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Havoc

Havoc

Titel: Havoc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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was jetzt?
    Seth dachte darüber nach, wo er als Erstes hingehen sollte, wenn er in London angekommen war. Das Abenteuer im Haus des Todes hatte ihm so viel Angst eingejagt, dass er es nicht wagte, zum Bahndepot zu fahren. Noch nicht jedenfalls. Und der Comicshop würde mitten in der Nacht natürlich nicht geöffnet haben. Blieb also nur das Haus in Kensington.
    Die Aussicht war nicht sonderlich verlockend, aber er hatte keine andere Wahl. Zwar kannte er sich in London so gut wie gar nicht aus, aber das Haus würde er irgendwie finden. Kady hatte ihm die Straße und die Hausnummer genannt. Und vielleicht entdeckte er dort ja irgendetwas, das ihm helfen würde, nach Malice zurückzukehren. Falls nich t … doch darüber wollte er jetzt nicht nachdenken.
    Erschöpft ließ er sich in das weiche Sitzpolster zurücksinken. Jetzt, wo er einen Plan hatte oder zumindest etwas, was einem Plan ziemlich naheka m – was für seine Verhältnisse schon viel wa r –, fiel zum ersten Mal an diesem Tag die Anspannung von ihm ab. In seinem Körper breitete sich bleierne Schwere aus. Es war zwar erst sechs oder sieben Stunden her, seit er den Shard berührt und dadurch den schrecklichen Gewittersturm über Hathern ausgelöst hatte, aber in der Zwischenzeit war eine Menge passiert. Er war todmüde.
    Den Rucksack an die Brust gedrückt, schloss er für einen Moment die Augen. Als er sie wieder öffnete, war der Bus in London angekommen.
    3
    Seth sah sich blinzelnd um, während um ihn herum die Leute aufstanden und Richtung Tür drängten. Der Bus hatte vor einem großen Gebäude gehalten, das von Straßenlaternen beleuchtet wurde. Draußen herrschte tiefste Nacht und die Scheiben waren beschlagen.
    »London Victoria«, rief der Fahrer über die Lautsprecheranlage. »Endstation. Alles aussteigen!«
    Seth zog den Reißverschluss seines Rucksacks auf und warf einen Blick hinein, um sich zu vergewissern, dass der Shard noch da war. Dann rieb er sich die brennenden Augen, stieg aus und schlenderte vom Busparkplatz aus in die Bahnhofshalle, in der um diese Zeit kaum noch etwas los war. Die riesige, von der Decke hängende Digitaluhr zeigte sechs Minuten nach Mitternacht. Reinigungskräfte wischten den Boden, während die letzten Reisenden auf den Ausgang zustrebten. Unschlüssig schloss Seth sich ihnen an, trat auf die Straße hinaus und schaute sich um.
    Die Stadt umgab ihn wie ein riesiger Irrgarten.
    Da er keine Ahnung hatte, wo er war, folgte er erst einmal einem Pulk von Leuten die Straße entlang zur nächsten U-Bahn-Station, wo es einen Kiosk gab, der noch geöffnet hatte und Stadtpläne verkaufte.
    Seth hatte sich in London noch nie sonderlich wohlgefühlt, aber nach seinen Erlebnissen im Uhrenturm und in der Oubliette machte ihn die Großstadt zumindest nicht mehr so nervös wie früher. Er betrachtete sie vielmehr als eine weitere Herausforderung, die er zu bewältigen hatte. Nachdem er mithilfe des Stadtplans herausgefunden hatte, wo er hinmusste, stellte er fest, dass die letzte U-Bahn vor wenigen Minuten abgefahren war. Also ging er zu einer nahe gelegenen Bushaltestelle und erkundigte sich bei den dort wartenden Leuten, ob es eine andere Möglichkeit gab, nach Kensington zu kommen. Ein junger Mann zeigte auf die Bushaltestelle auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Der Nachtbus würde ihn fast bis zu der Straße bringen, zu der er musste. Ein Blick auf den Fahrplan sagte ihm, dass er bis zur Abfahrt noch zehn Minuten Zeit hatte.
    Als er ganz in der Nähe eine Telefonzelle entdeckte, kam ihm spontan die Idee, seine Eltern anzurufen und sie wenigstens wissen zu lassen, dass es ihm gut ging.
    Er warf ein paar Münzen in den Schlitz, tippte die Nummer ein und lauschte auf das Freizeichen.
    Niemand meldete sich. Vielleicht lagen sie schon im Bett? Er wollte gerade wieder auflegen, als es plötzlich in der Leitung knisterte und der Hörer abgehoben wurde.
    »Hallo?«, meldete sich eine erschöpfte Stimme.
    »Mum?«
    »Seth!« Ihre Stimme zitterte vor Erleichterung. »Ich habe so gehofft, dass du es bist. Niemand sonst würde um diese Zeit anrufen! Wo steckst du?«
    »Mach dir keine Sorgen, Mum«, sagte er und musste lächeln. Allein ihre Stimme zu hören, genügte, um ihm das Gefühl zu geben, dass alles gar nicht so schlimm war. »Mir geht es gut, Mum. Alles ist okay.«
    »Wieso bist du wieder davongelaufen?«, fragte sie mit tränenerstickter Stimme. »Warum tust du uns das bloß an, Junge?«
    »Es is t … kompliziert«, sagte

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