Heart beats sex
deutet, dunkel, weißes Hemd, schwarzer Schlips, trappelt er einmal mit den Füßen, als könnte er Stepp, sagt aber nicht Gene Kelly aus Singin’ in the rain, sondern holt zu einer mühevollen Konversation aus, weil er meint, die Gans steht auf intellektuell.
»Ich bin ein Schüler von Suzuki.«
Und Trixie: »Der Motorradfahrer?«
»Nein, der Buddhist.«
Trixie schiebt ihre Herzchenbrille bis vorne auf die Nase und schaut ihn zweifelnd an. Sie hat mir mal gesagt, das sei ein guter Trick, wenn man nicht schnallt, wovon die Rede ist.
»Wissen Sie, ich bin Franzose, und uns gehörte einmal Indochina, keiner erinnert sich heutzutage mehr an die Schlacht von Dien Bien Phu.« Er lacht.
»In Korea?«
»Nein, in Indochina, das ist heute Vietnam, aber damals, als Indochina, war es buddhistisch, und daher gibt es in Frankreich auch heute noch eine buddhistische vietnamesische Schule, da sind allerhand Einflüsse hängengeblieben.«
»Eine Suzuki-Schule. Noch nie gehört, glaube ich.«
»Nein, Suzuki ist ein Zen-Meister. Ich will nur sagen, wie ich dazugekommen bin. Ich war nämlich sein Schüler, und dadurch bin ich zur Musik gekommen. Das wollte ich nur sagen. Weil hier ja lauter Musiker sind. Alles Kollegen gewissermaßen.
« Er lacht. »Denen sage ich immer, üben, üben, üben. Ich habe Klavier geübt, ich hätte auch Blumensteckkunst oder Bogenschießen üben können, egal. Ich sage es, weil alle hier im Westen immer intuitive Musik machen wollen, aus dem Bauch heraus, wie das heißt. In Wahrheit ist das ja wohl aus dem Zustand der Unbewusstheit heraus. Aber der kreative Zustand wird nur erreicht, wenn der Schüler von seinem Selbst vollkommen frei ist, wenn er leer ist und eins mit der Vollkommenheit seiner technischen Geschicklichkeit.«
»Technik ist so ’ne Sache«, sagt Trixie mürrisch.
»Deswegen muss man Schüler werden. Dazu bringt man dreierlei mit: gute Erziehung, vollkommene Hingabe an die vom Schüler gewählte Kunst und kritiklose Verehrung des Lehrers.«
»Nun ja«, grinst sie, »kritiklos soll man ja nicht sein.«
»Suzuki verlangt vom Schüler zunächst nichts anderes, als dass er gewissenhaft nachmacht, was der Lehrer vorführt. Langatmige Belehrungen und Begründungen – njet! Nur knappe Anweisungen und zack, zack, yes, Sir!«
»Zack, zack und jawoll, das klingt traditionell.«
»Richtig. Ein Könner werden, der das Handwerkliche souverän beherrscht. Unermüdlicher Fleiß wird ja heutzutage verachtet. «
Trixies Lachen ertönt, und ich stelle mir Papi vor, wie er sie auf Yes, Sir trimmt. »Na ja, ich glaube, jeder wird mal müde«, meint Trixie.
»Die Schüler, die wir heutzutage wirklich brauchen, lassen sich in kluger Ergebenheit beladen, um im Laufe der Jahre die Erfahrung zu machen, dass Formen, die sie vollkommen beherrschen, nicht mehr bedrücken, sondern befreien.«
Trixie winkt Doktor Heywood Floyd zu, der gerade zu ihnen herüberschaut, macht ein paarmal wild Zeichen, ob sie
ihm was zu trinken bringen soll, nein, danke, und wirft ihm eine Kusshand zu, während der Franzmann sich so über mich beugt, dass sich unsere Gesichter in einem Abstand von fünfzig Zentimetern befinden. Er lacht, wobei er kleine Spuckespritzer verliert, die ich nur sehen und nicht fühlen kann, aber die vielleicht doch schaden, wenn sie auf meine Pupillen fallen. Hoffentlich nicht, besonders weil ich eine Landschaft auf seiner Zunge sehe, so etwas wie weiße Erdteile und rote Krater oder rote Krater in einer samtigen weißen Savanne, und mir fällt ein, dass er von irgendeiner Art Hefepilz befallen sein könnte. So sieht es jedenfalls aus.
»Ist sie wirklich weggetreten? Vorhin hab ich noch mit ihr geredet und gesagt, dass es Scheiße ist, als vegetable am Zaun zu hängen, und nun liegt sie hier vollkommen spaced out.« Er richtet sich auf und wendet sich wieder Trixie zu. »Deswegen nehme ich nur ganz reines Koks. Blütenreines. Das aus Columbia kommt.«
All seine englischen Worte haben einen sehr starken französischen Akzent.
»Ihr Franzosen könnt nie richtig Englisch sprechen«, sagt Trixie und dreht sich um, um zu Heywood Floyd zu gehen, aber er folgt ihr mit der Taktik, schnell wieder eine lange Geschichte zu erzählen.
Mir klingen noch die Worte im Ohr: »Wenn der Schüler von seinem Selbst vollkommen frei ist, wenn er leer ist.« Leer wie ein leeres Gefäß? Sollte ich mit diesem scheußlichen Monsieur Laurent einen Weg teilen? Er, der Anfang, sich bemühend um Leerheit; ich, das Ende,
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