Havelwasser (German Edition)
Gebrauch.“
Manzetti schüttelte leicht entrüstet den Kopf.
„Du brauchst dich nur zu bewerben, und dann schlagen sie dir drei Länder vor. Mindestaufenthalt drei Jahre. Unterkunft frei und Zuschüsse für Umzug und so weiter. Wenn du es geschickt anstellst, dann verdienst du sogar mehr als hier und machst einen Aufenthalt in einem Land, für den andere eine Menge Geld bezahlen müssen. Namibia zum Beispiel ist so eine Adresse.“
„Kannst du dich nicht ein bisschen genauer erkundigen?“
„Martin Becker, sagtest du?“
Manzetti nickte bestätigend.
„Wie soll das gehen?“, wehrte Jochen ab.
Manzetti überlegte kurz und hatte dann eine Antwort parat. „Wenn du einem dieser Ministeriumsmitarbeiter anbietest, dass du ihm die Stehlampe im Wohnzimmer an den richtigen Platz stellst“, buhlte er und legte seine Hand auf die von Jochen, „dann kann dir doch keiner widerstehen.“ Der dazugehörige Augenaufschlag könnte bei oberflächlicher Betrachtung auch den Eindruck erwecken, dass er im Begriff war, den Pfad des Heterolebens doch noch zu verlassen.
„Überredet, mein Lieber“, hauchte Jochen und versprach, sich in den nächsten Tagen telefonisch zu melden.
Als Köppen vor dem Café Heider vorfuhr, war Jochen nur ganz kurz traurig, denn er hatte seit einiger Zeit Blickkontakt mit einem jungen Mann aufgenommen, der drei Tische weiter saß. Dadurch sank auch seine Konzentration für Manzetti, der sich die Frage stellte, ob wirklich nur Frauen mehrere Dinge zur gleichen Zeit erledigen konnten.
15
Köppen lenkte den Wagen in Richtung Autobahn und berichtete von dem mageren Ergebnis seiner Recherchen im Polizeipräsidium. Martin Becker und Fred Weinrich hatten beide keine Spuren in polizeilichen Dateien hinterlassen. Das bedeutete, dass ihnen zu Lebzeiten kein strafrechtsrelevantes Handeln nachgewiesen worden war. Weder über den einen noch über den anderen gab es also einen Eintrag. Vollkommen sauber, nannte man das wohl, obwohl es natürlich nur besagte, dass niemals gegen sie ermittelt worden war oder ein dringender Tatverdacht gegen sie bestanden hatte. Vielleicht waren sie einfach nur nicht erwischt worden.
Aber Weinrich und Becker tauchten auch nicht als Opfer einer Straftat auf, und selbst für die Fahnder des Finanzamts waren sie unbeschriebene Blätter. Becker hatte seine Million also ganz legal zusammengetragen, hatte dabei gegen keine Gesetze verstoßen, und das in einem Land, wo man mehr Gesetze erfand, als nötig waren.
Köppen sah in den Rückspiegel und erkannte, dass der Hauptkommissar mit den Gedanken ganz weit weg war. „Nach Hause, Herr Manzetti?“, fragte er über den Spiegel Blickkontakt suchend.
„Ja“, antwortete Manzetti und machte dabei immer noch den Eindruck, als befände er sich in einer anderen Welt. „Für heute reicht es. Also nach Hause.“ Dann tauchte er wieder in seine eigenen Gedanken ein, und Köppen konzentrierte sich auf den Straßenverkehr.
Was hatte er bis jetzt? Da waren die zwei Männer, die anscheinend außer den Morden kaum etwas gemein hatten. Der eine war Lehrer, und der andere bereitete sich auf ein katholisches Priesteramt vor. Beide hatten mit einer kontinuierlich schrumpfenden Klientel zu tun. Darüber hinaus sah Manzetti nur noch wenige Gemeinsamkeiten. Die Männer waren fast im gleichen Alter, und beide stammten ursprünglich aus dieser Region des Landes Brandenburg.
Was wusste er noch über sie? Becker lebte mit seiner Frau, Weinrich hatte sich durch das Zölibat zum Alleinsein verpflichtet. Becker hatte ein, zumindest für einen Lehrer, ziemlich großes Vermögen. Weinrichs Besitzverhältnisse kannte er nicht. Manzetti zog sein Notizheftchen aus der Sakkotasche und schrieb sich ein knappes Stichwort auf. Weinrich-Geld-Konten?
Je länger er nachdachte, desto klarer wurde ihm, dass die beiden Männer mehr Gemeinsamkeiten haben mussten als ihre grausame Todesart und die Inszenierungen ihrer Ermordung, die sich bis ins letzte Detail glichen, so dass man wirklich nicht von einem Zufall ausgehen konnte. Er war davon überzeugt, dass er im Pfarramt belogen worden war und dass auch dort ein Brief eingetroffen war, der auf eine pädophile Neigung Weinrichs anspielte. Es konnte gar nicht anders sein.
Dann schloss er die Augen und wurde von einer schrecklichen Vision verfolgt, in der sowohl Becker als auch Weinrich wiederauferstanden waren. Sie waren in seiner Wohnung, in den Zimmern seiner Töchter!
Sein Blick fiel durch den Türspalt in Paolas
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