Havenhurst - Haus meiner Ahnen
beiden anderen Pferde, während der Schwarze zuschauen mußte. „Du hast mir restlos die Stimmung verdorben“, erklärte er dem eifersüchtigen Hengst, als dieser sich übellaunig hin- und herbewegte, während die anderen beiden Tiere etwas zu fressen bekamen. „Falls sie sich später wieder verbessern sollte, bekommst du vielleicht auch etwas Futter, es sei denn ...“
Jake unterbrach sich, weil ihm auffiel, daß Ians prächtiger Brauner so merkwürdig dastand. Das Tier hatte die rechte Vorderhand im Knie leicht gebeugt, so daß der Huf nicht den Boden berührte.
„Komm, komm, Mayhem“, sagte Jake leise und schmeichelnd, während er dem Pferd den Hals streichelte. „Laß mich einmal deinen Huf sehen.“
Der gut ausgebildete Hengst, der jedes Rennen gewonnen hatte, in dem er gelaufen war, und der die besten Rennpferde der vergangenen Saison gezeugt hatte, war es gewohnt, daß man ihn untersuchte. Jake nahm den Huf hoch und beugte sich besorgt darüber.
„Du hast dir einen Stein eingetreten“, teilte er dem Pferd mit, das ihn mit zurückgelegten Ohren aufmerksam beobachtete. Er schaute sich nach einem geeigneten Gegenstand um, mit dem er den Stein herausbrechen konnte, und fand einen festen Holzspan. „Das Ding sitzt ziemlich fest, weißt du.“
Er hockte sich nieder, stützte den Huf auf sein Knie und lehnte sich des besseren Halts wegen mit seiner Rückseite gegen die aus Latten bestehende Trennwand der angrenzenden Box. „Nun, das haben wir gleich“, versicherte er und pickte an dem Stein herum, bis sich dieser tatsächlich aus dem Huf löste.
„Na bitte“, sagte Jake, heulte aber im nächsten Augenblick vor Schmerz und Wut auf, denn ein kräftiger Pferdebiß hatte sich seiner gutgepolsterten Sitzfläche bemächtigt.
„Du widerwärtiges Mistvieh!“ brüllte er, sprang auf und warf sich halb über die Trennwand, um Attila einen Hieb zu versetzen. Als hätte der Hengst das geahnt, tänzelte er zum anderen Ende seiner Box und betrachtete Jake ausgesprochen zufrieden, wenn nicht gar schadenfroh aus dem Augenwinkel — jedenfalls empfand der arme Mann es so.
„Dafür wirst du noch büßen!“ schwor Jake und schüttelte drohend die Faust, bis ihm auffiel, wie blöd es war, einem dummen Tier auf diese Weise angst machen zu wollen.
Er rieb sich die geschundene Rückseite und drehte sich wieder zu Mayhem um, stützte sich diesmal jedoch vorsichtshalber an der Außenmauer des Stalls ab. Er prüfte den Huf, um sich zu vergewissern, daß die Operation gelungen war, aber als er die Stelle berührte, wo der Stein eingeklemmt gewesen war, zuckte der Braune vor Schmerz zusammen.
„Der Stein hat dich verletzt, ja?“ fragte Jake mitfühlend. „Ist ja auch kein Wunder, so groß und kantig, wie das Ding war. Aber du hast gestern nicht gezeigt, daß dir etwas weh tut.“
Er klopfte Mayhem auf die Flanke, hob die Stimme und legte jede Menge Bewunderung in seine Tonlage. „Du hast nichts gesagt, weil du ein wahrer Aristokrat und ein prächtiges, tapferes Tier bist“, erklärte er Mayhem mit einem verächtlichen Seitenblick auf Attila, „und nicht so ein miserabler, hinterhältiger Maulesel, der es überhaupt nicht wert ist, mit dir zusammen in einem Stall zu stehen.“
Ob Jakes Ansicht Attila nun in der einen oder anderen Weise beeindruckte, war nicht feststellbar, denn der Hengst ließ sich nichts anmerken, was wiederum Jake nur noch wütender machte. In der entsprechenden Stimmung betrat er wenig später das Haus.
Ian saß am Tisch und hielt eine Tasse dampfenden Kaffees zwischen den Händen. „Guten Morgen“, grüßte er seinen langjährigen Freund und betrachtete besorgt dessen auffallend finstere Miene.
„Du findest diesen Morgen vielleicht gut“, murrte Jake. „Ich nicht. Aber ich habe ja auch die Nacht in einem eiskalten Schuppen verbracht, und zwar neben einem Gaul, der mich unbedingt zu seiner Hauptmahlzeit machen will, nachdem er schon meinen Hintern gefrühstückt hat.“
Er goß sich Kaffee aus der Blechkanne in einen irdenen Becher und warf seinem grinsenden Freund einen keineswegs erheiterten Blick zu. „Im übrigen lahmt dein Hengst“, fügte er gereizt hinzu, warf sich auf den Stuhl neben Ians und trank ohne nachzudenken, einen Schluck von dem brühheißen Gebräu, woraufhin er prompt puterrot wurde. Der Schweiß trat ihm auf die Stirn.
Ian grinste längst nicht mehr. „Was tut mein Hengst?“ „Hatte sich einen Stein eingetreten. Nun lahmt er rechts vorne“, antwortete
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