Heaven - Stadt der Feen
Jahreszahl ein, dann eine andere, veränderte die Suchkriterien immer wieder, ergänzte sie oder ersetzte siedurch andere. Die Anzahl der Verweise wurde geringer, wuchs, wurde wieder geringer. Es war ein ständiges Hin und Her.
Er nippte am Tee.
Heaven starrte ebenfalls gebannt auf ihren Bildschirm. Ihre Finger klickerten und klapperten über die Tastatur. Ihre Augen waren wach und aufmerksam, wie wuselige Wiesel, die über die Schriftgrade und Zeilen und Bilder huschten und ihnen das zu entlocken versuchten, was sie so dringend wissen wollte.
David riss sich zusammen, als er merkte, dass er sie anstarrte, wer weiß wie lange schon. Er klickte sich durch Artikel und Mystery-Sites und die Abgründe diverser Foren. Schließlich fand er eine Fährte, die so aussah, als würde es sich lohnen, ihr zu folgen. Seine Finger rasten über die Tastatur. Gebannt las David, was er an Informationen fand.
Erst dann bemerkte er, dass Heavens Atem schwerer zu gehen begann. Sie keuchte, wenn auch leise, rieb sich die Augen und schnappte nach Luft. Schnell trank sie ihren Tee in einem Schluck aus. Sie schob die Maus über den Tisch und ihr Finger hüpfte auf RETURN.
»Alles in Ordnung?« Die Frage war überflüssig.
Heaven schüttelte den Kopf. »Ich gehe kurz nach draußen«, sagte sie leise. Ihre Augen wirkten glasig. »Bin gleich wieder da«, flüsterte sie ihm zu. Als sie aufstand, legte sie eine Hand auf seine Schulter und David merkte, dass sie sich abstützte. Kurz schloss sie die Augen und atmete durch, dann war sie auch schon auf dem Weg nach draußen.
David sah, dass sie am Tresen vorbeischaute und dort einen Stapel Papier in Empfang nahm. Sie hatte sich einigeSeiten ausdrucken lassen, um sie an der frischen Luft zu lesen.
David schaute ihr besorgt hinterher, bis sie draußen war. Dann erst kehrte er an den Bildschirm zurück.
Es ging ihr gut, halbwegs, jedenfalls. Sie durften keine Zeit verlieren.
Bald war er wieder in seine Arbeit vertieft und es dauerte nicht lange, bis es ihm vorkam, als hätte er sich in einem tiefen, tiefen Wald aus Daten verlaufen. Er verließ die breiten Pfade und machte sich auf, die dunklen Regionen zu erforschen. Niemals wusste man, wohin der Weg einen führen mochte.
Dann wurde er fündig. Seine Augen wurden schmal, als er den Text überflog. Er spürte, wie die Aufregung ihn bei der Kehle packte und sein Herz zu rasen begann, das ihm fast schwindelig davon wurde.
Konnte das sein?
Er folgte den neuen Pfaden und erreichte Orte, die ihm unscharfe Bilder von grässlichen Morden, Blut und gestohlenen Herzen zeigten, ohne etwas anderes als Worte und dürftige Beschreibungen dafür benutzen zu müssen.
Heaven kam wieder ins Café zurück, die Blätter in der Hand, und setzte sich an ihren PC. Sie warf ihm einen kurzen Blick zu.
»Es ist wirklich sehr warm hier drinnen«, stellte David fest.
»Es geht wieder«, murmelte sie. »Schon okay.« Dann tippte sie schnell etwas auf der Tastatur und scrollte nervös und hektisch die Seiten herunter. Nach etwa zehn Minuten ging sie erneut mit ein paar Ausdrucken nach draußen, bevorsie zurückkehrte, weiter nach Quellen suchte, zwischendurch an ihrem Tee nippte, mit ihren Haaren spielte, gebannt den Bildschirm betrachtete. Sie wirkte aufgeregt, wie jemand, der einem Schatz auf der Spur ist.
Auf der Leinwand explodierten martialische Kampfsequenzen, flogen Kämpfer durch die Lüfte, verwandelten sich in schwarz-weiße Helden mit Hüten und Anzügen, die mit Schirm, Charme und Melone andere Probleme lösten, das alles beobachtet von den ängstlichen Augen des stummen Peter Lorre und Rory Gallaghers
Million Miles
als Hintergrundmusik. Wie hungrige Traumfetzen, die den Erinnerungen anderer Menschen entrissen worden waren, so bestürmten die Bilderfluten die Gäste.
David achtete nicht darauf. Er war in den Geschichten gefangen, die sich vor ihm auftaten. Die Bilder machten ihn nur noch nervöser.
Schließlich hielt er inne, rieb sich die Augen und holte tief Luft. Heaven war gerade wieder an ihren Platz zurückgekehrt. Um sie herum stapelten sich inzwischen die Ausdrucke.
»Komm, ich zeig dir was.« Er hatte genug erfahren. Genug jedenfalls, um ein paar Spekulationen anzustellen. Genug, um es nicht für sich behalten zu können.
Sie stellte sich hinter ihn und beugte sich über seine Schulter nach vorne und er spürte ihren schnellen Atem. Die warme Luft war sogar David mittlerweile ein wenig unangenehm. »Ich habe nach Ereignissen gesucht«,
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