Head Shot: Thriller (Knaur TB) (German Edition)
haben meinen Wunsch respektiert, die Beerdigung zu überspringen. Ich habe in deinem Namen eine Liste für Spenden an Wohltätigkeitsorganisationen verschickt. Ich denke, dein Hinscheiden wurde allgemein zur Kenntnis genommen. Und du hattest recht, die Polizei war stinksauer, aber sie haben die Naive-Ärztin-Masche geschluckt.«
»Ich habe den Nachruf in der
Stamford Advocate
gesehen.«
»Es kam auch in den Abendnachrichten. Wie geht es dir?«, fragte sie.
»Mit der Zeit immer besser«, antwortete ich.
»Schön zu hören, aber noch lieber wäre mir, du könntest mir etwas sagen, was mich ein bisschen beruhigt.«
Ich versuchte, mir etwas einfallen zu lassen.
»Als ich damals zum College ging, hast du gesagt, ich könnte tun, was ich wollte. Du hast das nicht im Sinn von ›Wir leben in Amerika, wo jeder seinen Traum leben kann‹ gemeint. Du wolltest damit sagen, dass meine Interessen und Fähigkeiten so breit gefächert waren, dass ich alles erreichen konnte, was ich erreichen wollte. Erinnerst du dich?«
»Ich wollte nur, dass du dich auf etwas konzentrierst«, sagte sie.
»Tja, das tue ich jetzt.«
»Danke«, meinte sie nach einem Augenblick nachdenklichen Schweigens.
»Gern geschehen.«
Am nächsten Tag fuhr ich zu Wally’s Wall of Music in Bridgeport und verkaufte ihm eine erstklassig erhaltene 1960 er Gibson ES - 335 Sunburst mit Rosewood-Hals, Kluson-Mechaniken, PAF Humbucker, Stop Tailpiece, zu hundert Prozent Originalzustand, für 32 567 Dollar.
Das waren ungefähr zweitausend Dollar weniger, als ich dafür hätte erzielen können, aber zu den Verkaufsbedingungen gehörte die Zahlung mit Barscheck, den ich auf eines meiner neuen Konten einzahlte, abgesehen von 7000 Dollar, die ich zu den 15 000 in meiner Geldklammer steckte. Dann machte ich mich daran, ein Auto aufzutreiben.
Beim Durchackern der Kleinanzeigen entdeckte ich rasch einen neuen Subaru Outback, den ein Typ in Darien, Connecticut, für 21 000 Dollar anbot. Ich mochte den Outback wegen seiner Robustheit und Vielseitigkeit, deshalb rief ich den Verkäufer mit meinem Wegwerfhandy an und verabredete ein Treffen zwei Stunden später. Ich machte eine Probefahrt, dann bot ich ihm neunzig Prozent des Kaufpreises in bar. Zwei Stunden später war der Wagen zugelassen und parkte in Gerrys Garage, wo er seinen weißen Lieferwagen ersetzte, den ich in der Gasse abgestellt hatte.
Ganz wohl war mir nicht dabei, aber sein Lieferwagen war rund um das Fabrikgelände ein vertrauter Anblick, und er würde nur wenige Tage dort stehen.
Am nächsten Tag zahlte ich 2 635 Dollar auf eines meiner Konten ein – eine vollkommen unverdächtige Summe, sehr weit unter der Schwelle zur Meldepflicht. Im Verlauf der nächsten Tage überwies ich auf alle meine Konten diverse Beträge, stets auf sehr unterschiedliche Höhen bedacht. Dem vorausgegangen waren qualvolle Stunden, in denen ich einen Kontenplan ausarbeitete, der einen steten Geldfluss garantierte, ohne irgendein Misstrauen zu erregen. Etwas, das ich früher in der Zeit erledigt hätte, die es dauerte, die Zahlen zu notieren.
Inzwischen hatte sich mein körperlicher Zustand so weit verbessert, dass ich den ganzen Tag überstand, ohne mich ausruhen oder nach Luft schnappen zu müssen. Mein rechtes Bein, noch immer wund, war wieder gelenkig genug, um mir einen beinah normalen Gang zu erlauben, obwohl ich für den Fall eines plötzlichen Zusammenbruchs immer noch gern den Stock dabeihatte. Ich hatte mich noch nicht vollständig an die neue Gestalt der Welt gewöhnt, aber normalerweise schaffte ich es, mich zurechtzufinden, ohne irgendwo anzustoßen und ohne dass mir übel wurde.
Meine mathematischen Kenntnisse hatten sich bis zu einem Punkt entwickelt, an dem ich auf dem Niveau eines Drittklässlers addieren, subtrahieren, dividieren und multiplizieren konnte. Nicht schlecht für einen Kerl, der sich früher damit entspannt hatte, Gleichungen zur Unterstützung von Einsteins Relativitätstheorie zu entwickeln.
Ich blieb lange genug in Gerrys Werkstatt, um zu Kräften zu kommen und eine Lieferung entscheidender Ausrüstungsgegenstände entgegenzunehmen, die ich im Anarchisten-Café online bestellt hatte: einen leistungsstarken Laptop, ausgerüstet für kabellosen Empfang, Scanner, Drucker, Router und zwei externe Festplatten mit einem Terabyte Speicherkapazität pro Stück.
Nachdem ich den Laptop eingerichtet und den Internetempfang konfiguriert hatte, nahm ich ihn mit in den Outback und suchte
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