Heartbreaker - Chartbreaker
nicht auch?
Ich brauche also nicht mehr groß zu erläutern, dass ich in einer ziemlich beschissenen Stimmung war, als ich nach Hause kam. Ich musste tatsächlich dieses blöde Spanisch-Referat vorbereiten und hatte tatsächlich noch nichts dafür getan. Es läuft immer wieder darauf raus, dass ich alles bis zur letzten Minute aufschiebe, und auch jetzt hatte ich eigentlich Besseres zu tun, nämlich (1) mir die CD von James anhören und (2) im Fanforum von Evan nachschauen, was absolut fremde Menschen über mich dachten. Außerdem hatte ich gerüchteweise gehört, dass die Do-Gooders ein Video drehen wollten, und auch wenn ich mich dafür hasste, wollte ich unbedingt wissen, was sie vorhatten und ob ich in irgendeiner Weise in die Sache verwickelt war.
Meine Hoffnungen, diese Neugier bald befriedigen zu können, zerschlugen sich jedoch, als ich in unsere Auffahrt einbog und beide Autos meiner Eltern vor der Garage parken sah. Das ist sonst nur an Wochenenden der Fall, deshalb gingen mir sofort alle möglichen und unmöglichen Gedanken durch den Kopf:
Ohmeingott, wir haben im Lotto gewonnen. Nun sind aber meine Eltern noch nie nach Las Vegas gefahren und erst recht nicht füllen sie jede Woche einen Lottoschein aus, deshalb weiß
ich nicht, wie ich überhaupt auf diesen Gedanken gekommen bin. Muss wohl Optimismus oder Habgier gewesen sein.
Als Nächstes dachte ich: Ohmeingott, Bendomolena hat jetzt tatsächlich den Postboten gebissen. Jeder weitere Kommentar erübrigt sich.
Dann: Ohmeingott, es ist jemand gestorben.
Bis ich schließlich in der Küche war, stand ich vor einer mittleren Panikattacke.
»Ohmeingottweristgestorben?«, rief ich atemlos und hielt mich am Küchentisch fest.
»Jemand ist gestorben?«, fragte Dad. Mom und er standen nebeneinander vor einem Packen Zeitungen. Der L.A. Weekly , um genau zu sein. Vierzehn Exemplare derselben Ausgabe.
Oh. Oh. Oh, so ein Mist.
»Nein, es ist niemand gestorben«, sagte Mom. »Aber hast du vielleicht einer Reporterin ein Interview gegeben?«
»Ähm, vielleicht?«
»Kleiner Hinweis«, fuhr Dad fort. »Es gibt auf diese Frage nur eine richtige Antwort und die lautet nicht ›vielleicht‹.«
Ich setzte meine Schultasche bedächtig auf dem Fußboden ab, wie es jede brave und unschuldige Tochter tun würde. »Ach, das war nur ein kurzes Gespräch mit so einer Frau, die gesagt hat, dass sie eine Geschichte über Bands schreiben will«, sagte ich und bemühte mich, es so klingen zu lassen, als wäre das völlig normal. Etwas, das man so regelmäßig macht wie eine Maniküre. »Sie hatte nur ein paar Fragen.«
Mein Vater zog eine Augenbraue hoch, dann griff er nach einer der Zeitungen. »Ähm«, räusperte er sich und las dann laut vor: »›Aber Audrey kann auch etwas Gutes daran sehen, dass ihr seit der Veröffentlichung des Songs ihres Ex-Freundes von allen Seiten so viel Aufmerksamkeit entgegengebracht wird.‹ - ›Das Beste daran?‹, fragt sie kichernd zurück. ›Mehr Sex!‹« Er ließ die Zeitung sinken. »Ich kann es nicht fassen, dass ich das wirklich gerade in der Zeitung gelesen habe.«
Ratet mal, wo ich meine ironische Ader wohl herhabe.
»Und ich kann es nicht fassen, dass du das wirklich gesagt hast!«, rief meine Mutter und deutete dabei auf mich. »Was hast du dir bloß dabei gedacht?«
»Ich hab das im Spaß gesagt!«, brüllte ich. »Mein Gott, das war ironisch gemeint! Sie hat das doch nicht wirklich so geschrieben?« Ich schnappte mir selbst eine Zeitung, blätterte hektisch zu dem Artikel und überflog ihn. »Wir haben uns über Evans Lied unterhalten … und ich hab ihr auf ihre Frage eine blöde, ironische Antwort gegeben und …« Ich redete nicht weiter, weil ich ganz in den nächsten Absatz des Artikels vertieft war:
Mit »Audrey, wait!« liefern die Do-Gooders ein mehr als dreiminütiges Stück besten Pop, ein Lied so zuckersüß, dass es einem wie ein Karamellbonbon an den Zähnen klebt, während man mitträllert. Ein Lied für Teenager, von Teenagern geschrieben. Aber wer fühlt sich dabei nicht an die erste große Liebe erinnert, die erste große Enttäuschung? Welcher Junge denkt dabei nicht an das Mädchen, das ihn gekränkt und tief verletzt und verlassen hat? Und dieses Mädchen? Wie geht es dem Mädchen? »Supergroßartig!«, kräht vergnügt die sechzehnjährige Audrey, Titelheldin des nächsten riesengroßen Hits in unseren Charts. »Ich finde es nicht schlimm, wenn alle Welt über mein Liebesleben Bescheid
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