Havenhurst - Haus meiner Ahnen
dem Baby alles in Ordnung, Liebling?“
Alexa lachte, nickte und wurde dann gleich wieder ernst. „Glaubst du, daß man darauf vertrauen kann, daß er ihr nicht weh tut? Der Mann hat schon so viel Schaden angerichtet, daß ich... Ich mag ihn einfach nicht, Matthew. Er sieht selbstverständlich gut aus, sogar außergewöhnlich gut...“
„So gut ja nun auch wieder nicht“, warf Matthew beleidigt ein.
Alexa mußte lachen. Sie schlang die Arme um ihren Ehemann und küßte ihn ausgiebig. „Ehrlich gesagt, er erinnert mich an dich“, erklärte sie. „Jedenfalls was seine Haut- und Haarfarbe, seine Größe und seinen Körperbau angeht.“
„Ich hoffe, das sind nicht die Punkte, weswegen du ihn nicht leiden kannst“, neckte Matthew.
„Nun sei doch einmal ernst, Matthew. Wirklich, ich mache mir Sorgen. Ian Thornton ist... nun, er macht mir beinahe angst. Obwohl er nach außen hin überaus zivilisiert wirkt, ahne ich eine gewisse Kraft, vielleicht sogar eine gewisse Rücksichtslosigkeit hinter seiner glatten Fassade. Und wenn er etwas will, ruht er nicht eher, bis er es erreicht hat. Das habe ich erst gestern beobachtet, als er ins Haus kam und Elizabeth überredet hat, ihn zu heiraten.“
Matthew blickte seine Gattin interessiert, überrascht und auch ein wenig erheitert an. „Sprich nur weiter“, forderte er sie auf.
„Nun, im Augenblick will er Elizabeth haben, aber ich kann mir nicht helfen - ich fürchte, das ist nichts weiter als eine vorübergehende Laune.“
„Das würdest du nicht denken, wenn du gesehen hättest, wie blaß er neulich wurde, als er erkannte, daß Elizabeth ohne seine Hilfe gegen die Gesellschaft antreten wollte.“ „Tatsächlich? Bist du sicher?“
„Ganz sicher.“
„Bist du ebenfalls sicher, daß du ihn gut genug kennst, um ihn beurteilen zu können?“
„Absolut sicher“, behauptete Matthew.
„Wie gut kennst du ihn denn?“ fragte Alexa.
„Ian Thornton ist mein Vetter sechsten Grades.“
„Dein — was? Du scherzt doch! Weshalb hast du mir das nicht schon früher gesagt?“
„Erstens ist das Thema bis gestern abend nie akut geworden, und selbst wenn, dann hätte ich dir nichts gesagt, weil Ian sich bis jetzt geweigert hat, seine Verwandtschaft mit dem Duke of Stanhope anzuerkennen, was durchaus sein Recht ist. Da ich weiß, wie er über diese Familienbeziehungen denkt, habe ich es immer als Kompliment betrachtet, daß er wenigstens seine Verwandtschaft mit mir anerkannt hat. Im übrigen sind wir auch Geschäftspartner in drei Handelsunternehmungen.“
Er sah Alexas verblüffte Miene und lachte leise. „Wenn Ian kein tatsächliches Genie ist, dann ist er jedenfalls nahe daran, eines zu sein. Er ist ein brillanter Stratege. Die Intelligenz liegt eben in der Familie“, schloß er scherzend.
„Vettern!“ wiederholte Alexa ungläubig.
„Das sollte dich nicht so sonderlich überraschen. Wenn du in der Zeit weit genug zurückgehst, wirst du feststellen, daß der Adel in großem Umfang miteinander verwandt und verschwägert ist. Das ist aus dem entstanden, was wir ,Zweckehen‘ nennen.“
Matthew schaute die noch immer verwirrte Alexa an. „Ich vermute jedoch, was dich an Ian so bestürzt, das ist die Tatsache, daß er ein halber Schotte ist. In vielerlei Hinsicht ist er sogar mehr Schotte als Engländer, was wohl für seine sogenannte Rücksichtslosigkeit verantwortlich ist. Ian tut immer, was er will und wann er es will, und der Teufel mag die Folgen holen. Ian kümmert sich nicht darum, was die Leute von ihm oder seinen Handlungen denken.“
Matthew blickte aus dem Fenster zu dem Paar hinaus, das jetzt einen Busch vor dem Haus betrachtete. Er sah, daß Ian Elizabeth aufmerksam zuhörte und daß sein sonst so hart wirkendes Gesicht Zärtlichkeit ausdrückte.
„Neulich abend allerdings hat Ian sich sehr darum gekümmert, was die Leute von deiner reizenden Freundin dachten“, fuhr er fort. „Ich wage mir gar nicht vorzustellen, was er getan hätte, wäre es jemandem eingefallen, sie in aller Öffentlichkeit zu beleidigen. Du hast ganz recht, Alexa, wenn du dich nicht durch seine ,zivilisierte Fassade täuschen läßt. Dahinter ist er nämlich Schotte, und er besitzt auch das Temperament eines Schotten, wenn er es auch gewöhnlich gut zu beherrschen weiß.“
„Ich kann nicht behaupten, daß deine Geschichte mich sonderlich beruhigt“, bemerkte Alexa unsicher.
„Das sollte sie aber. Ian fühlt sich Elizabeth absolut verpflichtet. Dieses Gefühl geht
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