Hawaii
diesem wichtigen Anlaß richtig aufzutreten, und deshalb lege ich drei Dollar bei, die Sie mir nicht zurückzuzahlen brauchen.« Dieser Brief war gezeichnet: »Eliphalet Thorn von der Afrikanischen Mission.«
In den frühen zwanziger Jahren des neunzehnten Jahrhunderts gab es viele junge Geistliche, die für Hawaii bestimmt waren und die von ihren Studien so in Anspruch genommen wurden, daß sie nicht die Zeit fanden, um die Bekanntschaft einer heiratsfähigen jungen Frau zu machen. Nun standen sie plötzlich vor der Notwendigkeit, sich innerhalb von wenigen Wochen zu verheiraten, denn der Ausschuß lehnte es strikt ab, einen unverheirateten Mann nach den Inseln zu schicken, und empfahl denen, die dort für Gott arbeiten wollten, ihre Freunde zu bitten, für sie eine passende Frau zu suchen, und es wird von keinem Mißerfolg berichtet. Natürlich gab es junge Geistliche, die von den vorgeschlagenen Frauen zunächst einmal abgewiesen wurden, aber früher oder später fanden sie alle eine Frau - >nicht etwa, weil jene jungen Leute so hübsch gewesen wären, sondern weil es in Neu-England so entsetzlich viele alte Jungfern gibt. Denn die besten Jungen gehen hier zur See<. Die Frage wurde heftig diskutiert, ob der Entschluß des Ausschusses, jeden unverheirateten Mann abzuweisen, aus der Erfahrung stamme, daß alleinstehende Männer leicht in große Irrtümer geraten, oder aus der genauen Kenntnis des Lebens auf Hawaii. Und es ist wahrscheinlich, daß letztere den Ausschlag gab; denn viele Walfänger, die nach Neu-Bedford und Nantucket zurückkehrten
- wenn sie sich überhaupt die Mühe machten, nach Hause zurückzukehren -, erzählten sonderbare Geschichten von willfährigen Mädchen, riesigen Kokosnußmengen und grasgedeckten Häusern in prachtvollen Tälern. In allen Häfen war der traurige Refrain zu hören:
Ich möchte zurück nach Owhyhee, wo das Meer sein freundliches Lied singt, wo die Mädchen gut sind und zart und wo man das Gute vom Bösen nicht trennt.
Der Ausschuß mochte diesen Liedern gelauscht und es unter solchen Umständen für ratsamer erachtet haben, selbst von jungen Männern, die in der Gnade lebten, zu verlangen, daß sie ihre eignen christlichen Frauen mitnahmen. Hinzu kam noch die Überzeugung, daß die Frau die Keimzelle einer Zivilisation ist, der Vorbote christlichen Lebens. Der Ausschuß brauchte deshalb die Frauen nicht nur, um junge Missionare vor Torheiten zu bewahren, sondern auch weil eine junge, hingebungsvolle Frau schon von sich aus eine überzeugende Missionarin ist. Und so verteilten sich die jungen Männer über Neu-England, trafen am Freitag zum erstenmal ein schüchternes, frommes Mädchen, baten am Samstag um ihre Hand, heirateten nach den drei Sonntagen des öffentlichen Aufgebots und schifften sich sogleich nach Hawaii ein.
Doch keine dieser Werbungen war seltsamer als die von Abner Hale. Als er in den ersten Julitagen Yale verließ, nachdem er dort zum Geistlichen der Kongregationskirche ordiniert worden war, wog er hundertfünfundzwanzig Pfund, hatte eine Größe von einem Meter und zweiundsechzig Zentimetern, eine gelbliche Gesichtsfarbe, eine etwas gebückte Haltung und strähniges, blondes Haar, das er in der Mitte scheitelte und mit Wasser und Talg anklatschte. Er trug einen schwarzen Frack, wie er damals von den Geistlichen bevorzugt wurde, einen engen Stehkragen und einen neuen fünfundzwanzig Zentimeter hohen Zylinderhut, der sich oben zu einer ausladenden Platte erweiterte. In seinem ärmlichen Gepäck, das aus nichts weiterbestand als einer Schachtel, in die er seine Habseligkeiten verstaut hatte, bewahrte er auch eine kleine Bürste zur Pflege seines Hutes. Dieser Hut war die einzige Eitelkeit in seiner Kleidung, die er sich gestattete; denn er dachte, daß ihn ein solcher Hut mehr als alles andere zum Priester stempelte. Seine schwarzen, rissigen Schuhe übersah er.
Als die Postkutsche in Marlboro anlangte, stieg er umständlich aus, rückte seinen Zylinder zurecht, ergriff seine
Schachtel und machte sich zu Fuß auf den Weg nach Hause. Zu seiner Enttäuschung gab sich in Marlboro kein Mensch die Mühe, ihn zu seinem neuen geistlichen Stand zu gratulieren, da ihn in seinem Zylinder niemand erkannte. So erreichte er den von Bäumen gesäumten Pfad, der zu seinem Elternhaus führte, und dort blieb er im Staub des Weges stehen, um - wie er dachte, ein letztes Mal dieses kalte unwirtliche Haus, in dem Generationen von Hales geboren worden waren, zu begrüßen.
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