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Havenhurst - Haus meiner Ahnen

Titel: Havenhurst - Haus meiner Ahnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith McNaught
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dieser Nachricht als Überraschungseffekt im richtigen Moment auftreten wollen.“ Elizabeth stand stocksteif da. Den sengenden Blick des Lords fühlte sie beinahe körperlich, und sie erkannte auch den Grund dafür: In den Augen aller, die die Geschichte in den Zeitungen verfolgt hatten, war Elizabeth entweder tot oder eine Ehebrecherin, die ihren Gemahl mit einem unbekannten Liebhaber verlassen hatte. Da sie jetzt in Fleisch und Blut und höchst lebendig hier war, glaubte Lord Kyleton offensichtlich das Letztere. Elizabeth wußte, daß jeder Mann in der Hohen Kammer hinter dieser Tür dort — einschließlich ihres Ehemannes — genau dasselbe denken würde, falls es ihr nicht gelang, das Gegenteil zu beweisen.
    Auf der Fahrt hierher hatte die Herzoginwitwe kaum gesprochen; sie hatte sich Elizabeths Erklärung aufmerksam angehört. Offenbar jedoch wollte sie diese Erklärung erst vor dem Gericht bewiesen sehen, bevor sie es selbst glaubte, und daß die Dowager Duchess ihren moralischen Beistand auf diese Weise zurückhielt, wo sie doch an Elizabeth geglaubt hatte, als das kaum jemand sonst getan hatte, schmerzte diese mehr als Lord Kylestons verdammter Blick.
    Ein paar Minuten später kehrte Lord Kyleton in die Halle zurück. „Meine Note wurde Peterson Delham soeben ausgehändigt. Wir wollen sehen, was jetzt geschieht.“
    „Haben Sie ihm mitgeteilt, daß Lady Elizabeth hier ist?“ „Nein, Durchlaucht“, antwortete er, als würde er gleich die Geduld verlieren. „Bei einem Gerichtsprozeß kann die Wahl des richtigen Zeitpunkts von großem Gewicht sein. Delham muß entscheiden, was er tun will und wann er es tun will.“ Dies bedeutete also eine weitere Verzögerung; Elizabeth hätte schreien mögen. Ian befand sich auf der anderen Seite dieser Tür, und am liebsten wäre sie zu ihm gestürmt, damit er sie sehen konnte, aber sie mußte sich beherrschen und hier still stehen. Sie hielt sich vor, daß er sie ja in wenigen Minuten würde sehen und hören können, was sie zu sagen hatte. Nur noch wenige Minuten, und sie würde ihm erklären können, daß Robert der Mann war, mit dem man sie gesehen hatte, und nicht ihr Liebhaber.
    Wenn Ian das erst einmal erfahren hatte, würde er ihr sicherlich vergeben und die Sorgen verzeihen können, die sie ihm gemacht hatte. Was Hunderte von Lords in der Hohen Kammer von ihr dachten, kümmerte Elizabeth nicht, mochten sie sie auch für alle Zukunft verdammen — solange Ian ihr nur verzieh.
    ★
    Nach einer scheinbaren Ewigkeit öffneten sich die Türflügel, und Peterson Delham trat in die Halle. „Was zum Teufel wollen Sie, Kyleton? Mich mitten aus der belastendsten Zeugenvernehmung herauszuholen.“
    Lord Kyleton warf einen unsicheren Blick zu den wenigen Männern, die in der Halle umhergingen, legte dann die Hand an Delhams Ohr und flüsterte dem Anwalt etwas zu. Delham starrte Elizabeth eisig an, packte sie dann beim Arm und zog sie hinter sich her zu einer geschlossenen Tür.
    „Wir reden hier drinnen“, erklärte er, öffnete die Tür und schob Elizabeth, gefolgt von der Herzoginwitwe, in den Raum, der einen Schreibtisch und sechs Stühle enthielt. Delham setzte sich in den Sessel hinter dem Schreibtisch, stützte die Ellbogen auf, legte die Fingerspitzen zusammen und musterte Elizabeth, als wollte er sie mit dem Blick durchbohren.
    „Lady Kensington, wie überaus gütig von Ihnen, sich die Zeit zu nehmen, uns einen Besuch abzustatten“, sagte er mit beißendem Spott. „Darf ich mir erlauben, Sie nach Ihrem Aufenthalt während der letzten sechs Wochen zu fragen?“ Wenn Ians Rechtsanwalt sich mir gegenüber schon so feindselig verhält, dachte Elizabeth, um wieviel größer muß Ians Haß dann auf mich sein? „Ich kann alles erklären!“ „Ach ja? Zu bedauerlich, daß Sie das nicht schon vor sechs Wochen getan haben.“
    „Hören Sie, Sir, ich bin nicht sechs Tage und sechs Nächte gereist, um mich hier von Ihnen beleidigen zu lassen! Ich bin sofort hergekommen, als ich in der Zeitung las, daß mein Gatte sich in Schwierigkeiten befindet. Ich bin hier, um zu beweisen, daß ich lebendig und unversehrt bin und daß mein Bruder ebenfalls noch am Leben ist.“
    Statt erleichtert, klang seine Stimme noch höhnischer als zuvor. „Ach Madam, ich kann es ja kaum erwarten, Ihre Geschichte zu erfahren.“
    Tapfer überhörte Elizabeth seinen Ton und erzählte kurz, aber vollständig, was sich zugetragen hatte, seit Robert sie auf Havenhurst abgefangen hatte. Sie

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