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Heaven - Stadt der Feen

Heaven - Stadt der Feen

Titel: Heaven - Stadt der Feen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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Und das hatte David vor. Allein der Gedanke an den Weg über die Dächer, an den weiten Blick ohne Wände um ihn herum, ließ David innerlich aufatmen.
    Er betrat ein Haus in der Judd Street. Es war ein riesiges Gebäude, in dem sich Büros und Wohnungen gleichermaßen befanden. Es gab mehrere Wege, um auf die Dächer zu gelangen. Am einfachsten waren die Häuser, deren Türen offen standen. Das waren meistens alte Bürogebäude ohne Hightech-Sicherheitsdienst oder Häuser mit kleineren Geschäften. Dort gab es immer eine unverschlossene Tür, durch die man in ein Treppenhaus konnte. War dies nicht der Fall, musste man einfach bei mehreren Wohnparteien klingeln, und zwar so lange, bis jemand öffnete. Und es gab immer jemanden, der öffnete. Für den Fall, dass nichts von alldem passierte, hatte David immer ein passendes Set an Dietrichen dabei, die wie kleine Taschenmesser an seinem Schlüsselbund baumelten. Am Anfang, als er noch neu auf den Dächern von London gewesen war, hatte es ihn verwundert, wie wenig es die Menschen doch kümmerte, einem Fremden im Treppenhaus zu begegnen. Nur selten wurde er gefragt, wer er sei und wohin er wolle. Die meisten Menschen nickten ihm im Vorbeigehen zu und das wardann auch schon alles. Er lief die Treppen hinauf und musste dann nur noch den Weg zum Dachboden oder ein Fenster oder einen Balkon finden. Irgendetwas, das ihn auf die Dächer brachte.
    Das Haus in der Judd Street stellte kein Hindernis dar. Zweimal klingeln, sofort wurde geöffnet. Niemand kümmerte sich um ihn. Oben im Treppenhaus entdeckte er ein Fenster und schon war er draußen auf dem Dach.
    David genoss den Weg von der Euston Street bis zum Fitzroy Square in vollen Zügen. Er ging mit schnellen Schritten voran, blieb aber vorsichtig. Es gab zu viele Rinnsale, auf einigen von ihnen lag sogar eine dünne Eisschicht.
    Die Übergänge von einem Haus zum nächsten waren meist der heikelste Punkt. Manchmal musste man springen. Oder aber es gab versteckte Stäbe, die von den Kaminkehrern dort hinterlassen worden waren und mit deren Hilfe man mühelos auch größere Abgründe überwinden konnte.
    Ab und zu schaute David nach unten und es kam ihm so vor, als ob er auf eine fremde Postkarte blickte von einem Ort, den er noch nie besucht hatte. Eine Stadt, in der alles anders wurde, nur weil das eigene Leben dabei war, sich von Grund auf zu verändern.
    Dann setzte er sich wieder in Bewegung und rannte auf den Zinnen entlang, balancierte über Regenrinnen, benutzte Mauervorsprünge und Erker, bis er gegenüber den leuchtenden Schein des alten Pubs sah, in dem Heaven auf ihn wartete.
    Fitzroy Tavern.
    Warmes Licht schimmerte in den Fenstern und beleuchtete die klassische alte Holzverkleidung, als glühe dort eineSeele, die aus den Geschichten der früheren und heutigen Besucher geboren worden war.
    David machte sich an den Abstieg, benutzte eine schmale Treppe, einen Ast, den Rest einer Feuertreppe. Leichtfüßig sprang er auf die Straße und fühlte sich gerüstet für alles, was da noch auf ihn zukommen mochte.
    Mit schnellen Schritten überquerte er die Kreuzung. Er kannte diesen Platz, war schon mehrere Male hier vorbeigelaufen.
    Die Fitzroy Tavern in der Charlotte Street entpuppte sich als ein uralter Pub, der zu einem Restaurant erweitert worden war. Früher einmal war hier der Treffpunkt von Künstlern und Schriftstellern gewesen. Ihre Bilder zierten jetzt die niedrigen Wände in der rauchigen Bar im Erdgeschoss: Dylan Thomas, Augustus John, George Orwell und Michael Bentine. Sie alle hatten sich hier getroffen, um ihre Gedanken auszutauschen. Doch an die romantische Atmosphäre der alten Zeiten erinnerten heute nur noch die Einrichtung und die Bilder an den Wänden. Jetzt trieben sich Geschäftsleute dort herum, schlugen die Stunden nach Büroschluss tot und tranken ein letztes Bier, bevor sie sich dann mit der U-Bahn auf den Nachhauseweg machten.
    Als David den Pub betrat, schlug ihm warme Luft entgegen, Rauch und Stimmengewirr, wie ein dichter Teppich aus braunem, grobem Stoff. Musik schwebte über diesem Teppich und darunter hindurch.
    Charlotte Gainsbourgh & Neil Hannon, Razorlight, The Dresden Dolls
.
    David suchte in der Menge nach Heaven und fragte sich unwillkürlich, wie sie es in dieser Hitze aushielt. Er knöpftegerade die Jacke auf, als er sie sah. Sie saß in einer der hinteren Ecken am Fenster und winkte ihm zu. Offenbar hatte sie den Eingang argwöhnisch beobachtet.
    David schob sich durch die

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