Heart beats sex
Locken folgen und dort anlegen. Dennoch wollte er wissen, was dran war und ihre Stimmen hören. Also ließ er sich am Mast festbinden, befahl aber seinen Seeleuten, sich die Ohren zu verstopfen. So nahm er – wie du das aus der Meditation kennst –
die Verlockungen wahr, ließ sich aber nicht von ihnen zu einer Handlung bewegen. Auf diese Weise seiner klugen Einsicht folgend, ist er der Katastrophe entgangen. Auf diese Weise würde auch deine Freundin ihrer Katastrophe entgehen.«
»Was wird ihr Vater wohl mit ihr machen, wenn er es rauskriegt? «
Er grinste. »Anschnallen.«
»Und was hätten die Sirenen mit Odysseus gemacht?«
»Was von ihm und seinen Mannen, zerfressen von der Lust, noch übrig geblieben wäre, hätten sie aufgrund eines göttlichen Gebotes Paranoia überlassen. So aber, weise beraten, segelte er unter den sonnigen Winden der Heiterkeit über das ruhige Meer der Gleichmut seiner Heimat entgegen, wo ihn seine Familie erwartete.«
»Wie lockten ihn die Sirenen denn?«
»Mit ihren Stimmen, mit der herrlichsten Musik.«
»Ist solche Musik denn denkbar?«
»Ja, wenn du jung bist, kann sie einen Rausch auslösen, den du immer wieder haben willst.«
Das war für mich Techno: bachantische Musik und sexuelle Leidenschaft. Kein Raum blieb mir zum Nachdenken, nur Lust. Was die Lust von mir übrig ließe, würden die Sirenen einer Göttin vorwerfen, Paranoia. Verzehrende Ängste, aber wann würde das sein? In ferner Zukunft, wohin weder meine Sehnsucht noch meine Gedanken reichten. Danach wäre es mir unvorstellbar gewesen, dass ich wie eine Untote auf einer fröhlichen Party allen zu Füßen liegen könnte.
Und dann erhielt ich eine SMS von Ulya, dass sie und Adrian, Sheila und Hank heute Nacht ausgehen würden, weil Liam im Amnesia auflegte. Ich wusste sofort, ich wollte dabei sein und wusste auch, dass ich die erste große Fahrstunde vor mir hatte. Denn wie anders hätte ich dort hinkommen können?
22. Kapitel
S ie schleppen mich jetzt wieder irgendwohin, ich hab keine Ahnung wohin und warum, aber irgendwie haben sie sich besprochen und irgendjemand hat gesagt, das ist unmöglich, dass ihr die da so liegen lasst, eigentlich braucht sie ärztliche Versorgung. Das löste eine heillose Diskussion darüber aus, ob der Körper sich selbst am besten heile oder ob es besser wäre, zu der Chemie, die ich ohnehin schon drin hätte, noch mehr Chemie dazuzupumpen. Die meisten sind der Ansicht, ich bräuchte nur Ruhe, der Körper würde alleine seinen Weg zurückfinden. Jemand ruft über alle Köpfe hinweg, man soll erst einmal die einzelnen Optionen auspendeln, denn jeder habe seinen eigenen Schicksalsweg, und was für den einen gut sei, könnte für den anderen der Untergang sein. Jemand will Hals Meinung hören, der sei schließlich als Hal 9000 für Doktor de Boer verantwortlich. Einige lachen und damit ist das Thema eigentlich erledigt.
Hal kann sich an der Diskussion ohnehin nicht beteiligen, weil er Liam abgelöst hat und jetzt am Pult steht. Ich konnte die Ablösung nicht sehen, weil all die Leute um mich herumstehen. Hören aber konnte ich den Wechsel am Pult sofort, zumal ich weiß, dass Hal auf dieser Party seine neuesten Kreationen ausprobieren will, was er auch tut – gerade sagt er irgendetwas von Mussorgski und Bilder einer Ausstellung ins Mikro, eine Anspielung auf die Bilder seiner Kindheit, wie zum Beispiel die abgeernteten Felder mit den endlosen
schwarzen Abflussrohren drauf oder den mit Gardinen verhängten Bussen oder den vollen Zügen, wo die Leute manchmal auf den Trittbrettern standen und sich aneinander klammerten oder die vollkommen zerstörte Hauptstadt, in der ein neues Reich aufgebaut wurde mit Kasernen und Plattenbauten und Riesenplätzen mit Riesenstatuen. Diese zu Musik gewordenen Assoziationen hatte er in der Zeit, als wir nicht ausgingen, über die Tracks gelegt. Ich höre das heraus, es klingt wie eine quietschende Pumpe oder eine kurz vorbeiratternde Eisenbahn oder ein über Plätze heulender Wind oder das ferne Jammern eines Kindes. Mir gefällt die Musik, mir gefallen die Bilder, ich würde gerne aufstehen und zu ihm gehen, ihn in den Arm nehmen und ihm ins Ohr flüstern, ich liebe dich, ich liebe dich … wenn ich nur könnte. Stattdessen beobachte ich einen Falter, der immer wieder eine Lampe anfliegt. Als er erschöpft ist, lässt er sich auf einem Bilderrahmen nieder.
»Ich würde sie auf keinen Fall hier in eines der Krankenhäuser bringen«, sagt Trixie,
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