Havoc
auf dem Weg hierher.«
»Ja klar.« Jan lachte höhnisch. »Deine Märchen kannst du jemand anders erzählen. Als o – wo warst du wirklich ?«
»Das habe ich dir schon gesagt. Ich wa r …«
»Ich weiß, was du gesagt hast, Kady. Aber so leicht lass ich mich nicht von dir hinters Licht führen. Hast du wirklich erwartet, du könntest nach einem Jahr einfach so wieder zurückkommen, als ob nichts geschehen wäre, und unsere Anführerin werden? Hier ist inzwischen einiges passiert, und wenn du dir einbildest, ich würde den Platz räumen, damit du uns wie früher herumkommandieren kannst, hast du dich geschnitten.«
»Ich hab gar nichts erwartet!«, fauchte Kady. »Am Allerwenigsten, dass ich bei meiner Rückkehr von einer Horde primitiver Schwachköpfe angegriffen und in eine Zeile eingesperrt werde.«
»Die noch nicht mal richtig zuschlagen können«, warf Justin grinsend ein und zeigte seine blutverschmierten Zähne. So leicht würde er sich nicht einschüchtern lassen.
Aber Jan beachtete ihn gar nicht. »Ich nehme an, du hast Beweise für deine Geschichte?«, sagte er zu Kady.
Kady dachte angestrengt nach. Alles, was sie von zu Hause mitgebracht hatt e – ihre Kletterausrüstung, ihr Portmone e –, befand sich im Rucksack. Aber den hatte sie blöderweise in der Werkstatt liegen gelassen, weil sie nicht davon ausgegangen war, dass sie die Sachen hier brauchen würde.
Plötzlich kam ihr eine Idee. Sie zog ihre gehäkelte Mütze vom Kopf und drehte das Innere nach außen, um Jan das Etikett mit der Waschanleitung zu zeigen. »Hier. Was glaubst du, wo ich die Mütze herhabe? Denkst du, die hab ich bei H&M in Malice gekauft?«
»Ehrlich gesagt, würde es mich gar nicht wundern, wenn die hier ’ne Filiale aufgemacht hätten«, mischte sich Justin ein.
»Toller Beweis. Die Mütze kannst du von irgendjemandem bekommen haben, der sie nach Malice mitgebracht hat«, sagte Jan abfällig. »Tatsache ist, dass wir keine Ahnung haben, was du die letzten zwölf Monate getrieben hast. Es könnte sein, dass Tall Jake dich in seine Gewalt gebracht und zu seiner Gehilfin gemacht hat. Und dann hat er dich hierher zurückgeschickt, um uns auszuspionieren.«
»So ein Quatsch!«, schnaubte Kady. »Wo ist Scotty? Frag ihn! Er kann für mich bürgen.«
»Scotty hat hier nichts zu melden«, sagte Jan scharf. »Ich bin der Anführer.«
Kady verkniff sich eine Antwort. Es hatte keinen Sinn, sich weiter mit Jan anzulegen. Da ihre Mutter Hypnosetherapeutin war, lagen bei ihnen zu Hause immer jede Menge psychologische Fachzeitschriften herum, in denen sie oft geblättert hatte. Deshalb wusste sie, dass es in heiklen Situationen meistens klüger war, Ruhe zu bewahren und herauszufinden, warum jemand ein bestimmtes Verhalten an den Tag legte. Also atmete sie ruhig durch und dachte nach.
Jan betrachtete sie offensichtlich als Bedrohung. Er hatte Angst, dass sie wieder die Anführerin von Havoc werden wollte. Scotty hatte ja bereits angedeutet, dass er und ein paar andere nicht mit der Art einverstanden waren, wie Jan die Gruppe führte. Sie sahen ihre Rückkehr vielleicht als Chance und wären bereit, ihr erneut zu folgen. So cool Jan nach außen hin tat, in Wirklichkeit war er garantiert total unsicher.
»Stimmt«, sagte sie ruhig. »Scotty ist nicht der Anführer. Du bist es. Und falls du glaubst, ich hätte Interesse daran, dir den Posten wegzunehmen, irrst du dich. Ich will nur als ganz normales Mitglied bei Havoc mitmachen. Ich will euch helfen, Tall Jake zu stürzen.«
Jan verengte misstrauisch die Augen.
»Wie schon gesagt, hier läuft einiges anders als früher«, warnte er sie. »Wir gehen die Dinge auf meine Art an.«
Kady hob besänftigend beide Hände. »Hey, das ist kein Problem für mich. Alles läuft genau so, wie du es willst. Ich bin nicht hier, um Schwierigkeiten zu machen. Ich will bloß gegen Tall Jake kämpfen.«
Jans Blick wanderte zu Justin. »Was ist mit dem da?«
Justin zuckte mit den Achseln und wischte sich mit dem Handrücken über die aufgeplatzte Lippe. »Solange wir gemeinsam versuchen, Tall Jake zur Strecke zu bringen, ist es mir scheißegal, wer hier der Anführer ist.«
»Gib uns einfach eine Chance, uns zu beweisen«, bat Kady. »Mehr wollen wir doch gar nicht.«
Jan sah aus, als würde er darüber nachdenken. Offensichtlich war ihm klar, dass er sie nicht für immer hier einsperren konnte, andererseits traute er ihnen zu wenig, um sie einfach wieder gehen zu lassen. Und trotz des
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