Heartbreak-Family – Als meine heimliche Liebe bei uns einzog (German Edition)
»Viele Männer kriegen bei so einer Nachricht erst mal kalte Füße. Schließlich müssen sie meistens eine ganze Weile allein für die Familie sorgen. Wir waren jung, und weder seine noch meine Eltern konnten uns unterstützen.«
»Dann war ich ein Unfall?«
»Sagen wir mal so, du kamst ohne lange Vorausplanung, warst aber sehr willkommen!«
»Pfff!«, machte ich. »Aber nur zu fünfzig Prozent!«
»Sei bitte nicht ungerecht Jannah!«, sagte meine Mutter. »Du könntest gar keinen liebevolleren Vater haben als deinen.«
»Wie lange wart ihr eigentlich zusammen, als du mit mir schwanger geworden bist?«
»Nicht sehr lange.« Das Thema war meiner Mutter sichtlich unangenehm.
»Sag doch mal«, beharrte ich. »Zwei Monate? Drei? Oder waren es nur vier Wochen?«
»Etwa ein halbes Jahr.«
»Und was haben Anneanne und Dede dazu gesagt?«
Meine Mutter straffte sich und zog den Gürtel ihres Bademantels nach. »Gut, Jannah. Ich erzähle es dir.«
Ich nickte gespannt. Das waren so neue Themen, dass mir sogar ein bisschen das Herz flatterte. Schließlich ging es um mich.
»Also«, meine Mutter nahm bedächtig einen Schluck Tee, als wollte sie Zeit schinden, »es war so, dass ich vor deinem Vater mit einem türkischen Studenten zusammen war. Deine Großeltern gingen bereits davon aus, dass wir heiraten würden, und waren sehr zufrieden damit. Doch je länger unsere Beziehung dauerte, umso anstrengender wurde es. Es fing damit an, dass er plötzlich auftauchte, wenn ich mich mit Freundinnen traf. Zuerst störte mich das nicht, weil ich dachte, dass er einfach gern in meiner Nähe war. Aber dann konnte ich nicht einmal allein mit anderen Studenten in der Mensa sitzen, ohne dass er neben mir saß und bissige Kommentare abgab. Seine Eifersucht wurde unerträglich, und ich trennte mich.
Deine Großeltern waren richtig böse, weil … na ja, er war, wie man früher so schön sagte: eine gute Partie! Seine Eltern waren reich. Ihnen gehörte eine Fabrik in Istanbul.«
Meine Mutter schüttelte den Kopf und schwieg.
»Und dann?«, fragte ich zaghaft.
»Und dann«, sagte sie, »traf ich auf einer Party deinen Vater. Das war’s!«
»Wie, das war’s?«, sagte ich. »Erzähl!«
»Ach, Jannah«, zögerte meine Mutter, »den Rest kannst du dir doch denken! Wir verliebten uns Hals über Kopf, schwänzten die Vorlesungen, feierten die Nächte durch und verbrachten fast jede Stunde zusammen. Es war wunderbar!«
»Ja, und Anneanne und Dede waren sauer, oder was?«
»Und wie!«, lächelte meine Mutter. »Ein Deutscher! Wo ich doch einen reichen Türken hätte haben können! Es war eine große Enttäuschung für die beiden. Aber sie haben es überlebt. Zumal dein Vater Arzt geworden ist, hatten sie irgendwann nicht mehr allzu viel gegen ihn.«
»Das habe ich gar nicht gewusst«, sagte ich.
Meine Mutter nickte. »So war das.«
»Wissen sie eigentlich von Sebastian?«
»Nein«, sagte meine Mutter. »Sie wissen weder, dass ich einen neuen Freund habe, noch dass er schwarz ist und schon gar nicht, dass er der Vater ihres zweiten Enkelkinds werden wird.«
»Oha!«, machte ich. »Dann wirst du bestimmt enterbt!«
»Kann sein!«, lachte meine Mutter. »Wir werden sehen!«
Wir blieben den ganzen Nachmittag zusammen in der Küche sitzen. Ich wusste nicht, ob ich jemals mit meiner Mutter so ein gutes Gespräch geführt hatte. Sie hatte eine Seite von sich offenbart, die mir völlig fremd war und die ich sehr mochte. Mir wurde bewusst, dass meine Mutter mutig war, viel riskierte für ihr Glück. Das bewunderte ich plötzlich. Sie war cool. Sie hatte nicht nur Antalya verlassen, um in Deutschland zu studieren, sie hatte sich hier ganz allein ein eigenes Leben aufgebaut, auch gegen den Widerstand ihrer Eltern. Sie hatte sich von niemandem reinquatschen lassen und nun auch noch so was wie eine bunte Patchworkfamilie gegründet.
Ich sah meine Mutter an. Ihr langes schwarzes Haar lag weich auf ihren Schultern. Sie war ungeschminkt und strahlte eine Schönheit und Kraft aus, von der ich mir wünschte, sie geerbt zu haben. Ich liebte den sanften dunklen Blick unter ihren dichten Wimpern, mit dem sie mich nun betrachtete. Wir sprachen auch über Merrie und ihren verrückten Hexenglauben, über Ken und seine Polizeiaktion, über fast alles. Dass ich in ihn verliebt war, sagte ich zwar nicht, war aber auch nicht nötig. Nicht heute. Ich war froh, dass es mich hierhergezogen hatte, dass ich nicht zu meinem Vater gefahren war. Und ich war
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