Heartbreak-Family – Als meine heimliche Liebe bei uns einzog (German Edition)
auf ein Frühstücksbrettchen.
Misstrauisch besah ich die Gurke. »Was ist da dran?«
»Ähm, nichts.«
»Zeig mal.«
»Ach Jannah, jetzt lass doch.« Warum war meine Mutter so komisch? Warum stellte sie das Gurkenglas so hastig in den Kühlschrank? Warum schraubte sie so eilig die Schokocreme zu? Weil sie saure Gurken mit Schokocreme aß? Saure Gurke? Und? Schokocreme? Na, Jannah, lange Leitung? Es dauerte einen Moment. Ich verstand nicht gleich, was los war.
Doch dann krachte die Erkenntnis über mich herein wie eine Flutwelle. Ihre morgendliche Übelkeit, ihre angegriffene Gesundheit und jetzt saure Gurken mit Schokolade.
»Bitte sag, dass das nicht wahr ist!«, stöhnte ich. »Bitte, bitte, bitte nicht, Anne!«
Meine Mutter nickte scheu. »Doch.«
»Ich glaube das nicht! Du bist viel zu alt dafür!«, schimpfte ich. »Das geht gar nicht! Du kannst kein Baby kriegen!«
»Doch.«
»Anne …!«
Ich brach ab, als ich meiner Mutter ins Gesicht sah. Sie war glücklich. Schämte sich ein bisschen vor mir, aber sie war glücklich. Ihre dunklen Augen funkelten vor Freude. Jedes weitere Wort war überflüssig. Meine Mutter würde von Sepp ein Kind bekommen.
Ich musste mich erst mal setzen. So wie ich war, in Jacke, Schal und Stiefeln. Meine Mutter kochte Tee und wärmte ein Börek auf, doch ich würde keinen Bissen runterkriegen. Ich schenkte uns beiden die kleinen Gläser voll.
»Weiß es Sebastian schon?«, fragte ich.
»Ja, seit heute Morgen.« Meine Mutter rührte Zucker in ihren Tee.
»Und?«
»Er findet es schön«, lächelte sie vorsichtig. »Sehr sogar.«
»Und wie soll das dann alles werden?«, fragte ich. »Wir haben dafür doch nicht mal ein Zimmer.«
Das »dafür« überhörte meine Mutter. »Das sehen wir dann, Güzelim«, sagte sie. »Es wird sich schon alles fügen, wenn es so weit ist.«
»Aber …«, begann ich gequält. »Muss das denn sein? Es ist doch echt genug Stress bei uns. Jetzt wird das alles noch schlimmer!«
»Kismet!«, seufzte meine Mutter und zuckte die Schultern. »Das ist einfach Kismet. Dagegen kann man nichts machen!«
»Kismet!«, schnaufte ich verächtlich. »Als ob! Verhüten wäre ’ne Maßnahme gewesen!«
»Jannah!« Jetzt wurde meine Mutter energisch. »Dieses kleine Wesen will zu uns. Ich habe es mir gewünscht, und jetzt ist es auf dem Weg. Ich werde es nicht zurückschicken, nur weil meine Tochter keine Geschwister will, hast du mich verstanden?«
Sie stand auf, nahm das duftende Börek aus dem Ofen und schnitt es in vier Teile. »Möchtest du?«
»Nee danke«, sagte ich. »Mir ist schon schlecht!«
Dann saßen wir schweigend da. Ich rührte in meinem Tee, meine Mutter biss von ihrem Börek ab. Sie sah anders aus, hübscher als in der letzten Zeit. Ihre Haut wirkte glatt und frisch, und sie hatte kaum Falten.
Natürlich war an ihrem Bauch noch nichts zu sehen, aber das würde sich bald ändern. Bald würde die Kugel in ihr wachsen. Eine Kugel, in der ein kleiner Mensch saß. Ein winzig kleiner. Und dieser Winzling würde zu uns gehören, einfach so. Er würde direkt in unsere Familie hineinwachsen, die ohne ihn gar keine war. Er würde aus uns eine Familie machen. Er würde meine Mutter mit Sepp verbinden, Merrie mit meiner Mutter, mich mit Sepp, Merrie und mich, meine Mutter und Ken und natürlich auch Ken und mich. Und das für immer und ewig. Für immer und ewig verbunden. Ärgerte mich das wirklich? War das so schlimm?
Ein kleiner brauner Junge mit widerspenstigen Locken und großen dunklen Augen sah mich aus der Ferne an. Ernst und prüfend. Croc. Er hieß Croc und war Gelbgrün.
»Hast du ihn dir wirklich gewünscht?«, fragte ich. Natürlich würde meine Mutter einen Jungen kriegen, völlig klar. Das wusste sie genauso wie ich.
»Ja«, sagte sie. »Das habe ich schon sehr lange.«
»Und wieso …?«
»Weil dein Vater kein Kind mehr wollte.«
»Wirklich?«
Meine Mutter nickte, und mir kam ein ganz blöder Gedanke.
»Hat er … hat er mich auch nicht gewollt?«
»Dein Vater liebt dich über alles, Jannah!«
»Das habe ich nicht gefragt.« Ich beobachtete sie, und sie wich meinem Blick aus. »Hat er mich gewollt?«
»Anfangs war er nicht so begeistert, wie ich es mir gewünscht hätte«, sagte meine Mutter. »Aber ich konnte ihn auch verstehen. Wir haben ja beide noch studiert und nur wenig Geld gehabt, er hatte einfach Angst, weißt du.«
»Na toll!«, sagte ich leise.
»Jetzt bausch das nicht auf, Jannah!«, sagte meine Mutter.
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