Heartbreaker - Chartbreaker
die die Pressearbeit macht. Sie weiß vielleicht, was wir tun sollen.«
»Wen meinst du denn?«, fragte Dad.
»Pressearbeit?«, fragte ich im selben Augenblick.
»Na, du kennst doch Evelyn!«
Jetzt war es an mir, ungläubig zu blinzeln. »Evelyn? Aus dem Seniorenzentrum?«, sagte ich. »Sie arbeitet für den Freizeitboten , in dem lauter Artikel über Garten- und Heimwerkerarbeiten stehen und außerdem noch die Sonderangebote der Woche. Das nennst du ›Pressearbeit‹?«
»Du wirst bestimmt der Hit bei den Senioren sein, wenn Evelyn sich für dich einsetzt.« Mein Vater lachte. Ich spürte,
dass ihm diese Vorstellung mehr behagte als mein Status als Ex-Freundin des Sängers einer Band.
»In der Zwischenzeit«, verkündete meine Mutter deutlich genervt, »ist es dir strengstens verboten, mit Journalisten zu reden oder in irgendwelchen Videos aufzutreten oder Autogramme zu geben oder irgendetwas anderes zu tun, was die Reporter dazu veranlassen könnte, bei uns oder bei Oma anzurufen.«
»Darf ich trotzdem mit Victoria nächste Woche auf das Konzert gehen?«
»Welches Konzert?«
»Die Lolitas spielen mit den Plain Janes im Silver Cup in Hollywood. Ihr habt letzten Monat gesagt, dass ich hingehen darf«, antwortete ich hastig. »Die Lolitas werden ganz groß rauskommen, und das ist vielleicht die letzte Gelegenheit, sie noch mal hautnah zu erleben, bevor sie von ihren neuen Möchtegern-Fans in den großen Hallen erdrückt werden.«
»Das ist in Ordnung, geh ruhig hin!«, sagte meine Mutter. »Aber inspirier bloß nicht wieder jemanden zu einem Lied!«
Einen Augenblick herrschte in unserer Küche ein verlegenes Schweigen, was seltsam war, weil sonst bei uns fast andauernd gequatscht wird und wir nichts unausgesprochen lassen, wie ihr ja vielleicht schon mitbekommen habt. Aber dann klingelte das Telefon wieder und ich wollte nur noch eins: allein sein. »Kann ich Victoria jetzt zurückrufen?«, fragte ich, und als Dad nickte, ging ich hoch in mein Zimmer.
Aber ich rief Victoria nicht gleich an. Allerdings nicht, weil ich rausfinden wollte, ob sie das mit dem Kampfgeschwader wahrmachen würde. Ich drehte meine Anlage so laut auf, dass ich das Klingeln des Telefons nicht hören konnte, legte mich aufs Bett und presste den Arm so fest auf die Augen, dass die Welt tiefschwarz wurde. So viele Leute würden den Artikel lesen. Nicht nur meine Eltern und Victoria. Sondern auch Jonah. Sharon Eggleston. Tizzy. Evan. James. Mein Magen
verkrampfte sich und ich drehte mich mitsamt dem Kissen zur Seite.
Nach ein paar Minuten spürte ich, wie etwas an meiner Decke zupfte. Ich setzte mich auf und sah, dass Bendomolena vom Boden zu mir heraufmiaute.
Man kann über meine Katze sagen, was man will. Sie mag dreihundert Pfund wiegen und ein Faultier sein, aber sie weiß, wann ich sie brauche. Deshalb hob ich sie mit einem » Ufff! « (ich) und einem » Miau? « (sie) hoch und legte sie neben mich, sodass wir Nase an Nase waren. Im Radio lief Radiohead, und ich sang »Karma Police« mit, während ich ihr die Ohren kraulte. Bendy ist die Einzige, die es erträgt, wenn ich singe, und ich bin die Einzige, die ihre Ohren kraulen darf, deshalb ist es ein gerechter Tausch. »For a minute there, I lost myself, I lost myself«, sang ich - und dann bohrten sich die Worte in mein Herz, und ich musste aufhören zu singen und schluckte eine Minute lang meine Tränen hinunter und konnte nichts denken und legte meinen Arm über die Augen und ließ alles wieder schwarz werden.
Als die akute Krise vorbei war, leckte Bendomolena mir das Gesicht und ich kämmte zwei Knuddel aus ihrem Fell und atmete tief durch, griff nach dem Telefon und rief Victoria an.
»Hallo«, sagte ich, nachdem sie sich gemeldet hatte. »Ruf dein Geschwader zurück. Ich lebe noch.«
8
I’m falling apart to songs about hips and hearts...
Fall Out Boy, songs »Get Busy Living or Get Busy Dying (Do Your part to Save the scene and stop Going to Shows)«
Und jetzt erzähle ich euch was wirklich Seltsames über die Medien: Deine Geschichte kann nicht nur über die Agenturen an Dutzende verschiedener Zeitungen verkauft werden, nein, man kann auch ganze Artikel über dich schreiben, ohne dich um deine Erlaubnis zu fragen oder sich auch nur ein einziges Mal mit dir zu unterhalten. Wie die New York Times zum Beispiel, die in ihrer Samstagsausgabe in der Rubrik Lifestyle einen kompletten Einspalter über mich brachte. Darin wurde ausführlich die Frage diskutiert,
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