Havenhurst - Haus meiner Ahnen
das?“
„Ich dachte, meinem Gatten würde es nicht gefallen, aufgehängt zu werden ...“ Lautes Lachen schallte durch das Hohe Haus, und Elizabeth wartete mit dem Weiterreden, bis es abgeebbt war. „Ja, und so gab ich Bobbie mein ganzes Geld, damit er seine eigenen Wege gehen konnte.“
„Lady Thornton“, fragte Sutherland mit erschreckend weicher Stimme, „sagt Ihnen das Wort, Meineid“ etwas?“
„Ich glaube, das ist, wenn man vor Gericht lügt.“
„Wissen Sie auch, wie die Krone Meineidige bestraft? Sie werden zu Kerker verurteilt und verbringen ihr Leben in einer kalten, dunklen, feuchten Zelle. Möchten Sie, daß Ihnen so etwas widerfährt?“
„Das hört sich aber gar nicht hübsch an“, sagte Elizabeth. „Darf ich meine Gewänder und Juwelen dorthin mitnehmen?“
Wieder brandete lautes Gelächter auf.
„Nein, das dürfen Sie nicht!“
„Dann ist es ja nur gut, daß ich nicht gelogen habe.“ Sutherland war sich nicht mehr sicher, ob er tatsächlich düpiert worden war, aber auf jeden Fall war es ihm nicht gelungen, Elizabeth entweder als gerissene Ehebrecherin oder als zu Tode verängstigte Ehefrau zu präsentieren. Die groteske Geschichte von ihrer Flucht mit ihrem Bruder gewann jetzt eine absurde Glaubwürdigkeit.
„Madam, würden Sie einen Meineid auf sich nehmen, um diesen Mann zu schützen?“ Er deutete auf den Angeklagten, und Elizabeths Blick folgte unwillkürlich der gezeigten Richtung. Ihr Herz erstarrte, als sie sah, daß Ian jetzt womöglich noch gelangweilter, noch uninteressierter und noch unbewegter wirkte als zuvor.
„Ich frage noch einmal: Würden Sie einen Meineid riskieren, um diesen Mann vor dem Galgen zu bewahren, an dem er im nächsten Monat hängen wird?“
Elizabeth wäre für seine Rettung sogar gestorben. Sie zwang sich indessen zu einem dümmlichen Lächeln. „Im nächsten Monat? Wie können Sie so etwas nur vorschlagen? Im nächsten Monat ist doch Lady Nothams Ball, und Kensington hat mir ganz fest versprochen, daß wir hingehen, und...“ Elizabeths letzte Worte gingen im Gelächter unter. „... und daß ich aus diesem Anlaß einen neuen Pelz bekomme.“
Sie spürte, daß sie gewonnen hatte — nicht weil ihre Vorstellung so überzeugend gewesen war, sondern weil die meisten der Lords Ehefrauen hatten, die nie über den nächsten Ball, das nächste Gewand oder den nächsten Pelz hinausdachten. Aus diesem Grund erschien sie ihnen jetzt sehr glaubwürdig.
„Keine weiteren Fragen?“ Sutherland bedachte sie mit einem verächtlichen Blick.
★
Delham erhob sich, und obwohl sein Gesicht völlig ausdruckslos war, merkte Elizabeth, daß er ihr im stillen Beifall zollte. „Lady Kensington“, sagte er formell, „möchten Sie diesem Gericht noch irgend etwas sagen?“
Sie merkte, daß er wollte, sie möge etwas äußern, und so sagte sie das, was ihr gerade in den Sinn kam.
„Ja, Mylord, ich möchte sagen, wie leid es mir tut, daß mein Bruder Bobbie und ich Ihnen allen so viele Unannehmlichkeiten gemacht haben. Und daß es falsch von Bobbie war, so böse auf meinen Gatten zu sein, wo der ihm doch in Wirklichkeit nur einen Dienst erwiesen hat.“ Sie merkte, daß sie schon wieder viel zu vernünftig sprach, und so fügte sie rasch hinzu: „Wenn Kensington meinen Bruder für dessen Mordversuche ins Gefängnis gebracht hätte, würde Bobbie es dort nämlich beinahe so häßlich gefunden haben wie ich. Er ist ein sehr anspruchsvoller Mensch, wissen Sie.“
„Lady Thornton“, sagte der Lordkanzler, nachdem er sich über dem allgemeinen Gelächter wieder Gehör verschaffen konnte. „Sie dürfen jetzt den Zeugenstand verlassen.“
Er hatte in so ätzendem Ton gesprochen, daß Elizabeth einen Blick zu ihm hinüber wagte, und dann wäre sie beinahe gestolpert, als sie sein zornverzerrtes Gesicht sah. Mochten die anderen Lords denken, sie sei eine hoffnungslose dumme Gans; der Lordkanzler sah aus, als wollte er sie eigenhändig erwürgen.
Delhams Assistent kam heran und geleitete sie aus dem Zeugenstand zu der Tür, die aus dem Saal herausführte.
„Bitte“, flüsterte Elizabetzh eindringlich, „bringen Sie mich wieder in den Alkoven. Lassen Sie mich nicht draußen warten, wo ich nicht erfahre, was hier drinnen geschieht.“ „Nun gut“, stimmte der Assistent unsicher zu. ,Aber verhalten Sie sich ganz still. Die Vorstellung hier wird ohnehin bald vorüber sein.“ Er blickte zu einem Mann hinüber, der jetzt auf Delham zuging.
„Meinen Sie,
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