Headhunter
konnte. Außerdem
würde das Haus bis dahin so oft geputzt werden, dass keine DNA-Spuren mehr zu
finden sein würden. Denn nach DNA suchten sie immer. Im letzten Jahr, als
Kjikerud und ich vier Einbrüche in weniger als vier Monaten unternommen
hatten, hatte sich der mediengeile, blonde Musterbulle Brede Sperre in der
Zeitung Aftenposten zu
Wort gemeldet und lauthals verkündet, es handele sich um eine Bande
professioneller Kunstdiebe. Obwohl es nicht um wirklich große Werte gehe, wolle
das Raubdezernat allen Anfängen wehren und auf Ermittlungsmethoden
zurückgreifen, die sonst Mord- oder wichtigen Drogenfällen vorbehalten waren.
Darauf könne sich die ganze Bevölkerung Oslos verlassen, sagte Sperre, ließ
seinen jugendlichen Pony im Wind flattern und schaute mit festem stahlgrauen
Blick in die Kameralinse des Fotografen. Natürlich hatte er die wirklichen
Beweggründe verschwiegen. Diese Diebstähle hatten nämlich nur deshalb Priorität
bekommen, weil die vermögenden Bewohner dieser Villenviertel ihren Einfluss
geltend gemacht hatten. Ich muss zugeben, dass ich zusammenzuckte, als Diana
mir Anfang des Herbstes berichtete, dieser hübsche Polizist sei bei ihr
gewesen. Er hatte von ihr wissen wollen, ob jemand sie über ihre Kunden
ausgefragt und sich erkundigt habe, wer welche Bilder gekauft habe. Die
Kunsträuber schienen nämlich genau Bescheid zu wissen, wo welche Bilder
hingen. Als Diana mich fragte, warum ich ein so besorgtes Gesicht machte,
antwortete ich, die Vorstellung, dass ein Rivale näher als zwei Meter an sie
herangekommen sei, gefiele mir gar nicht. Zu meiner Überraschung war Diana rot
geworden, bevor sie anfing zu lachen.
Ich
ging schnell zurück zur Haustür, nahm vorsichtig Badekappe und Handschuhe ab
und wischte auf beiden Seiten die Klinke ab, bevor ich die Tür zuzog. Die
Straße war noch immer morgendlich verwaist und glänzte unverändert bunt in der
Herbstsonne.
Auf
dem Weg zum Auto sah ich auf die Uhr. 12.14 Uhr. Das war ein neuer Rekord. Mein Puls war hoch, aber ich
hatte die Lage unter Kontrolle. In sechsundvierzig Minuten würde Ove den Alarm
in der Zentrale wieder einschalten. Vermutlich erhob Lander sich zur gleichen
Zeit in einem unserer Besprechungszimmer, gab dem Vorstandsvorsitzenden die
Hand und verließ mit einem letzten Bedauern unsere Räumlichkeiten und damit
auch meinen Kontrollbereich. Aber er blieb ja im Stall meiner Kandidaten.
Ferdinand würde - wie ich ihn instruiert hatte - den Kunden erklären, wie bedauerlich
es sei, dass dieser Kandidat nicht zur Verfügung stehe, und dass sie, wollten
sie Persönlichkeiten wie Lander für sich gewinnen, eventuell darüber nachdenken
müssten, ihr Lohnangebot um 20 Prozent
aufzustocken. Ein Drittel von mehr war bekanntlich mehr.
Aber
das war nur der Anfang. In zwei Stunden und sechsundvierzig Minuten wollte ich
auf Großwildjagd gehen. Auf Grevejagd. Ich war unterbezahlt, na und? Scheiß
doch auf Stockholm und scheiß auf Brede Sperre, hier war ich der König.
Ich
pfiff, und das Laub raschelte unter meinen Schuhsohlen.
Kapitel
5
Geständnis
Es heißt,
die amerikanischen Polizeiermittler Inbaud, Reid und Buckley hätten 1962 mit der Herausgabe ihres
Werkes Criminell Interrogation and Confession den
Grundstein für die noch heute praktizierte Verhörtechnik in der westlichen Welt
gelegt. In Wahrheit wurde ihre Technik natürlich auch schon vor dieser
Publikation angewendet. Inbaud, Reid und Buckleys neunstufiges Modell fasst nur
die hundertjährige Erfahrung des FBI zusammen, wie man Verdächtigen ein Geständnis
entlockt. Es ist eine ungeheuer effektive Methode, die sowohl bei Schuldigen
als auch bei Unschuldigen zu Resultaten führt. Nachdem es durch die
Entwicklung der DNA-Analyse möglich geworden war, Schuldfragen zu überprüfen,
wurden allein in den USA innerhalb kürzester Zeit Hunderte von unschuldig Verurteilten
entdeckt. Rund ein Viertel dieser Fehlurteile basierte auf Geständnissen, die
die Angeklagten unter dem Druck des Neun-Stufen-Modells gemacht hatten, was
noch einmal zeigt, was für ein fantastisches Werkzeug es ist.
Ich
setze mir immer das Ziel, einen Kandidaten zu dem Geständnis zu bringen, dass
er nur blufft und für den Job nicht geeignet ist. Schafft er es durch die neun
Stufen, ohne ein solches Geständnis abzulegen, ist die Annahme berechtigt,
dass er sich selbst tatsächlich für qualifiziert hält. Und solche Kandidaten
suche ich. Ich sage konsequent »er«, denn das
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