Heartless 03 - Lockruf des Herzens
einen knauserigen alten Kauz, der sich nicht um anderer Leute Meinung scherte und noch dazu völlig maßlos war.«
Plötzlich überkam sie ein Gefühl der Trauer. »Vielleicht war er bis zu einem gewissen Maß all das, aber zu mir war er immer außerordentlich großzügig.«
Blackwoods tiefe Stimme wurde scharf. »Um welchen Preis, Miss Whitney?«
Jillian runzelte die glatte Stirn, denn sie wusste nicht, was er damit meinte.
»Sie haben sich um ihn gekümmert, nicht wahr? Haben sich seinen Wünschen gebeugt... welcher Art die auch gewesen sein mochten?«
Vor ihrem inneren Auge erschien sein liebes, vertrautes Gesicht. »Was ich auch für ihn getan haben mag... es war ein geringer Preis, den ich bezahlt habe.«
Blackwoods Miene wirkte unnachgiebig streng, als er sich abwandte und zur Tür ging. »Es sieht so aus, als würden Sie eine Weile bleiben. Sie brauchen etwas zum Anziehen.«
Jillian blickte auf die dunklen Flecken am Saum ihres Kleides, die sie heute Morgen erfolglos versucht hatte auszuwaschen.
»Ich habe eine Freundin, die in etwa Ihre Größe hat«, meinte er. »Ich werde mal sehen, was ich tun kann.«
Eine Freundin, die in etwa ihre Größe hatte. Zweifellos eine seiner Geliebten. Ein so reicher und attraktiver Mann wie der Graf von Blackwood hatte bestimmt zahlreiche Frauen. Das war kein sehr angenehmer Gedanke.
»Was ist mit den Dienstboten? Die Behörden werden nach mir suchen. Bis zum Nachmittag werden Ihre Angestellten alles über den Mord wissen.«
»Ich habe meine Angestellten davon in Kenntnis gesetzt, dass meine Cousine Jane Winslow, die normalerweise auf dem Land lebt, unerwartet eingetroffen sei. Sie sind alle sehr loyal und kennen mein gelegentlich etwas unkonventionelles Verhalten. Niemand wird von der Angelegenheit Notiz nehmen.«
»Da ist noch eine letzte Sache«, sagte sie, als er bereits die Hand nach der Türklinke ausstreckte.
»Und das wäre... ?«
»Ich muss wissen, ob Sie mir wirklich glauben, dass ich den Grafen nicht umgebracht habe.«
Er warf ihr ein grimmiges Lächeln zu. »Wollen wir es mal so ausdrücken - im Moment bin ich für alles offen. Wenn Sie unschuldig sind, wird sich das irgendwie beweisen lassen. Wenn nicht...« In seinen Augen sah sie die Vergeltung, mit der sie rechnen musste, wenn sie ihn angelogen hatte. Sein Ausdruck war so finster, dass es ihr schwer fiel, das Zittern zu unterdrücken, das ihren Körper erfassen wollte. »Aber da Sie mir die Wahrheit gesagt haben, gibt es ja gar keinen Grund, sich Sorgen zu machen.«
Mit diesen Worten öffnete er die Tür und verließ das Zimmer, in dem er sie allein zurückließ.
Jillian sank auf das Brokatsofa, während ihr Blackwoods gut aussehende Gestalt immer noch vor Augen stand. Irgendetwas an ihm ließ ihr Herz regelmäßig schneller schlagen, wenn er erschien. Trotz der Rücksichtslosigkeit, die er ausstrahlte, war er der attraktivste Mann, den sie je kennen gelernt hatte. Und trotzdem traute sie ihm nicht. Er war ein Mitglied des ton und somit Angehöriger der gesellschaftlichen Elite, die sie seit ihrer Ankunft in London gemieden hatte.
Sie konnte eigentlich gar nicht sagen, warum sie sich so zu ihm hingezogen fühlte, und doch stand sie schon tiefer in seiner Schuld, als es ihr recht war. Ihr kam der Gedanke, dass sie sich in noch größere Gefahr gebracht hatte, indem sie die Hilfe des Grafen angenommen hatte, als wenn man sie festgenommen und ins Gefängnis geschafft hätte.
Adam stürmte in den Salon der Queen-Elizabeth-Suite im obersten Stockwerk des Albemarle Hotels.
Die Suite war groß und hell, und von den Fenstern aus schaute man auf einen kleinen Park. Der Salon war in den Farbtönen Pfirsich und Gold gehalten, die Vorhänge wiesen eine etwas dunklere Nuance des Pfirsichtons auf. Diese Farbgestaltung hatte man auch für die Ausstattung des Schlafzimmers am Ende des Korridors übernommen. Adam wusste dies, weil er früher mal drin gewesen war - mehrere Male, um genau zu sein, während er noch bei der Armee gewesen war.
Die Benutzung der Suite war der Gräfin von Melburn, einer sehr alten Freundin, vorbehalten. Nun, eigentlich war sie nicht wirklich alt, korrigierte Adam sich, während er sich noch die üppigen Rundungen und die seidigen blonden Locken in Erinnerung rief, als sie bereits in den Salon trat. Ihm fiel ein, dass sie vor kurzem dreißig geworden und somit ein paar Monate jünger als er war.
»Adam! Ich kann es kaum glauben. Wie schön, dich zu sehen.« Lavendelfarbene
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