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Havoc

Havoc

Titel: Havoc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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zugeben, dass er erleichtert war, nicht auch noch die Nacht in dieser unheimlichen Stadt verbringen zu müssen. Das Gefühl, dass sie beobachtet wurden, hatte sich in der letzten Stunde noch verstärkt und er freute sich auf ein wärmendes Lagerfeuer, etwas zu essen und eine Mütze Schlaf.
    Sie waren noch nicht weit gekommen, als Justin an einer Ecke plötzlich verwundert stehen blieb. »Hm«, sagte er und sah sich suchend um.
    »Was ist?«
    Justin betrachtete die Mauer. »Komisch.«
    Kady runzelte die Stirn. »Wo ist dein Pfeil?«
    »Was glaubst du wohl, wonach ich suche?«
    »Bist du sicher, dass du hier einen in die Wand gekratzt hast?«
    »Klar bin ich sicher. Ich hab seit Stunden jede einzelne Ecke markiert, an der wir abgebogen sind!«, fuhr er Kady an. »Der Pfeil war genau hier.« Er wirkte wütend, obwohl Seth den Verdacht hatte, dass er gar nicht so sehr auf Kady wütend war als vielmehr auf sich selbst. Vielleicht hatte er tatsächlich vergessen, den Pfeil anzubringen. Es wäre jedenfalls nicht verwunderlich. Die verwinkelten Gassen und verzerrten Perspektiven konnten einen leicht durcheinanderbringen.
    »Ach, was soll’s«, sagte Justin und klang schon wieder friedlicher. »Wir sind ja erst vor ein paar Minuten hier vorbeigekommen. Ich weiß auch so, wo wir hinmüssen.«
    »Stimmt. Jetzt kann ich mich auch wieder erinnern«, meinte Kady.
    »Ich mich auch«, sagte Seth und zeigte in eine Richtung. »Da geht’s lang.«
    »An der nächsten Ecke ist bestimmt auch wieder ein Pfeil«, sagte Justin zuversichtlich.
    Aber auch an der nächsten Hauswand war nirgends ein Pfeil zu entdecken.
    »Das gibt’s doch nicht!« Justin schlug aufgebracht mit der flachen Hand auf die Mauer. »Ich weiß ganz genau, dass ich einen in die Wand geritzt habe.«
    »Wir müssen hier entlang.« Kady zeigte auf eine Straße, die links abbog. »Ich erinnere mich an das Mosaik. Das mit den Leuten auf dem Markt.«
    »Moment mal.« Seth sah verwirrt nach rechts. »Es war nicht diese Straße, sondern die. Ich erinnere mich ganz genau an die Kletterpflanzen an diesem Gebäude.«
    »Und ich erinnere mich an das Mosaik.«
    »Tja, aber ich erinnere mich an die Pflanzen.«
    »Aber die Pflanzen sehen doch alle gleich aus!«, sagte Kady gereizt.
    Justin deutete auf Tatyana. »Was ist mit ihr? Katzen haben doch einen ganz guten Orientierungssinn. Vielleicht weiß sie, welcher Weg der richtige ist.«
    Tatyana leckte sich mit ihrer Blechzunge gelassen die Pfote.
    »Sie ist keine Brieftaube«, entgegnete Kady. »Katzen können sich genauso verirren wie Menschen.«
    »Also, welche Straße nehmen wir jetzt? Gehen wir nach rechts oder nach links?«, fragte Seth. Er bedauerte es, dass Alicia nicht bei ihnen war. Sie hätte sich ganz bestimmt an den Weg erinnert. »Okay, Justin. Du bist unser Zuschauer-Joker. Du darfst entscheiden.«
    Justin schaute unsicher zwischen den beiden Straßen hin und her, aber es war offensichtlich, dass er sich an keine von ihnen erinnerte. Irgendwann sagte er: »Links.«
    Kady stieß ein triumphierendes »Ja!« aus und Justin warf Seth einen entschuldigenden Blick zu. »Die Pflanzen sehen wirklich alle gleich aus.«
    Eine halbe Stunde später hatten sie sich rettungslos verlaufen. Keiner konnte sich mehr an die Straßen oder Mosaike erinnern, an denen sie vorbeikamen, und von Justins Pfeilen war nirgendwo etwas zu entdecken. Das Umherirren hatte sie erschöpft und ihre Angst wurde immer größer.
    »Ich glaube, es hat keinen Zweck, weiter nach den Pfeilen zu suchen. So finden wir nie zurück«, sagte Kady schließlich. »Entweder sind sie aus irgendeinem unerklärlichen Grund verschwunden oder wir haben uns verlaufen.«
    »Okay«, sagte Justin. »Dann entscheiden wir uns für eine Richtung und gehen immer stur geradeaus, irgendwann müssten wir automatisch an den Stadtrand kommen.«
    Kady kletterte noch einmal auf eine der Säulen, um über die Dächer blicken zu können.
    »Da hinten müssen wir hin«, rief sie. »Es sieht gar nicht so weit aus!«
    Aber als sie eine halbe Stunde später an einer anderen Säule hinaufkletterte, waren sie dem Rand der Stadt kein bisschen näher gekommen. Trotzdem hatte Kady den Eindruck, dass die Richtung stimmte, also gingen sie weiter. Nachdem sie noch eine weitere halbe Stunde gelaufen waren, räumte Kady schließlich ein, dass sie vielleicht einer optischen Täuschung erlegen war. Die verzerrten Perspektiven hatten die Strecke viel kürzer erscheinen lassen, als sie tatsächlich war.

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