Hear the Wind blow

Motive, stand da. Ausnahmsweise hatten sie mal völlig recht.
    Als Ricky anrief, war es halb sechs; er war aufgrund einer häuslichen Krise ziemlich in Eile und hatte nur soviel Zeit, um mir mitzuteilen, daß auf seiner Seite alles nach Plan gelaufen war. Sara rief eine Stunde später an.
    »Geheimagentin X-2 meldet sich telefonisch von der Ecke Tangerine/Wilcox «, sagte sie. »Ist die Luft bei dir rein ?«
    »Jetzt mach schon«, sagte ich. »Du bist wirklich das Letzte .«
    »Mission erfüllt«, flüsterte sie. »Kompletter detaillierter Bericht wird per Hand vor Mitternacht überbracht. Ende .«
    »Moment mal, Moment mal. Warum bringst du mir nicht statt dessen deinen kompletten detaillierten Bericht morgen früh, sagen wir um Viertel nach acht, falls du so früh aufstehen kannst .«
    »Kannst es kaum erwarten, mich leibhaftig zu sehen, was, Boss ?« sagte sie. »Fang ich langsam an, auf dich zu wirken ?«
    »Du hast wohl einen Knall, du Zwerg«, sagte ich. »Ich hab noch eine andere Aufgabe für dich, hier in der Nähe, da mußt du um neun antreten. Diese Mission wird dir außerdem gefallen, du hast prima Karten, von einem sehr großen Italiener, der Punks nicht ausstehen kann, in viele kleine Teilchen gerissen zu werden .«
    »Recht herzlichen Dank, Opa«, sagte sie. »Bis morgen dann, und versuch mal ausnahmsweise, nicht verkatert zu sein, du bist schon so ein mieser Anblick.« Sie legte einfach auf, die nervtötende Gans. Hatte die vielleicht ein Glück, mit jemandem zu tun zu haben, der so tolerant und cool war wie ich. Welcher normale Mensch, oder besser gesagt, welcher Vollidiot war denn sonst noch in der Lage, es mit ihr auszuhalten?
    Jedenfalls. Ich holte Evonne ab, und auf zur Party. Ich hegte keine großen Erwartungen, man weiß ja, wie Lehrer sind, aber ich hatte mich geirrt. Als wir ankamen, war schon die Hölle los, und als wir kurz vor zwei wieder gingen, war immer noch die Hölle los, und wenn mich nicht alles täuscht, lassen sie da bis heute noch die Sau raus. Irgend jemand hatte eine Familienpackung Persil in den Jacuzzi-Whirlpool gekippt, was die üblichen spektakulären Folgen zeitigte. Zwei mittelalterliche Lehrerinnen, die sich bis zu ihren Schwangerschaftsstreifen entblößt hatten, begannen ein Dart-Spiel in der Garage, nur daß sie ein Korkengewehr anstelle von Pfeilen benutzten. Als wir uns schließlich widerwillig verabschiedeten, zeigten sie gerade zum drittenmal Deep Throat im Elternschlafzimmer. Ich fuhr besonders vorsichtig, einerseits um Evonne zu zeigen, was ein guter Fahrstil ist, wobei die Chancen eins zu einer Million standen, daß es ein bißchen auf sie abfärbte, aber auch andrerseits, ehrlich gestanden, weil ich ein paar gekippt hatte. Evonne kuschelte sich an mich und roch wunderbar nach all den erstaunlichen Dingen, nach denen herrliche Frauen so riechen — Shampoo und Parfum und Nagellack und Tabak und Lippenstift und Bourbon und Haut.
    Als wir bei ihr ankamen und ich sie zur Hintertür geleitete, fragte sie mich nebenbei, ob ich noch eine Minute mit reinkommen wollte. Ich prüfte sorgfältig meine Motive, bevor ich ja bitte sagte.

    Und ein neuer Morgen brach heran, wenn ich mich nur dieses eine Mal poetisch ausdrücken darf. Und der Morgen brach heran, und mit ihm ein sehr glücklicher Junge, der pfeifend nach Hause fuhr, pfeifend die Stufen zu seinem Apartment hinaufstieg, pfeifend unter der Dusche stand und versuchte, seinen morgendlichen Java pfeifend zu trinken etc.
    Ich schaffte es gerade noch rechtzeitig ins Büro, wo ich Sara sah, die auf der anderen Straßenseite dem Bus entstieg. Da hörte ich auf zu pfeifen. Sie ging bei Rot über die Straße, machte einem Autofahrer, der eine Vollbremsung durchführen mußte, um sie nicht zu überfahren, eine unflätige Geste, blieb auf dem Bürgersteig stehen, um eine geraume Zeit den bedeckten Himmel anzustarren, und zwar auf eine Weise, von der sie offensichtlich hoffte, daß sie desolat und poetisch wirkte, in Wahrheit aber nur peinlich war, dann ließ sie sich herab, mein Büro zu betreten, dessen Tür ich ihr schon eine ganze Weile höflich aufgehalten hatte.
    »Nette Ausstattung«, sagte ich und hastete zum Stuhl auf meiner Seite des Schreibtischs, bevor sie sich draufsetzen konnte. »Ich fand schon immer, daß die schlankere Figur billigen bedruckten Baumwollstoff besonders gut hervorhebt .«
    »Fresse, Arschgeige«, sagte sie. Sie kramte ein Bündel Seiten aus ihrem Ridikül hervor, oder was immer für ein