Heartbreak-Family – Als meine heimliche Liebe bei uns einzog (German Edition)
flüsterte er. »Einzelkind.«
Als ich aufsah, standen May und Carmen immer noch neben mir. Unterhielten sich wie zuvor. Gelangweilt schwenkte mein Blick nach rechts. Aus dem Nichts trat Ken hinter einem Kiosk hervor, und von einer Sekunde zur anderen bekam ich Herzrhythmusstörungen. Der Bus fuhr heran. Es wummerte im Stakkato. Das war doch nicht möglich!? Tagelang hatte ich ihn nicht gesehen, nichts von ihm gehört, ständig an ihn gedacht, so wie eben. Jetzt kam er einfach auf mich zuspaziert und nahm mich in den Arm. Einfach so. Ohne auf May und Carmen zu achten.
»Na, Kleine!« Lächelnd gab er mir einen halben Kuss, gefährlich nah an meinen Lippen. »Wie geht’s?«
Er ließ mich nicht los. Meine beiden Freundinnen grinsten breit und machten sich unsichtbar. Zum Glück wussten sie nicht, was wirklich los war, sonst hätte das Grinsen gar nicht mehr in ihre Gesichter gepasst.
»Hmm«, nickte ich nur und hoffte, dass Ken das Puckern an seiner Seite nicht spürte.
Der Bus hielt. Inés löste sich von ihrem Freund. Er startete sein Moped. Sie stieg mit einem leichten Schmunzeln vor uns ein, setzte sich ans hintere Ende und blätterte gleich in ihrer Zeitschrift.
Ken blieb dicht hinter mir. Ich schob mich durch die anderen Fahrgäste an einen Stehplatz. Ken keine Armlänge von mir entfernt. Sein schwarzer Blick war stur auf mich gerichtet. »Na, wie war’s in der Schule?« Er nahm eine Haarsträhne und strich sie über meine Schulter.
Mir brach der Schweiß aus. Mein Herz raste wie wild.
»Jannah!«, sagte er und lächelte. »Alles okay?«
Alles okay? Wie, alles okay? Was machte er da mit mir? Er tat so, als wären wir zusammen! Für diese bescheuerte Inés! Eine Sondershow für diese farblose Dürre, und ich ging dabei fast in die Knie!
»Lass mich in Ruhe!« Meine Stimme gehorchte mir nicht mehr, sie schwankte verräterisch. Ich schlängelte mich durch den vollen Bus an die hinterste Tür und wartete ungeduldig auf die nächste Haltestelle. Dann flog ich förmlich aus der Tür, über den Bürgersteig um die nächste Ecke. Als ich den Bus beim Anfahren schnaufen hörte, war ich heilfroh, dass Lou Ken nicht eingeladen hatte. Das wäre was geworden!
Tief atmete ich ein und aus. Nur langsam beruhigte sich mein Herzschlag. Die harte Schnalle am Taschengurt drückte zusätzlich darauf. Ich hängte die Tasche über die andere Schulter, drehte sie nach hinten und machte ich mich auf den Weg nach Hause.
Wenn es darauf ankommt, ist man immer allein, dachte ich bitter. Wenn es kompliziert wird, ist niemand da.
Lou war unterwegs und hatte sowieso andere Sorgen. May und Carmen hätte ich mich nicht anvertrauen wollen. Frida, die für alles Verständnis hatte, war beim Klavier.
Neo hätte vielleicht ein guter Freund sein können, wenn ich ihn nicht gekränkt hätte.
Meine Mutter war verknallt und nicht zu sprechen. Mein Vater war zwar nicht verknallt, aber ebenso wenig zu sprechen. Außerdem hatten beide gar keine Ahnung von Ken und mir. Wo sollte ich da anfangen? Beim Urschleim?
Ein Regentropfen traf mich an der Stirn. Dicke graublaue Wolken türmten sich am Himmel, und ein kalter Wind fegte bunte Blätter vom Bürgersteig.
Fröstelnd zog ich den Reißverschluss meiner Jacke zu. Vor dem Schaufenster eines Brillenladens blieb ich stehen, um mich im Spiegel zu betrachten. Meine Haare waren ziemlich lang geworden und schimmerten rotgold. Die Sommersprossen waren leider wieder verblasst. Entschlossen fixierte ich mein Gesicht. Das war ich: Glückskind Jannah Kismet. Und ich würde mich verdammt noch mal nicht unterkriegen lassen! Niemals!
»Jetzt erst recht!«, flüsterte ich.
»Wie bitte?«, fragte ein Junge, der an mir vorbeiging.
»Jetzt erst recht!«, wiederholte ich laut und ließ ihn verdutzt zurück.
Bei dm kaufte ich mir einen schwarzen Kajal und pechschwarzen Lidschatten.
In der Wohnung duftete es nach Knoblauch und Zwiebeln. Meine Mutter schnippelte Gemüse. Sepp stand mit ihrer Schürze am Herd und briet etwas in der Pfanne.
Ken und Merrie waren noch nicht da. Ich schickte Lou eine SMS, ob ich schon früher zu ihr kommen könnte, und kramte in meinem Schrank nach den Sachen, die ich am Abend anziehen würde. Lou rief gleich zurück. Sie waren schon fertig mit Shoppen und wollten mich abholen.
»Ich fahre zu Lou!«, rief ich, als es klingelte.
»Wieso zu Lou?« Meine Mutter rieb ihre Hände an einem Küchenhandtuch trocken. »Wir kochen doch gerade.«
»Für uns alle!«, fügte sie auf meinen
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