Hear the Wind blow
hatte und nach Hause gefahren war, beschloß ich also, ein paar Überstunden zu machen. Nach verschmorten Schweinekoteletts und Kräusel-Pommes-Frites mit Mama schlüpfte ich in meine Denkeruniform, begab mich rüber in die Corner Bar, nistete mich im letzten Separee ein, bestellte das Übliche und dachte nach. Nachdenken ist ja wohl auch Arbeit, oder? Für mich auf jeden Fall.
Nach zwanzig Minuten tiefen Grübelns holte ich mir von der Kellnerin Cherie ein bißchen Kleingeld und begab mich zum Telefon, das neben der Herrentoilette hängt. Die außerstädtische Auskunft nannte mir die Nummer, die ich suchte, und nachdem ich das meiste von meinem Kleingeld eingeworfen hatte, wurde ich mit Ex-Sheriff Gutes aus Modesto , Ca., verbunden. Ich hatte den Mann noch nie gesehen, aber vor ein paar Monaten mit ihm telefoniert, und da war er sehr hilfsbereit gewesen. Ich war mir nicht sicher, ob er sich noch an mich erinnern würde, aber ich hätte mir keine Sorgen machen müssen.
»Natürlich«, sagte er. »Victor Daniel. Sie haben mich letzten Mai wegen Dev Devlin angerufen. Bleiben Sie dran, ich mach nur mal den gottverdammten Fernseher aus .« Ich blieb dran. »Was ist aus der Sache geworden ?« fragte er, als er wieder ans Telefon kam.
»Hat sich alles geregelt«, sagte ich. »War nur ein durch Vietnam versauter Charakter, das war alles .«
»Da ist er nicht der einzige«, meinte Sheriff Gutes. »Und was kann ich diesmal für Sie tun ?«
»Sind Sie jemals einem Ehepaar namens DeMarco begegnet, das eine Art Farm in der Nähe Ihrer herrlichen Metropole besitzt ?«
»Nee, aber ich kann sie problemlos aufspüren .«
»Gut«, sagte ich. »Könnten Sie vielleicht in Ihre Trickkiste greifen und herausfinden, wo ihre Söhne sind, ohne daß sie mißtrauisch werden ?«
»Ich denke mal, daß ich noch genug Tricks in der Kiste habe, klar .«
»Einer, der Thomas L.L. oder Tommy heißt, und ein zweiter, mit dem er sich unten in Sherman Oaks ein Haus teilt, falls das hilft«, sagte ich.
»Haben Sie einen guten Grund, warum ich meine Tricks aus der Mottenkiste rauspacken soll ?« fragte der alte Herr.
»Allerdings«, sagte ich.
Eine Pause, dann ein Kichern von Mr. Gutes.
»Geben Sie mir Ihre Telefonnummer, und ich rufe zurück«, sagte er. »Wird wahrscheinlich nicht lange dauern .«
Ich las ihm die Nummer vor, die auf der Wählscheibe stand, legte auf und schaute eine Zeitlang zwei Typen bei einer ziemlich schlechten Poolbillard-Partie zu. Dann rief Mr. Gutes zurück.
»Gibt nur einen Sohn, namens Thomas L.L., wie Sie gesagt haben, und eine Tochter. Sind Sie sicher, daß Sie die richtigen Leute meinen ?«
»Jetzt bin ich ganz sicher«, sagte ich. »Wenn es Ihnen nichts ausmacht, daß ich einen alten Spürhund nach seinen Berufsgeheimnissen frage, wie haben Sie das rausgekriegt ?«
Er kicherte wieder. »Sie wissen wahrscheinlich nicht, daß unser Verein der Kriegsveteranen gerade eine Kampagne zur Mitgliederwerbung durchführt und darum versucht, mit allen Veteranen in der Gegend Kontakt aufzunehmen .«
»Nein, das wußte ich nicht, und glauben tu ich’s auch nicht«, sagte ich. »Und wenn Thomas gar kein Veteran ist?«
»Ist er auch nicht«, sagte Mr. Gutes. Dann flötete er in einer weiblichen Fistelstimme: »>Oh, wir haben doch nur unseren Tommy, und der war nie bei der Armee. Dann gibt es noch Cathy-Sue, aber die hat geheiratet und lebt in New York. Was man so unter leben versteht, ich tu’s nicht .< «
»Sie alter Fuchs«, sagte ich. »Vielen Dank.«
»Freut mich, daß ich helfen konnte«, meinte er. »Und schauen Sie mal rein, mein Junge, wenn Sie in der Gegend sind. Ich bin meistens zu Hause, verdammt noch mal .«
Ich versprach es ihm, bedankte mich noch mal, setzte mich wieder an meinen Platz und bestellte mir noch einen Brandy mit Ginger. Ich war so zufrieden, daß ich Cherie fünfzig Cents Trinkgeld gab anstatt der üblichen fünfundzwanzig. Sie tat so, als würde sie der Schock aus den Socken hauen.
Natürlich hätte ich über allerlei andere Kanäle auf Tommys nicht existierenden Bruder kommen können. Wenn man ein Haus besitzt, steht man automatisch in mehr Akten als jeder pensionierte Schwerverbrecher, und die sind in der Regel der Öffentlichkeit zugänglich, aber es ist immer wieder erfreulich, wenn man an die benötigte Information herankommt, ohne daß man seine Bar verlassen muß. Man könnte es auch das Markenzeichen eines wahren Profis nennen.
Logik. Was läßt sich über Logik sagen? Ich bin
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