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Heaven - Stadt der Feen

Heaven - Stadt der Feen

Titel: Heaven - Stadt der Feen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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die Augen. »Wer bist du, Heaven?«
    »Ist das deine Frage?«
    »Sieht so aus.«
    Sie lachte, und als sie das tat, erstrahlte ihr Gesicht in einem Glanz, dass David selbst lachen musste. »Ich bin Heaven«, sagte sie. »Na ja, eigentlich heiße ich Freema.« Sie betonte jeden Namen einzeln. »Freema Mirrlees. Aber mein Vater hat mich immer nur Heaven genannt.« Die Erinnerung flackerte in ihren dunklen Augen auf wie etwas, das sie sorgsam dort hütete. »Ich besuche das Chelsea Independent College in der Fulham Road und führe ein stinknormalesLeben. Da gibt es nicht viel zu erzählen, ehrlich. Ich lebe ein Leben wie Tausende andere auch.«
    »Was sagt dein Freund dazu, wenn du dich nachts auf den Dächern der Stadt herumtreibst?«
    Sie blieb stehen und musterte ihn. »Was sagt deine Freundin dazu, wenn du über die Dächer rennst, um seltsamen älteren Herren Bücher zu bringen?«
    Er zog die Augenbrauen hoch.
    »Das sieht lustig aus«, kommentierte sie.
    »Was?«
    »Deine Augenbrauen.«
    »Sie sind lustig?«
    Schnelles Nicken. »Sie sind so . . . schmal und dünn.« Sie wackelte ein wenig mit dem Kopf und ihre Frisur hüpfte, als hätte sie ein Eigenleben. »Wie du.«
    »Wie ich?« Er wusste, dass er ein wenig beleidigt klang.
    Wieder schnelles Nicken. »Es steht dir.«
    »Na, danke.«
    »Und die Koteletten.«
    Er grinste. »Toll.«
    »Ich mag deine Schuhe.«
    »Noch mal danke.«
    Sie wurde wieder ernst. Sie bogen in die Charing Cross Road ein. Ihre Schritte waren wie Katzenpfoten auf dem Kopfsteinpflaster.
    »Sie haben eben im Krankenhaus wirklich kein Herz bei dir gefunden, nicht wahr?« Einmal ausgesprochen, fielen die Worte in die Stille wie Bomben.
    Heaven nickte. »Ja, sieht so aus.«
    »Aber du läufst hier neben mir her.«
    »Kann ich nicht leugnen.«
    »Und was bedeutet das?«
    Sie zuckte die Achseln. »Keine Ahnung.«
    »Vielleicht war der Arzt eine Niete.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Glaub ich nicht. Ich hab so viele Untersuchungen hinter mir, ich kann das beurteilen.«
    Er schaute sie fragend an.
    »Als Kind dachten sie immer, dass ich einen Herzfehler hätte. Ich musste einmal im Jahr zur Untersuchung. Aber sie haben nie etwas gefunden.« Sie lachte bitter auf. »Ironie des Schicksals. Jetzt hätten sie den Fehler, den sie immer gesucht haben, oder?«
    David dachte an die beiden Verfolger, die sich als Gesundheitsbeamte ausgegeben hatten. »Vielleicht solltest du überhaupt nicht mehr nach Hause gehen«, sagte er langsam. »Auch morgen nicht.«
    Der Gedanke behagte ihr ganz und gar nicht. »Zum Hausboot kann ich bestimmt. Wo genau das liegt, weiß niemand. Nicht einmal die Leute in Richmond.« Die Art, wie sie das sagte, klang seltsam. Sie sagte nicht Familie und auch nicht Verwandte, sondern Leute.
    David fragte sich, wie ihr Leben in Richmond und auf dem Hausboot wohl aussah. »Vielleicht solltest du dich dort trotzdem nicht blicken lassen. Ich habe ein mieses Gefühl dabei.«
    »Glaubst du wirklich, dass sie mir dort auflauern?«
    »Hey, diese Kerle haben sogar die U-Bahn angehalten. Die sind doch völlig irre. Skrupellos.« Er pfiff durch die Zähne. »Ich habe wirklich ein ganz, ganz mieses Gefühl dabei.«
    »Sagtest du schon.«
    »Dann sag ich es eben noch mal.«
    Sie erwiderte nichts darauf. Erst nach einer Weile murmelte sie: »Ich hätte gedacht, du fragst, warum ich auf einem Boot lebe.«
    »Du wirst es mir erzählen, wenn du willst.«
    Sie lächelte. »Dann frag mich was anderes.«
    Er musste nicht lange überlegen. »Bist du von zu Hause abgehauen?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nicht direkt.«
    »Was heißt das denn?«
    »Ich musste nur für eine Weile weg von dort. Es ist so groß. Erdrückend. Herrschaftlich.« Sie seufzte. »Es steht in der Twickenham Road.« Ganz offenbar sprach sie nicht gerne über ihr Zuhause. »Genau genommen findest du es zwischen Richmond Green und dem Old Deer Park.«
    David kannte die Gegend, manchmal war er dort. Es gab einige reiche Kunden in dieser Ecke der Stadt.
    »Wer kümmert sich um dich?«
    »Da gibt es meinen Vormund, Mr Sims, der ehemalige Geschäftspartner meines Vaters.«
    »Und der wohnt bei dir?«
    Sie musste lachen. »Gott, nein! Ich weiß gar nicht, ob der überhaupt irgendwo wohnt außer in der Firma. Ich sehe ihn zweimal im Jahr, wenn er versucht, mir die Bilanzberichte nahezubringen. Er ist überzeugt davon, das interessiert mich.« Für einen Moment wirkte sie wie ein ganz normales Mädchen, das sich lustig machte. »Der Arme, er ist auf

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