er lauschte den Ausführungen seines Freundes.
    „Wenn ich es richtig verstanden habe, dann ist dieser Autist dein Zeuge. Ist das so?“
    „Ja“, bestätigte Manzetti, obwohl das noch immer nur eine Vermutung war.
    „Das musst du aber deinem Täter nicht unbedingt aufs Brot schmieren. Gib ihm durch die Blume zu verstehen, dass ihr andere Zeugen habt, die ihn gesehen haben.“
    „Und wie soll das funktionieren? Wenn ich ihn auf der Grundlage unserer bisherigen Ergebnisse auch nur indirekt als Täter bezeichne, dann bekomme ich riesigen Ärger, falls er es doch nicht war. Verfolgung Unschuldiger. Das müsstest du doch am besten wissen.“
    „Mach dir nicht in die Hosen. Wenn es schiefgeht, stelle ich dich sofort ein“, versprach Wendland und musste augenblicklich wieder husten.
    „Das kannst du nicht bezahlen“, entgegnete Manzetti, der keine Lust hatte, wegen irgendwelcher amerikanischen Krimihelden seinen Beamtenstatus zu riskieren. „Aber erzähl mir trotzdem von deinem Hammett.“
    „Mach ich doch ... Du lässt ihn also wissen, dass er unter Verdacht steht. Vielleicht fragst du einen seiner Bekannten sehr auffällig nach dem Alibi dieses Gastwirts. Dadurch machst du ihn nervös und er beißt leichter an. Dann setzt du dich an einem Sonntagabend in seine Kneipe, und ich schicke dir nacheinander drei Leute, die sich lediglich an einen Tisch hocken, nichts bestellen und dir eindeutig zunicken, wenn Silbermann hinter dem Tresen auftaucht.“
    „Und was soll das werden?“
    „Stell dich doch nicht so an. Wenn er es war, dann rennt er sofort zu seinem Anwalt oder so.“
    „Das klingt mir sehr weit hergeholt“, warf Manzetti ein und stieß mit der Schuhspitze einen kleinen Stein ins Wasser. „Das kann in einem Buch oder im Film klappen, aber hier in der Realität?“
    „Hammett, mein Lieber, das ist die Realität. Es wird funktionieren, vertrau mir.“
    „Und wenn er seelenruhig hinter dem Tresen stehen bleibt?“
    „Dann musst du dir einen anderen Mörder suchen.“
    Während Manzetti weiterlief und mittlerweile in die Havelstraße eingebogen war, dachte er intensiv über den Vorschlag seines alten Freundes nach. Sollte er es wirklich probieren? Michael Wendland war ein ausgesprochener Freund des amerikanischen Krimis und konnte auf das kleinste Stichwort von unzähligen Räuberpistolen berichten, bei denen er auf genau die Methoden aus Detektivromanen zurückgegriffen hatte. Lesen bildet, behauptete er deshalb immer, wenn auch mit einem Augenzwinkern. Aber der Erfolg seiner Arbeit gab ihm Recht.

    *

    „Guten Tag“, sagte Manzetti, als ihm ein schwarzgekleideter Mann die Tür öffnete. „Mein Name ist

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