Havenhurst - Haus meiner Ahnen
meine Überzeugung, nachdem ich Elizabeth kennengelernt und ihr Verhalten dir gegenüber miterlebt habe.“ Der Vikar machte eine wohlüberlegte Kunstpause. „Es bleibt dir also gar nichts weiter übrig, als sie vor dieser aufgezwungenen Heirat zu bewahren.“
Aus Ians Schweigen schloß Duncan, daß sein Neffe dieses Argument einsah. ,Aus diesem Grund“, fuhr er deshalb fort, „mußt du ihren Onkel von dessen Wahl abbringen. Das wird dir jedoch nur gelingen, wenn du selbst einen Titel vorzuweisen hast. Dieser Titel ist innerhalb deiner Reichweite. Du brauchst dich nur mit deinem Großvater zu versöhnen. Tust du es nicht, bleibt Elizabeth unweigerlich diesem Belhaven überlassen.“
Von seinem inneren Kampf geschüttelt, senkte Ian den Kopf und ballte die Fäuste. „Stanhope, dieser elende Hundesohn!“ stieß er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. „Nach zehn Jahren muß ich ihm nun doch noch seinen Willen lassen, und alles nur, weil ich meine Hände nicht von dieser Frau lassen konnte!“
Nur mit Mühe unterdrückte der Vikar sein erleichtertes Lächeln. „Es gibt Schlimmeres, als eine wunderbare junge Frau zu heiraten, die dazu noch über die hervorragende Urteilskraft verfügte, sich in dich zu verlieben.“
„Was immer sie für mich empfunden haben mag, es ist schon lange her. Jetzt will sie nur noch ihre Unabhängigkeit.“
Der Vikar lachte leise. „Unabhängigkeit? Wirklich? Was für eine merkwürdige Vorstellung für eine Frau. Nun, ich bin ganz sicher, dergleichen unerhört phantasievolle Ideen wirst du ihr ausreden können.“
„Verlaß dich darauf.“
„Unabhängigkeit wird sehr überbewertet. Gib Elizabeth Unabhängigkeit, und es wird ihr nicht gefallen.“
Ian hörte seinem Onkel nicht mehr zu. Seine Wut entfachte sich wieder an dem Gedanken, vor seinem Großvater kapitulieren zu müssen. „Verdammt soll er sein“, sagte er ausgesprochen mordlüstern. „Von mir aus kann er mitsamt seinem Titel in der Hölle schmoren.“
„Es wäre durchaus denkbar, daß er gerade aus Angst vor dem Schmoren in der Hölle so sehr daran interessiert ist, dich als seinen rechtmäßigen Erben einzusetzen. Andererseits hat er mit seinen Wiedergutmachungsversuchen schon vor fast zehn Jahren begonnen, und damals war sein jetzt so schwaches Herz noch ganz gesund.“
„Er kommt diese zehn Jahre zu spät“, grollte Ian. „Mein Vater war der rechtmäßige Erbe, und erst als er gestorben war, kam dieser alte Bastard zur Einsicht.“
„Das ist mir vollkommen bewußt, nur ist das nicht der springende Punkt, Ian. Du hast darum gekämpft, dich von deinem Großvater fernzuhalten, aber diese Schlacht hast du verloren. Du mußt diese Niederlage mit dem Anstand und der Würde deiner edlen Vorfahren tragen. So hätte es dein Vater auch gehalten. Du bist nach Recht und Gesetz der nächste Duke of Stanhope. Nichts kann daran etwas ändern. Abgesehen davon bin ich der festen Überzeugung, daß dein Vater dem alten Herzog letztendlich vergeben haben würde, hätte er die Gelegenheit dazu gehabt, so wie du sie jetzt hast.“ „Ich bin nicht mein Vater“, knurrte Ian.
Der Vikar spürte, daß sein Neffe innerlich schwankte, und deshalb ließ er nicht locker. „Jetzt ist keine Zeit zu verlieren, Ian. Möglicherweise ist es schon zu spät, und dein Großvater erklärt dir bei deiner Ankunft, daß er bereits wie angekündigt einen anderen Erben ernannt hat.“
„Möglicherweise erklärt er mir bei meiner Ankunft auch, ich soll mich zum Teufel scheren.“ Ian schob die Hände in die Hosentaschen und wollte zur Treppe gehen.
„Ian?“ rief der Vikar ihm nach.
Ian blieb stehen. „Was denn nun noch?“
„Ich muß wissen, wo ich Elizabeth erreiche. Du hast zwar die Braut gewechselt, aber ich nehme doch an, ich habe weiterhin die Ehre, die Trauung in London durchzuführen?“ Ian nickte kurz.
„Du tust das Richtige“, versicherte der Vikar ruhig. „Gleichgültig, wie deine Ehe verläuft, dir bleibt keine andere Wahl. Du hast Elizabeth Camerons Leben zu einer einzigen Katastrophe gemacht.“
„In mehr Beziehungen, als du denkst“, gab Ian grollend zu. „Was in Gottes Namen soll das heißen?“
„Ich bin der Grund dafür, daß ihr Onkel jetzt ihr Vormund ist“, antwortete er seufzend. „Ihr Bruder ist nicht vor seinen Gläubigern oder vor einem Skandal geflohen, wie Elizabeth anscheinend denkt.“
„Du bist der Grund dafür? Wie das?“
„Er hat mich zum Duell aufgefordert, und nachdem er mich
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