Heartless 03 - Lockruf des Herzens
ungeklärt, und so stark sein Glaube an Jillians Unschuld auch sein mochte, wäre es doch nicht das erste Mal, dass er sich irrte.
Seine Schwester und seine Mätresse.
Himmel, in was für einen Schlamassel hatte er sich da hineinmanövriert.
Adam stieß den Atem aus und verdrängte die unerfreulichen Gedanken. Er war entschlossen, seinen eigenen Rat zu beherzigen und den Nachmittag zu genießen.
Ein leichter Wind war aufgekommen, als sie den Weg erreichten, der von den kalkweißen Klippen zum Strand hinunter führte. Es war ein warmer Tag, der Himmel strahlend blau und fast ganz klar, nur ein paar zarte Wolken zogen über ihnen hinweg. An der Stelle, wo sie mit den Pferden den Abstieg begannen, bildete die Küste eine halbmondförmige Bucht, wo schaumige Wellen auf den Strand spülten.
Sie bewältigten den Abstieg ohne Schwierigkeiten und galoppierten durch die sanfte Brandung. Jillian ritt besser, als sie behauptet hatte. Sie war zwar keine geübte Reiterin, doch durchaus in der Lage, sich im Sattel zu halten. Und ganz offensichtlich genoss sie den Ritt, denn sie lachte, als sie ihr Pferd zum Stehen brachte. Ihr schwarzer Zylinder war ihr verwegen zur Seite gerutscht.
»Oh, Adam, das macht so viel Spaß. Danke, dass du mich dazu eingeladen hast.«
Er nickte nur. Sie wirkte auf eine Art unbekümmert, wie er es noch nie bei ihr gesehen hatte, und lächelte mit solcher Warmherzigkeit, dass ihm die Brust eng wurde. Er stellte fest, dass er sie seit ihrer letzten Begegnung am Ententeich nicht mehr so hatte lächeln sehen. Er fragte sich, ob sie vor dem Tod ihres Vaters wohl unbekümmerter gewesen war, bevor sie sich auf eigene Faust durchs Leben schlagen musste.
»Hast du schon Hunger?«, rief sie ihm über das Getöse der Brandung zu.
»Ich bin am Verhungern«, erwiderte er mit ebenso lauter Stimme. Er hatte schon Hunger, aber nicht auf Essen. Jillian strahlte förmlich vor Leben und Energie und wirkte so glücklich, wie er sie noch nie gesehen hatte. Er wollte sie vom Pferd ziehen und sich mit ihr im Sand wälzen. Er wollte ihre Röcke nach oben schieben, seine Hose öffnen und sie nehmen, während die Brandung über sie hinwegspülte und die Möwen über ihren Köpfen kreischten.
»Ich kenne eine Stelle, wo wir essen können«, sagte er, als sie ihr Pferd an seine Seite lenkte. »Mein Bruder Carter und ich sind als Jungen immer dorthingegangen.« Es war ihr geheimer, besonderer Ort gewesen. Er hatte noch nie eine Frau dorthingebracht - hatte es zuvor noch nie gewollt.
Er band die Pferde am Rand der Bucht an und nahm Jillians Hand. Sie kletterten einen schmalen Weg hoch, der zu einer Höhle führte, und er schirmte sie dabei gegen den Wind ab.
Im Innern der Höhle schaute sie sich erstaunt um. »Warum ist es so hell hier drin?«
Er deutete auf eine kaminähnliche Öffnung, durch die man den kristallblauen Himmel erkennen konnte. »In der Decke ist ein Loch. Das Wasser hat diesen Ort über Hunderte von Jahren ausgehöhlt, aber die Flut steigt nur bei sehr starkem Sturm hoch genug, um hier einzudringen.«
»Es riecht nach Salz und Sonnenschein. Das ist der perfekte Ort für ein Picknick. Ach, ich kann mich gar nicht erinnern, wann ich etwas so sehr genossen habe.«
Adam lächelte. Jetzt, als er darüber nachdachte, konnte er es auch nicht. Jillian schlüpfte aus ihren Schuhen und setzte sich auf die Decke, die er unter dem Loch ausgebreitet hatte. Er folgte ihrem Beispiel und zog ebenfalls Stiefel und Strümpfe aus. Himmel, er konnte sich noch nicht einmal an das letzte Mal erinnern, als er barfuß gegangen war. Aber es war ein erstaunlich schönes Gefühl, die Zehen durch den feinen weißen Sand, der den Boden der Höhle bedeckte, zu ziehen.
Jillian half ihm dabei, die Sachen aus dem Korb zu holen: Lammfleischpasteten und Cheshire-Käse; kaltes Huhn und warmes, frisch gebackenes Brot; kandierte Früchte und Kirschtörtchen als Nachtisch. Adam beugte sich nach vorn und griff nicht besonders hungrig nach einer der Pasteten. Doch Jillian begann das Essen mit so großem Appetit in sich hineinzuschaufeln, dass er laut lachen musste.
»Als du sagtest, dass du Hunger hast, meintest du das im Ernst.«
Sie nahm einen Bissen vom kalten Huhn und gab einen schnurrenden Laut von sich. »Es schmeckt einfach köstlich. Glaubst du, das liegt daran, dass wir am Strand essen?«
Er lächelte. Das tat er schon den ganzen Tag. Er hatte sie hergebracht, um sie zu verführen. Jetzt stellte er fest, dass er derjenige war,
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