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Headhunter

Headhunter

Titel: Headhunter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbo
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Harstad und Voss. Während eines
Antidrogeneinsatzes in Suriname wurde ich gefangen genommen und gefoltert.«
    »Hört
sich exotisch an. Aber du hast dichtgehalten?«
    Clas
Greve lächelte. »Dichtgehalten? Ich habe geschwatzt wie ein Waschweib.
Kokainbarone machen keine Spielchen, wenn sie einen verhören.«
    Ich
beugte mich vor. »Ja? Was haben sie denn gemacht?«
    Greve
sah mich lange nachdenklich an. Dann zog er eine Augenbraue hoch und sagte nach
kurzem Zögern: »Ich glaube, das willst du nicht wirklich wissen, Roger.«
    Ich
war etwas enttäuscht, nickte aber und lehnte mich zurück.
    »Und
deine Kameraden wurden dann alle abgeschlachtet, oder?«
    »Nein,
als der Angriff auf die Stellungen eröffnet wurde, die ich verraten hatte, waren
die Soldaten natürlich schon abgezogen worden. Ich brachte zwei Monate in
einem Keller zu, ernährte mich von verfaulten Früchten und trank Wasser voller
Moskitoeier. Als die Männer vom BBE mich raustrugen, wog ich noch 45 Kilo.«
    Ich
sah ihn an und versuchte mir vorzustellen, wie sie ihn gefoltert hatten. Wie er
damit umgegangen war. Und wie eine 45 -Kilo-Variante
von Clas Greve ausgesehen haben mochte. Anders natürlich, aber so anders wohl
auch wieder nicht.
    »Kein
Wunder, dass du aufgehört hast«, sagte ich.
    »Das
war nicht deshalb. Die acht Jahre beim BBE waren die besten meines Lebens,
Roger. Zum einen wegen all der Sachen, die du tatsächlich aus diversen Filmen
kennst. Kameradschaft und Zusammenhalt. Aber dazu kommt noch, dass ich in
dieser Zeit wirklich mein Handwerk gelernt habe.«
    »Und
das wäre?«
    »Menschen
finden. Beim BBE gab es eine Gruppe, die wir TRACK nannten. Sie war darauf
spezialisiert, Menschen überall auf der Welt und in den unmöglichsten
Situationen aufzuspüren. Solche Leute haben mich damals in diesem Keller
gefunden. Ich bewarb mich bei dieser Gruppe und wurde genommen. Da habe ich
alles gelernt. Von uraltem indianischem Spurenlesen über Verhörtechniken bis
hin zu den modernsten, elektronischen Ortungsmethoden. So kam ich in Kontakt
mit HOTE. Die Firma hatte damals einen Signalsender in der Größe eines
Hemdknopfes hergestellt, der an einer Person befestigt werden sollte, so dass
man über einen Empfänger all ihre Bewegungen verfolgen konnte. Man kennt so
was schon aus den Spionagefilmen der 6oer Jahre, aber bis dato hatte es niemand
geschafft, diese Dinger wirklich zufriedenstellend zum Laufen zu bringen. Auch
HOTEs Hemdenknopf erwies sich als untauglich: Er vertrug keinen Schweiß, keine
Temperaturen unter zehn Grad minus, und die Signale drangen auch nur durch
dünnste Hauswände. Der Chef von HOTE mochte mich. Er hatte keine Söhne ...«
    »Und
du hattest keinen Vater.«
    Greve
warf mir ein nachsichtiges Lächeln zu.
    »Erzähl
weiter«, bat ich.
    »Nach
den acht Jahren beim Militär begann ich in Den Haag mein Ingenieurstudium,
bezahlt von HOTE. Im Laufe meines ersten Jahres bei HOTE haben wir einen Sender
entwickelt, der die extremsten Bedingungen überstand. Nach fünf Jahren war ich
die Nummer zwei im Betrieb und weitere drei Jahre später der Chef. Den Rest
kennst du.«
     
    Ich
lehnte mich zurück und trank einen Schluck Kaffee. Wir waren bereits am Ziel.
Ich hatte einen Sieger, ich hatte es sogar schon aufgeschrieben. EINGESTELLT.
    Vielleicht
zögerte ich deshalb mit dem nächsten Schritt, vielleicht sagte mir eine innere
Stimme, dass es genug war. Vielleicht war es auch etwas anderes.
    »Du
siehst aus, als hättest du noch Fragen«, sagte Greve.
    Ich
half mir mit einer Ausflucht. »Du hast nicht über deine Ehe gesprochen.«
    »Ich
habe über die wichtigen Sachen gesprochen«, sagte Greve. »Willst du wirklich
etwas über meine Ehe wissen?«
    Ich
schüttelte den Kopf. Und entschloss mich, zum Ende zu kommen. Doch dann meldete
sich das Schicksal. Durch Clas Greve selbst.
    »Ein
schönes Bild hast du da«, meinte er und blickte an die Wand. »Ist das von Opie?«
    »>Sara
gets undressed<«, sagte ich. »Ein Geschenk von Diana. Sammelst du Kunst?«
    »Ich
habe gerade erst angefangen.«
    Etwas
in mir protestierte immer noch, aber es war zu spät, ich hatte bereits gefragt.
»Was ist dein schönstes Bild?«
    »Ein
Ölgemälde. Ich habe es gerade erst in dem versteckten Raum hinter der Küche
gefunden. Niemand in der Familie wusste, dass Großmutter dieses Bild hat.«
    »Interessant«,
sagte ich und spürte einen seltsamen Rhythmuswechsel in meinem Herzschlag.
Sicher eine Folge der Anspannung vom Mittag. »Was ist das für ein

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