Heartbreaker - Chartbreaker
Gate zur Ankunftshalle zu kommen, mussten wir uns von Sicherheitsleuten begleiten lassen. Überall deuteten die Menschen auf mich und flüsterten: »Das ist sie, das ist sie!« Meine Mutter hätte am liebsten wieder irgendwas über meinen Kopf geworfen, wie sie das auch bei RPM Records gemacht hatte, das spürte ich ganz deutlich. Aber sie riss sich zusammen. Wenn sie nicht dabei gewesen wäre, hätten mich die Leute von MTV nach der Sendung wahrscheinlich in eine fensterlose Kammer gesperrt. Nachdem ich aus dem Studio marschiert war, hat sie mich sofort geschnappt, in einen Aufzug gezogen und danach in ein Taxi zum Flughafen bugsiert. »Und was ist mit unserem Gepäck?«, fragte ich. Die Angst und die Aufregung, die ich vor meinem Auftritt so gut verdrängt hatte, brachen mit einem Mal durch, und mir war plötzlich so schlecht, dass ich glaubte, jeden Augenblick kotzen
zu müssen. Meine Hände hörten gar nicht mehr auf zu zittern.
»Das sollen sie uns nachschicken«, sagte Mom.
Am Flughafen ging sie schnurstracks zum Schalter der Fluggesellschaft, um unsere Tickets umzubuchen. Wir wollten mit dem nächstbesten Flug zurück nach Kalifornien. Zuerst hat sich die Gesellschaft geweigert, aber als sie kapierten, wer ich war, kriegten wir nicht nur sofort neue Tickets, sondern wurden nach einem Super-Express-Check-in auch noch zum Gate begleitet. Im Flugzeug hat meine Mutter dann Rotwein geordert und sich ein paarmal nachschenken lassen, obwohl sie sonst fast nie Wein trinkt. Sie war schnell beschwipst, kicherte in einem fort, blickte mich kopfschüttelnd an und sagte immer wieder: »Meine Tochter, meine Tochter.«
In der Ankunftshalle des Flughafens von Los Angeles bot sich mir dann folgendes Bild: Ich sah meinen Vater, der mit Leuten vom Sicherheitsdienst diskutierte. Fotografen, die ihre Kameras im Anschlag hatten, um sofort abdrücken zu können. Neben meinem Vater eine zierliche Gestalt, die Arme verschränkt, ungeduldig mit dem Fuß auf den Boden tippend; ihr herausgewachsener falscher Irokese wippte ungeduldig mit.
Und den Hinterkopf von James.
Er hatte die Kapuze seines Pullis übergezogen und nur ein paar rote Haare blitzten hervor. Zuerst fürchtete ich, er wäre es gar nicht. Aber als dann meine Mutter sagte: »Ist das nicht James?«, löste ich mich aus dem Menschenknäuel um mich herum, flitzte die Rolltreppe runter, rannte an den Sicherheitsleuten und den Kameras vorbei und warf mich ihm in die Arme. Ihr habt die Bilder ja gesehen, er ist so groß, dass ich wie ein Kapuzineräffchen an ihm hing, das war natürlich für die Fotografen ein gefundenes Fressen.
Und dann fing ich an zu heulen. »Es tut mir leid! Es tut mir so leid, es tut mir so leid, ich liebe dich, es tut mir so leid!«, stammelte ich immer wieder.
James umarmte mich ganz fest, und obwohl er bis heute
schwört, es sei nicht so gewesen, weiß ich, dass er auch heulte. Auf den Fotos sind seine Augen jedenfalls ganz rot und verquollen. »Jetzt hör endlich auf!«, sagte er dann, während er mich ein Stück fortzog. »Ich kann dich nicht küssen, wenn du dich dauernd entschuldigst!«
Und da hörte ich natürlich zu reden auf, damit er mich küssen konnte.
Danach fielen Victoria und ich uns weinend in die Arme, und alles wurde noch ein viel größeres Chaos, wir lachten und heulten und redeten wild durcheinander, alles gleichzeitig, und erzählten uns gegenseitig, was für schrecklich böse Freundinnen wir seien. »Es ist ein fürchterliches Video!«, sagte Victoria in einem fort. »Ein fürchterliches Video! Ich hab das nur gesagt, um dich zu ärgern!«
»Ich weiß, ich weiß!«, sagte ich, als ich sie zum x-ten Mal umarmte. »Wollen wir das mit dem Streiten nicht einfach lassen? Ich fühl mich so einsam ohne dich!«
»Ich hasse es, mich mit dir zu streiten! Lass uns nie mehr miteinander streiten!«
»Nie mehr!«
»Du warst großartig!«
»Victoria«, sagte ich, »wart erst mal ab, was ich dir alles zu erzählen habe.«
Ja, und das war’s dann mit meiner Geschichte. Victoria und ich haben uns wieder richtig vertragen. (Was anderes wäre auch undenkbar. Also bitte! Sie ist wie eine Schwester für mich. Ich kann sie gar nicht loswerden, selbst wenn ich das versuchte.) Sie hat den BMW zurückgegeben. Aber vorher haben wir noch zu viert eine kleine Spritztour gemacht, Victoria, ich, Jonah und James, die mit nächtlichen Fastfood-Orgien am Drive-thru-Schalter des In-N-Out und von Del Taco endete. Es war einfach sagenhaft.
James und
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