Havoc - Verwüstung - Thriller
Flammen, während sie unter der Brücke durchtrieb. Und Touristen bei den Wasserfällen sahen das brennende Öl in die Tiefe stürzen und glaubten, es sei der Teil eines inszenierten Spektakels. Als die Wetherby Grand Island erreichte, wo sich der Niagara in den Chippawa und den American Channel aufteilt, geriet sie
mehrmals auf Grund. Einmal sogar für fast zwei Stunden, ehe sich genügend Wasser auf ihrer stromaufwärts gelegenen Seite gesammelt hatte, um sie weiter in Richtung der Wasserfälle zu schieben.
Schließlich kam sie oberhalb der Nordspitze der Grand Island im Chippawa Channel zur Ruhe, und wie es das Schicksal wollte, sank sie dort in den tiefsten Tümpel des Flusses, ein Loch von zwanzig Metern, das einmal entstanden war, als sich die Gletscher zurückgezogen und so den Fluss und die Wasserfälle geschaffen haben.«
Das erinnerte Mercer daran, dass die Niagarafälle erst seit der letzten Eiszeit vor gut zwölftausend Jahren existierten. Nach geologischen Maßstäben war das nicht mehr als ein Wimpernschlag.
»In was für einem Zustand befand sie sich, als Sie zu ihr hinuntertauchten?«
»Wie ich schon sagte, sie liegt in etwa zwanzig Metern Tiefe auf der Seite. Der nach oben zeigende Teil ihres Rumpfs sieht noch ganz gut aus. Süßwasser ist nicht so aggressiv wie Salzwasser, aber sie wurde von den Baumstämmen und anderem Treibgut, das vom Lake Erie zu den Wasserfällen hinuntergetragen wird, ganz schön in Mitleidenschaft gezogen. Als ich das letzte Mal zu ihr hinunterstieg - das war vor gut zehn Jahren -, hatte sich ein Eichenstamm in ihrem Vorschiff verkantet.«
»Wie sind die Tauchbedingungen?«
»Die reinste Hölle«, rief eine Stimme.
»Mr. Crenna.« Cali begrüßte den Fremden und wandte sich dann wieder zu der kleinen Gruppe um. »Dies ist Brian Crenna von der Erie Salvage and Dredging. Er kommandiert den Bergungskahn und das Hilfsschiff.« Cali machte den Mann mit den anderen bekannt.
Crenna erschien mit seinen eins sechzig Körpergröße, seiner muskulösen kompakten Figur und einem gekräuselten schwarzen Bart wie ein wandelnder Schiffspoller. Er war mit einem Firmenoverall bekleidet und trug Schuhe mit Stahlkappen. Unter seinem muskulösen Arm klemmte ein Schutzhelm. Als ihm Mercer die Hand schüttelte, bemerkte er, dass der kleine Finger fehlte. Er konnte auch erkennen, dass Crenna offenbar nicht allzu glücklich war, hergekommen zu sein.
»Warum sagen Sie, dass die Bedingungen die reinste Hölle sind?«, wollte Mercer wissen.
Crenna spuckte aus. »Weil pro Sekunde etwa fünftausend Kubikmeter den Niagara River runterkommen. Das sind dann so an die zwölftausend Tonnen. An einigen Stellen beträgt die Strömung zwei Knoten, an anderen acht. Manchmal weht der Wind vom Eriesee herüber, was zur Folge hat, dass die Strömung noch um zehn bis zwölf Prozent zunimmt. An anderen Tagen kommt der Wind vom Ontariosee und verringert die Strömung. Außerdem haben wir dieses Jahr einen Winter mit sehr starkem Schneefall hinter uns, so dass der Fluss noch immer Hochwasser führt. Und in dem Sinkloch, in dem die Wetherby zur Ruhe gekommen ist, wimmelt es von Strömungen und Strudeln. Wenn Sie nur ein wenig Ahnung vom Tauchen haben, dann werden Sie wissen, dass der Begriff Hölle für diese Verhältnisse noch geschmeichelt ist.« Er wartete, dass sich jemand dazu äußerte. Als aber niemand etwas sagte, fügte er hinzu: »Und eins dürfen Sie auf gar keinen Fall vergessen: Wenn Sie da unten in Schwierigkeiten geraten, warten nur drei Kilometer flussabwärts die verdammten Wasserfälle.«
»Sehr schön. Vielen Dank für diese Information«, sagte Cliff Roberts in perfekt bürokratischem Tonfall.
»Ich habe ein völlig irrsinniges Honorar verlangt, um diesen
Job auszuführen«, wandte sich Crenna an Roberts, »und Sie haben sich tatsächlich bereit erklärt, es auch zu zahlen! Aber glauben Sie nicht eine einzige Sekunde lang, dass ich das Ganze deshalb für eine gute Idee halte. Wir sollten warten, bis das Schmelzwasser zurückgeht und wir einigermaßen sicher sein können, dass wettermäßig mit ein paar schönen Tagen zu rechnen ist.«
Roberts richtete sich zu seinen vollständigen knapp eins siebzig Körpergröße auf. Während er es schaffte, den Schlepperkapitän um Zentimeter zu überragen, scheiterte sein Versuch, ihn auch einzuschüchtern, kläglich. »Sie wurden von der Regierung der Vereinigten Staaten für eine höchst wichtige Mission engagiert. Wir bezahlen Sie für Ihren
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