Havoc
Seth blickte besorgt zum Horizont. Die Sonne war schon fast untergegangen und die Schatten wurden immer länger. Das Dämmerlicht glich einem schwachen Kerzenschein, der die Stadt erhellte.
»Wir sollten uns ein Versteck suchen«, meinte er. »Die Nacht bricht an.«
Die Teufel in den Wänden
1
»Wir können nicht rausgehen, Seth!«, protestierte Kady. »Da draußen sind überall Mosaike!«
Aber Seth beachtete sie gar nicht. Er hatte sich Justins versteinerten Arm um die Schulter gelegt und stützte seinen Freund den Flur entlang zur Tür. Justin stolperte entkräftet neben ihm her und war kaum in der Lage, den Kopf aufrecht zu halten. Kady und Tatyana blieb nichts anderes übrig, als den beiden zu folgen.
Von draußen klang das bedrohliche Rumpeln der Teufel in den Wänden zu ihnen herei n – das Dröhnen der Mosaikmonster, die sich an den Wänden entlang durch die Stadt bewegten.
»Er braucht Hilfe«, keuchte Seth.
»Lass uns hier bis zum Morgen warten!«, drängte Kady. »Tagsüber kommen sie nicht raus.«
»Siehst du denn nicht, dass die Steinchen immer weiter seinen Arm hinaufkriechen? Morgen Früh ist er selbst zum Mosaik geworden!«
»Abe r …!«
»Kannst du nicht mal für fünf Minuten den Mund halten?«, herrschte Seth sie an.
Erschrocken verfiel Kady in Schweigen.
Dabei war es gar nicht Kady, auf die er sauer war. Seth fühlte sich schuldig, weil er Justin dazu gedrängt hatte, mit hierherzukommen. Wenn Justin starb, trug er die Verantwortung für seinen Tod.
Er hatte bereits einen guten Freund in Malice verloren und wollte um jeden Preis verhindern, dass auch noch Justin ums Leben kam.
Entschlossen stieß er die Tür auf und blickte auf die mondbeschienenen Straßen von Akropolis hinaus.
Das Rumpeln war hier wieder lauter. Es klang tatsächlich, als würden Steine aufeinandermahlen oder wie ein gewaltiger Erdrutsch in der Ferne. Jetzt begriff er, welches Schicksal die Bewohner von Akropolis ereilt hatte. Tall Jake hatte sie dafür bestraft, dass sie seine Feindin, die Königin der Katzen, verehrt hatten. Diese teuflischen Mosaikmonster waren eines Nachts aus den Wänden gekrochen und hatten sie alle verschlungen.
Und jetzt war ihm auch klar, warum sie sich verirrt hatten. Die Mosaike waren gewandert und hatten Justins Richtungspfeile gelöscht, gleich nachdem er sie in die Wände gekratzt hatte. Dadurch hatten sie sichergestellt, dass die Eindringlinge bis zum Einbruch der Dunkelheit in der Stadt blieben, und sobald es dunkel geworden war, waren sie aus den Wänden gekommen.
Seth blieb an der Türschwelle stehen und sah sich nach allen Seiten um. In den Schatten ringsum schien sich etwas zu bewegen.
Er zitterte am ganzen Körper. Die Kraft, die ihm die Laq verliehen hatte, hatte es ihm zwar ermöglicht, Justin aus den Klauen der Mosaikmonster zu befreien, aber ihm war seitdem eiskalt und er konnte sich vor Erschöpfung kaum noch auf den Beinen halten. Eine furchtbare Leere und Verzweiflung breiteten sich in ihm aus. Genau wie damals im Tempel der Laq hatte er das Gefühl, schutzlos der endlosen Kälte und Einsamkeit des Weltraums ausgesetzt zu sein. Er hatte keine Ahnung, was die geheimnisvolle Kraft freigesetzt hatte, hoffte aber, dass die Mosaikmonster jetzt so viel Angst vor ihm hatten, dass sie keinen weiteren Angriff wagen würden. Er konnte sich nämlich nicht vorstellen, dass er noch ein zweites Mal die Energie aufbringen würde, sie abzuwehren.
Justins versteinerter Arm lag schwer auf seiner Schulter. Sein Freund atmete nur noch stoßweise und schaffte es kaum, einen Fuß vor den anderen zu setzen. Seth wusste nicht, wie lange er ihn noch tragen konnte.
Kady hielt sich dicht hinter ihnen und sah sich immer wieder ängstlich um, wenn von irgendwoher das Rumpeln ertönte. Tatyana trabte neben ihnen her und stieß von Zeit zu Zeit einen warnenden Knurrlaut aus.
»Wohin gehen wir überhaupt?«, fragte Kady.
»Zum Kanal«, keuchte Seth. »Wir bringen Justin zur Königin der Katzen. Vielleicht kann sie ihm helfen.«
»Aber wir wissen doch gar nicht, wo dieser verdammte Kanal ist!«, rief sie. »Wir haben vorhin fast eine Stunde danach gesucht und jetzt ist es so dunkel, dass wir kaum noch was sehen können. Du wirst ihn nie finden!«
»Wir können es zumindest versuchen«, stieß Seth zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
»Aber du kannst ihn doch in seinem Zustand nicht quer durch Akropolis schleppen. Damit riskierst du sein Leben!«
»Ich versuche
Weitere Kostenlose Bücher