Heartbreaker - Chartbreaker
gewonnen?«
Sie lächelte. »Erinnerst du dich an die Sache mit der Reality-Show?«
Ich begann sofort, in den Büschen und Bäumen nach versteckten Kameras zu suchen. »Wenn sie uns jetzt filmen, Victoria, das schwör ich dir, dann -«
»Entspann dich, Miss Misstrauen. Keiner filmt hier. Aber ich hab denen gesagt, dass du immer noch nicht weißt, ob du in der Show mitmachen willst oder nicht, und sie waren der Meinung, dass sie da vielleicht ein bisschen nachhelfen könnten.« Sie strich mit der Hand über den roten Ledersitz. »Nette Idee, oder? Wir sollen damit eigentlich rumfahren, um ›mögliche Drehorte‹ ausfindig zu machen, aber egal.«
»Sie haben uns einen BMW zur Verfügung gestellt?«
»Du glaubst ja gar nicht, Audrey, was Promis alles so zugeschickt bekommen.«
»Das ist Bestechung.«
»Nein, das ist Amerika. Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Und jetzt zieh dich schnell um, sonst verpassen wir noch die ersten Bands.«
»Ich komm nicht mit, das hab ich doch schon tausendmal gesagt.«
Victoria hielt ihren MP3-Player hoch. »Willst du vielleicht mal das Soundsystem in dem Auto testen?«
Ich biss mir auf die Unterlippe. »Ja, aber trotzdem nein.«
Sie drehte sofort auf und die Gitarrenläufe eines meiner absoluten Lieblingslieder klangen glasklar aus den Boxen. »Your lipstick, his collar, don’t bother, Angel! I know exactly what goes on!«
Victoria wusste, wie sehr ich Taking Back Sunday mochte und dass ich »Cute Without the ›E‹« vergangenen Sommer drei Tage lang ununterbrochen gehört hatte.
»Das ist nicht fair«, sagte ich. »Du verwendest eines meiner Lieblingslieder als Waffe gegen mich. So was macht man nicht.«
Victoria lächelte nur und drehte noch weiter auf.
»When everything you’ll get is everything you’ve wanted, princess!«
Es war der Wahnsinn, die Anlage in dem BMW war direkt vom Himmel geschickt. Ich spürte, wie meine Abwehrkräfte mit jedem Ton schwächer wurden.
»Fünf Minuten«, sagte Victoria. »Zieh dir was Ordentliches an. Und keine Papiertüte, bitte!«
Meine Eltern waren an dem Nachmittag nicht zu Hause, deshalb gab es auch keine Diskussionen mit ihnen. Ich brauchte nur vier Minuten, um eine halbwegs saubere Jeans, ein weißes Tanktop und eine dunkelgrüne Strickjacke anzuziehen, die an den Bündchen schon so fadenscheinig war, dass ich meine Daumen durch die Löcher stecken konnte. »Ganz Kurt Cobain bei MTV Unplugged«, sagte Victoria anerkennend, als ich ins Auto stieg. »Gefällt mir.«
»Halt die Klappe, dreh die Musik auf«, erwiderte ich. »Ich kann es nicht fassen, dass ich wirklich mitkomme.«
»Halt die Klappe, dreh die Musik auf«, wiederholte sie. »Und los.«
30
The center of the earth is the end of the world...
Green Day, »Jesus of Suburbia«
Ich war so begeistert von dem Auto, dass ich vorübergehend unter Amnesie litt und vergaß, dass wir zu einem Konzert fuhren, bei dem ich garantiert wieder erkannt und belagert werden würde. Aber als Victoria dann vom Highway 101 den Wegweisern zur Arena und zum Parkplatz folgte und als wir schließlich aus dem Auto stiegen, waren meine Knie windelweich. »Victoria?«, sagte ich, aber sie war viel zu sehr damit beschäftigt herauszufinden, wo der Abholschalter für unsere Tickets war, also trottete ich ihr einfach hinterher, weil ich nicht allein herumstehen wollte.
Allein war ich allerdings keineswegs - eine Gruppe von Leuten, die mich unverhohlen musterten, stand in meiner Nähe. Victoria bekam unsere Backstage-Pässe ausgehändigt, ich hängte mir meinen um den Hals und fingerte nervös daran herum.
»Komm mit«, sagte sie und zog mich weiter. »Lass uns mal gucken, ob es irgendwo was zu essen gibt.«
»Wenn ich jetzt was esse, muss ich es sowieso gleich wieder auskotzen«, sagte ich.
»Jetzt übertreib nicht so«, antwortete sie. »Du warst schon mal backstage. Du bist ein richtiger Profi.«
Im Backstage-Bereich war es heiß, überfüllt und eng, obwohl die Räume riesig waren. Es drängten sich dort ungefähr eine Million Leute, und ich entdeckte lauter Gesichter von Musikern, die ich bei mir zu Hause an der Wand über dem Bett hängen hatte. Victoria versuchte, ganz auf cool zu machen, aber natürlich war sie genauso aufgeregt wie ich. Alle naselang drehte sie sich zu mir um und grinste mich an.
»Hey, und wir sind auch hier!«, flüsterte sie mir einmal ins Ohr.
»Glaubst du, Evan treibt sich auch schon irgendwo rum?«, fragte ich.
»Weiß nicht. Mann, das ist
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