Havenhurst - Haus meiner Ahnen
ausgesucht hat“, bemerkte Berta. „Das ist so ganz anders als Ihre anderen Kleider.“
Elizabeth streifte die über den Ellbogen reichenden blauseidenen Handschuhe hoch und befestigte das zum Ohrgehänge passende Armband über dem linken Handgelenk. Sie lächelte vergnügt und verschwörerisch.
„Dies ist das einzige Kleid, das Mrs. Porter nicht ausgesucht hat, Berta. Und Lucinda hat es ebenfalls noch nicht gesehen. Außerdem ist es eine sehr vernünftige Geldanlage, denn ich werde es noch anziehen können, wenn ich zwanzig Jahre alt bin.“
Berta schüttelte heftig den Kopf. „Ich bezweifle, daß Ihr Viscount Mondevale Sie das Kleid mehr als zweimal tragen läßt“, erklärte sie, während sie den Saum zurechtzupfte.
5. KAPITEL
Bertas Bemerkung hatte Elizabeth daran erinnert, daß sie ja praktisch verlobt war, und das ernüchterte sie. Als sie die in den Ballsaal führende Treppe hinabstieg, erregte sie die Aussicht auf das Wiedersehen mit Mr. Ian Thornton kaum noch. Ja, sie schlug sich jeden Gedanken an den Mann aus dem Kopf.
Viele Paare tanzten bereits, doch die meisten Gäste standen in Gruppen beieinander, lachten und unterhielten sich. Elizabeth blieb auf der untersten Treppenstufe stehen, um nach ihren Freundinnen auszuschauen, doch dann erstarrte sie.
Direkt am Fuß der Treppe stand Ian Thornton mit einem erhobenen Weinglas in der Hand und betrachtete sie. Sein unverhohlener Blick lief von ihrem aufgesteckten Haar über ihre Brüste und Hüften bis hinab zu ihren blauen Seidenschuhen und kehrte dann zu ihrem Gesicht zurück. Uneingeschränkte Bewunderung leuchtete aus seinen Augen. Er nickte Elizabeth kaum merklich zu und hob sein Glas wie zum Toast ein wenig an, bevor er es an die Lippen setzte.
Irgendwie gelang es Elizabeth, ihren freundlich gelassenen Gesichtsausdruck beizubehalten, aber ihr Herz schlug doppelt so schnell, und ihre Gedanken wirbelten durcheinander. Das Lächeln in seinen Augen und der spöttische kleine Salut mit dem Weinglas hatten ihr das Gefühl vermittelt, als führten Ian Thornton und sie ein heimliches, sehr intimes Gespräch miteinander.
Unten an der Treppe wurde sie von Lord Howard, Viscount Mondevales Vetter, erwartet. Neben ihm stand Lord Everly, der einer von Elizabeths hartnäckigsten Kavalieren war. Er bot ihr den Arm. „Sie sehen heute abend einfach hinreißend aus“, erklärte er.
„Ja, einfach hinreißend“, wiederholte Lord Howard und schaute dann bedeutungsvoll auf Thomas Everlys ausgestreckten Arm. „Everly, gewöhnlich bittet man eine Dame um die Ehre, sie begleiten zu dürfen. Man hält ihr nicht den Arm in den Weg.“ Er wandte sich an Elizabeth. „Ist es gestattet?“ fragte er und bot ihr nun seinerseits den Arm.
Elizabeth lachte. „Gewiß, meine Herren.“ Sie legte eine Hand auf Lord Howards und eine auf Lord Everlys Arm. „Ich hoffe, Sie wissen es zu würdigen, wie sehr ich mich bemühe, Handgreiflichkeiten zwischen Ihnen zu verhindern. Auch wenn ich jetzt wie eine alte Frau aussehe, die an jeder Seite einen Mann braucht, damit sie überhaupt noch aufrecht gehen kann.“
Alle drei lachten, und Elizabeth versagte es sich, nachzuschauen, ob Ian Thornton die lustige kleine Szene ebenso beobachtet hatte.
„Ich war ein wenig überrascht, von Ihrer Anwesenheit hier zu hören“, sagte Lord Howard im Weitergehen zu ihr. „Weshalb?“
„Weil Charise Jamison sich mit etwas zweifelhaften Persönlichkeiten umgibt.“
Erschrocken blickte Elizabeth den freundlichen und ihr wohlgesonnenen Mann an. „Aber Miss Throckmorton-Jones, meine Anstandsdame, hat nicht den geringsten Einwand erhoben, als ich die Jamisons in London besuchte.“
Lord Howard lächelte. „In London ist Charise auch eine mustergültige Gastgeberin. Ihre Abendgesellschaften auf dem Land jedoch sind... nun, weniger erlesen.“
Er nahm ein Champagnerglas von dem Tablett eines vorbeikommenden Bediensteten und überreichte es Elizabeth. „Ich will damit keineswegs andeuten, daß Ihre Anwesenheit hier Ihrem Ruf schadet. Schließlich sind Everly und ich ja auch hier“, scherzte er, „und das zeigt, daß wenigstens einige von uns zu den obersten Rängen der Gesellschaft gehören.“ „Im Gegensatz zu anderen Gästen“, fügte Lord Everly hinzu und deutete mit dem Kopf auf Ian Thornton, „die zu keinem respektablen Salon Londons Zutritt finden würden.“ „Beziehen Sie sich auf Mr. Thornton?“ fragte Elizabeth ein wenig beunruhigt.
„Auf niemanden sonst.“
Sie trank
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