Headhunter
sagen, dass sie dir und deiner Hu... Natascha zusehen sollen?«
»Geteilte
Freude ist doch doppelte Freude. Aber ich habe natürlich dafür gesorgt, dass
das Bett nicht gefilmt wird, das ist mein Privatbereich. Sie wird sich am
Fußende des Bettes ausziehen, auf dem Stuhl, der neben dem Fernseher steht,
weißt du? Bei so was übernimmt sie selbst die Regie, das ist ja das Tolle. Und
ich werde sie schon dazu bringen, ein bisschen mit sich selbst zu spielen. Das
ist dann perfekt im Bild, ich hab sogar an der Beleuchtung gearbeitet. Damit
ich mir außerhalb des Kamerawinkels einen runterholen kann, weißt du?«
Ich
hatte genug gehört, es reichte. Ich räusperte mich: »Dann kommst du heute Nacht
und holst den Munch. Und den Rubens übermorgen, okay?«
»Klar.
Ist bei dir alles in Ordnung, Roger? Du hörst dich so gestresst an.«
»Alles
okay«, sagte ich und fuhr mir mit dem Handrücken über die Stirn. »Alles absolut
okay.«
Ich
legte auf und ging aus der Telefonzelle. Der Himmel zog langsam zu, aber das
bemerkte ich kaum. Es war alles okay. Absolut okay. Ich würde Multimillionär
werden. Mich freikaufen, frei von allem. Die Welt - und alles darin, Diana inklusive
- würde mir gehören.
Das
Donnern, das ich in der Ferne hörte, klang wie ein tiefes Lachen. Dann fielen
die ersten Regentropfen, und meine Schuhsohlen klatschten beim Laufen lustig
auf die Pflastersteine.
Kapitel 7
Schwanger
Es
war sechs Uhr, der Regen hatte aufgehört, und im Westen versank das Licht
golden im Oslofjord. Ich fuhr den Volvo in die Garage, schaltete den Motor aus
und wartete. Als die Tür hinter mir ins Schloss fiel, machte ich das Licht im
Auto an, öffnete die schwarze Mappe und zog den Fang des Tages heraus. »Die
Brosche«. Eva Mudocci.
Ich
musterte das Gesicht. Munch muss in diese Frau verliebt gewesen sein,
andernfalls hätte er sie niemals so zeichnen können. So wie Lotte, gefangen in
stillem Schmerz, in stummer Wildheit. Ich fluchte leise, holte tief Luft und atmete
zischend durch die Zähne wieder aus. Dann öffnete ich die Deckenverkleidung
über meinem Kopf. Ich selbst war auf diese Idee gekommen - meine ganz
persönliche Erfindung, um Bilder unbemerkt über die Landesgrenze zu bringen.
Ich hatte ganz einfach den Stoffhimmel oberhalb der Windschutzscheibe gelöst,
danach zwei Bänder mit Klettverschluss angeleimt und nach ein bisschen
Feinjustierung rund um die Innenbeleuchtung ein perfektes Versteck geschaffen.
Große, insbesondere alte Ölbilder durften nicht zusammengerollt werden, weil
sonst die Farbe brechen und die Gemälde zerstört werden konnten. Für solche
Bilder brauchte man Platz, aber mit einer Deckenfläche von beinahe vier
Quadratmetern konnte ich selbst große Bilder verstauen und vor neugierigen
Zollbeamten samt ihren Hunden, die zum Glück nicht auf Farbe und Lack trainiert
waren, verstecken.
Ich
schob Eva Mudocci unter den Stoff, befestigte ihn wieder mit dem Klettband,
stieg aus dem Auto und ging zum Haus.
Am
Kühlschrank hing ein Zettel von Diana. Sie war mit ihrer Freundin Cathrine in
der Stadt und würde erst gegen Mitternacht zurückkommen. Bis dahin waren es noch
fast sechs Stunden. Ich öffnete ein San Miguel, setzte mich in den Sessel am
Fenster und begann auf sie zu warten. Holte eine zweite Flasche und dachte an
einen Satz aus dem Johan-Falkberget-Buch, das Diana mir vorgelesen hatte, als
ich Mumps hatte. »Wir trinken alle, wonach es uns dürstet.«
Ich
hatte mit Fieber und schmerzenden Wangen und Ohren im Bett gelegen und wie ein
schwitzender Kofferfisch ausgesehen, doch der Arzt meinte nach einem Blick auf
das Thermometer bloß, es sei nicht so schlimm. Es fühlte sich auch nicht so
schlimm an. Erst auf Dianas Nachfrage erwähnte er widerwillig so hässliche
Dinge wie Meningitis und Orchitis, die er dann mit noch größerem Unbehagen in
Hirnhautentzündung und Hodenentzündung übersetzte, wobei er aber gleich hinzufügte,
diese Komplikationen träten nur sehr selten auf.
Diana
las mir vor und machte mir kalte Umschläge. Das Buch hieß Die
vierte Nachtwache und war von Johan Falkberget, und da mein
entzündungsbedrohtes Hirn nichts anderes tun konnte, hörte es gut zu. Zwei
Dinge sind mir dabei ganz besonders in Erinnerung geblieben. Zum einen Pastor
Sigismund, der einen Säufer damit entschuldigte, dass wir alle das trinken,
wonach es uns dürstet... Vielleicht weil mir eine solche Einstellung Trost
spendete: Ist es deine Natur, dann ist es auch in
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