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Hawaii

Hawaii

Titel: Hawaii Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Michener
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»Hattest du je den Mut?«
    »Alles, was wir wissen, ist, daß sie sich, wenn sie von ihm gerade einen Brief erhalten hat, wie im siebten Himmel fühlt und ihn heiraten möchte, sobald er in New Bedford an Land geht. Aber wenn sechs oder sieben Monate schweigend dahingehen, schwört sie, Missionarin zu werden und in Afrika zu dienen - wie ihr Onkel.«
    »Laß mich jetzt mit ihr sprechen«, schlug Eliphalet vor. »Nein! Sie ist jetzt so niedergeschlagen und würde allem zustimmen.«
    »Vielleicht sogar der Erlösung ihrer unsterblichen Seele?«
    »Eliphalet! Sprich nicht so. Du weißt, daß Charles und ich versuchen, ein christliches Leben zu führen.«
    »Niemand könnte in Walpole ein christliches Leben führen«, murmelte er verächtlich. »Mir begegnet hier nichts als Eitelkeit. Sieh dich doch in diesem Zimmer um! Eine Orgel, auf der keine
    Hymnen gespielt werden. Romane. Bücher mit liederlichen Gedichten. Geld, das in die Mission wandern sollte, wird für prunkhaften Schmuck verwandt. Abigail, ein junger gottesfürchtiger Mann aus Massachusetts, soll demnächst als Missionar nach Owhyhee fahren. Er hat mich gebeten bei dir um die Hand Jerushas anzuhalten.« Frau Bromley fiel in ihren Brokatsessel zurück, faßte sich aber rasch wieder und klingelte nach einem Diener. »Hol sogleich Herrn Bromley«, befahl sie. »Ich bin nicht gekommen, um mit deinem Mann zu sprechen«, protestierte Eliphalet.
    »Mein Mann, nicht Gott, ist der Vater Jerushas«, versetzte Abigail.
    »Gotteslästerung!«
    »Nein. Liebe!«
    Bruder und Schwester verharrten in gehässigem Schweigen, bis Charles Bromley eintrat, ein rundlicher, fröhlicher, erfolgreicher Mann. »Familienzank?« fragte er humorvoll. »Mein Bruder Eliphalet... «
    »Ich weiß, wer er ist. Nenn ihn doch einfach Phet.« Er lachte und fügte hinzu: »Ich habe bei diesen Dingen immer gefunden, daß, wenn man zwei prozessierende Parteien dahin bringen kann, auf einer möglichst zwanglosen Ebene zu beginnen, schon viel gewonnen ist. Wenn du einen Herrn >Mein Bruder Eliphalet< nennst, bist du es dir schon fast vor lauter Selbstachtung schuldig, vors Gericht zu gehen. Nun, wo fehlt's denn, Phet?«
    »Ein anständiger junger Mann aus dem Priesterseminar am Yale-College soll demnächst als Missionar nach Owhyhee fahren... «
    »Wo liegt Owhyhee?«
    »Vor Asien.«
    »Chinesisch?« »Nein. Selbständig.«
    »Noch nie gehört.«
    »Und er war sehr beeindruckt von dem, was ich ihm über meine Nichte Jerusha erzählte.«
    »Wie kam es denn dazu?« fragte Bromley mißtrauisch. »Es ist schändlich«, sagte Abigail mit Tränen in der Stimme. »Eliphalet geht mit unserer Tochter hausieren. Um sie zu verheiraten.«
    »Ich finde das sehr großmütig von ihm, Abby«, brauste Bromley auf. »Gott weiß, wie wenig Erfolg ich selbst hatte, sie unterzubringen. In der einen Woche ist sie in einen Seemann verliebt, den sie drei Jahre nicht mehr gesehen hat - Abby, hat dieser Seemann sie überhaupt je geküßt?«
    »Charles!«
    »Und in der nächsten Woche ist sie in Gott verliebt und möchte sich auf einer fernen Insel opfern. Ehrlich gesagt, Phet, wenn du ihr einen guten Mann finden kannst, verpflichtest du mich sehr. Ich könnte mich dann meinen zwei andern Töchtern widmen.«
    »Der junge Mann, den ich vorzuschlagen habe, heißt Abner Hale«, sagte Thorn steif. »Hier ist der Bericht seiner Professoren über ihn. Ich besuchte sein Elternhaus...«
    »Oh, Eliphalet!« protestierte seine Schwester.
    »Unter dem Vorwand, mich von seiner christlichen Erziehung zu überzeugen.«
    »Und war es ein gutes christliches Elternhaus?« fragte Bromley.
    »Ja«, antwortete Eliphalet. »In jeder Hinsicht.«
    Charles durchmaß einige Male das hübsch eingerichtete Zimmer und sagte dann unerwartet: »Wenn du sagst, daß es ein gutes christliches Elternhaus ist, Phet, dann kann ich sicher sein, daß es in Wirklichkeit schrecklich ist. Ich sehe den jungen Abner Hale vor mir. Dürr, unreine Haut, Augen, die von zu vielem Lesen verdorben sind, scheinheilig, schmutzige Fingernägel, ungefähr sechs Jahre zurück in jeder gesellschaftlichen Erziehung. Und doch, wenn ich so das Leben hier in Walpole betrachte, dann sind es oft gerade diese Jungen, die auf die Dauer die besten Ehemänner abgeben.«
    Ohne daß er es wollte, hatte Pastor Thorn schon immer den scharfen Verstand seines Schwagers bewundert, und so fügte er jetzt hinzu, was er nie zu sagen beabsichtigt hatte: »Charles und Abigail, dieser junge Mann

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