Heartbreaker - Chartbreaker
teuflisches Lächeln. »Wenn du ihn wirklich so liebst, warum zeigst du es dann nicht in aller Öffentlichkeit?«
Ich hätte Sharon noch mit allem Möglichen gedroht, aber James schnappte mich kurz entschlossen und trug mich einfach fort. »Lass mich runter!«, rief ich und zappelte wild mit den Füßen, aber er ging weiter, bis wir um die Ecke waren.
Weit weg von Sharon. Erst dann stellte er mich wieder auf dem Boden ab.
»Was sollte das denn, verdammt?«, zischte ich. »Geht’s dir noch gut?«
»Genau das könnte ich dich auch fragen!«, fuhr er mich an. Es war das erste Mal, dass er so sauer war, und wir standen beide wütend voreinander und starrten uns an.
»Du hast mit Sharon Eggleston geredet!«, sagte ich schließlich.
»Und daraus leitest du sofort ab, dass ich dich mit ihr betrüge? Mit der bescheuerten Sharon Eggleston?«
Ich sagte eine Weile nichts. »Nein, es ist nur … sie ist … sie ist wirklich intrigant und gefährlich … Sie hat damals versucht, mir Evan wegzuschnappen, als es zwischen uns gerade anfing, und -«
»Nur damit du’s weißt«, sagte James, »ich bin nicht Evan.« Sein Gesicht wirkte plötzlich verkrampft, und ich konnte in seinen Augen sehen, wie verletzt er war. »Falls du es an den fünftausend Unterschieden zwischen mir und ihm noch nicht gemerkt haben solltest, dann stell ich es jetzt hier noch mal klar: Ich bin nicht Evan, und ich habe nicht vor, mich freiwillig mit Sharon Eggleston zu treffen.«
»Warum seid ihr dann gerade so nahe beieinander gestanden? Und warum hast du nervös gelächelt?« Ich konnte nicht so schnell lockerlassen.
»Meine Güte, weil sie mich nervös gemacht hat!«, rief er. »Ich war bei meinem Schließfach und hab mich rumgedreht und da stand sie plötzlich! Was hätte ich denn tun sollen? Sie ist ein Mädchen - ich kann sie nicht so anfahren und ihr gleich eine reinhauen wie du! Kapierst du den Unterschied?«
Es ist schwer, auf Augenhöhe mit jemand zu streiten, der ungefähr dreißig Zentimeter größer ist als man selbst. »Ich hab ihr keine reingehauen!«, rief ich. »Du hast mich weggeschleppt, bevor ich das tun konnte!«
»Ja, und dafür solltest du mir dankbar sein! Oh Mann, ihr
Mädchen immer mit eurem verdammten Drama ! Wahrscheinlich telefoniert Sharon in dieser Sekunde schon mit irgendeinem Journalisten. Das ist doch genau das, was sie wollte!« James zog sich den Schulterriemen seiner Tasche über den Kopf und fuhr dann mit der Hand durch seine zerzausten Haare. Seine Haare waren immer zerzaust. Das mochte ich sehr. Sharon hätte ihn über kurz oder lang bestimmt dazu gebracht, seine Haare immer ordentlich zu kämmen. So ein Typ Mädchen ist sie.
»Okay«, sagte er. »Ich muss jetzt los. Ich komm sowieso schon zu spät. Können wir später weiter darüber reden?«
Ich nickte. »Ja. Geh nur. Klar.«
»Wir telefonieren.«
»Ja, okay.«
»Okay. Dann bis dann.«
Ich sah ihm nach, wie er durch die Eingangshalle davonging, seine Kuriertasche schlenkerte bei jedem Schritt gegen seine Beine. Das Parfüm von Sharon Eggleston lag immer noch in der Luft, zumindest bildete ich mir ein, es zu riechen.
Als ich wieder im Vorzimmer des Direktors war, durchwühlte ich manisch den Korb mit den Süßigkeiten, der auf dem Tisch neben dem Eingang stand, und fand noch drei Zuckerstangen. Dann setzte ich mich auf meinen Platz und lutschte vor mich hin. Wahrscheinlich hatte James recht und Sharon würde sofort nach der Schule die Nachricht von dem Streit zwischen uns an einen Reporter verkaufen, meistbietend natürlich. Und mir war klar, dass James auch in einem anderen Punkt nur allzu recht hatte: Für Sharon hatte alles wie am Schnürchen geklappt, ich war auf ihr fieses Spiel total reingefallen.
Neben Connies Schreibtisch stand ein kleiner Weihnachtsbaum und ich saß den ganzen Nachmittag da und starrte ihn an. Meine Augen füllten sich immer wieder mit Tränen. Ich fühlte mich wie eine der dünnwandigen, zarten, zerbrechlichen Kugeln, die an ihm baumelten. Nur ein dünner Silberfaden bewahrte mich davor, am Boden in tausend Stücke zu zerspringen.
32
There are in your angles...
The Decemberists, »Of Angels and Angles«
Sobald ich zu Hause war, rief ich James an. »Kannst du bei mir vorbeikommen?«, fragte ich, nachdem er abgehoben hatte. Es war ein gutes Zeichen, dass er rangegangen war, obwohl er ja erkennen konnte, wer es war. Nämlich ich. »Meinst du, das wäre möglich?«
»Pierce muss heute arbeiten.« James klang nicht
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