Havoc - Verwüstung - Thriller
sich als Amateurarchäologe
betätigen wollte, um Beweise für seine Theorie über die Knochenfunde aus der Eiszeit zu suchen, wäre er wohl eher nach Griechenland gegangen. Wie kam es also, dass er in Afrika landete?«
»Wenn wir ein wenig Glück haben, liefern uns Serenas Notizen vielleicht eine Antwort auf diese Frage.«
»Da fällt mir etwas ein«, sagte Cali schnell. »Der Rektor des Keeler College ist nicht sehr gut auf sie zu sprechen. Sie hätte das Material, das man ihr für ihre Recherchen zur Verfügung gestellt hatte, schon vor Jahren zurückgeben sollen. Daher denken Sie bitte daran, dass ich sie darauf aufmerksam mache, dass man im Keeler auf die Unterlagen wartet.«
Eine Frau in den Vierzigern betrat die schummrige Bar. Im Gegensatz zu den Touristen, die den Raum sonst bevölkerten, war sie mit einem eleganten Kostüm bekleidet und trug einen Aktenkoffer in der Hand. Sie hatte langes blondes Haar und ein pausbäckiges, rundes Gesicht. Mercer schätzte ihre Körpergröße auf knapp eins sechzig. Ihrer fraulichen Figur nach zu urteilen gab es in ihrem Stammbaum sicherlich eine Reihe Pennsylvania-Deutsche. Sie entdeckte das Trio an der Bar und steuerte sofort darauf zu. Demnach musste sie Serena Ballard sein.
»Dr. Mercer? Ms. Stowe?«
»Bei uns sind Sie richtig«, sagte Cali.
»Hallo, ich bin Serena Ballard.«
»Nennen Sie mich Cali.« Obwohl sie auf dem Barhocker saß, war Cali noch fast einen Kopf größer als die Casino-Managerin.
»Und mich nennen die Leute schlicht und einfach Mercer.« Er drückte ihre Hand und stellte dabei fest, dass ihre Augen kornblumenblau schimmerten. »Dies ist mein Freund Harry White.«
Der Achtzigjährige verkniff sich diesmal seinen Stets-zu-Diensten-Scherz. Sein Instinkt hatte ihm gesagt, dass Cali den spaßigen Hintersinn schon erkennen würde. Von Serena Ballard erwartete er dies jedoch nicht. »Freut mich, Ihre Bekanntschaft zu machen.«
Serena ließ den Blick zwischen Mercer und Cali hin und her wandern. »Drei Jahre ist es jetzt her, dass mein Buch erschienen ist, und jetzt interessieren sich gleich zwei Leute dafür.«
»Mercer und ich arbeiten am selben Problem, gehen es allerdings aus unterschiedlicher Richtung an und sind an der gleichen Stelle gelandet - nämlich bei Ihnen. Möchten Sie etwas trinken?«
»Nur eine Cola Light. Aber suchen wir uns lieber erst mal eine Nische nicht so nahe am Klavier.« Sie hob den Aktenkoffer leicht an. »Ich habe alles mitgebracht, was ich finden konnte. Es ist viel mehr, als ich in Erinnerung hatte. Gleichzeitig ist mir eingefallen, dass ich das eigentlich alles dem Keeler College hätte zurückgeben müssen.«
Cali nahm ihr und Serenas Glas und rutschte vom Barhocker. »Der Rektor der Uni bat mich auch, Sie daran zu erinnern.« Dann fügte sie mit leicht spöttischem Unterton hinzu: »Dabei klang er ganz so, als seien die Gelehrten scharenweise scharf auf die Chester-Bowie-Akten.«
Sobald sie in einer weiter hinten liegenden Nische Platz genommen hatten, packte Serena den Inhalt des Aktenkoffers auf den Tisch. Er bestand aus etwa zehn vergilbten Notizbüchern, mehreren alten Schnellheftern und mit Klammern zusammengehaltenen losen Blättern. Mercer, Harry und Cali nahmen sich die Notizbücher sofort vor. Serenas gespannte Miene verriet, dass sie zwar gern geholfen hätte, jedoch nur wenig Aufhellendes beizusteuern hatte. »Es gibt nicht viel,
das ich Ihnen erzählen könnte. Ich hab mir einiges davon in meinem Büro angesehen, aber dadurch wurde mein Gedächtnis auch nicht auf Trab gebracht. Wie ich Ihnen schon am Telefon erklärt habe, es ist ziemlich lange her, seit ich das Buch geschrieben habe, und Chester Bowie war wirklich nur ein kleiner Teil davon.«
»Wann haben Sie eigentlich das erste Mal von ihm gehört?«, wollte Cali wissen, während sie in einem Notizbuch blätterte, das den Eindruck machte, als würde es jeden Moment auseinanderfallen.
»Mein Schwiegervater hat am Keeler College studiert. Er erwähnte Chester Bowie, als ich Material für das Buch zusammentrug. Obwohl er irgendwann in den dreißiger Jahren von der Bildfläche verschwunden war, erzählten sich die Studenten, auch als mein Schwiegervater am College war, immer noch Geschichten über Bowie den Trottel. Ich meldete mich dann im Sekretariat der Uni und erklärte, dass ich etwas über Bowie schreiben wolle. Daraufhin schickten sie mir alles, was sie über ihn in den Archiven hatten.«
Cali gab sich mit dieser Auskunft nicht zufrieden.
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