Heavy Metal (German Edition)
sofort auf mein Zimmer und hab ziemlich laut Mucke angemacht. Nach 'ner Zeit habe ich gedacht, dass die vielleicht zu laut sein könnte und mich gewundert, dass Iris keinen Terz macht. Ich bin dann ins Schlafzimmer um zu gucken, ob sie überhaupt da is. Und da lag sie dann.“
Kamphaus nickte. „Und dann hast du sofort die Polizei angerufen?“
„Ich bin hier runter, hab angerufen und seitdem bin ich nur noch einmal aufgestanden, um Ihren Kollegen die Tür aufzumachen.“
„Und warum hast du die Polizei angerufen und nicht den Krankenwagen?“ Manni Krämer versuchte, seine Stimme so einfühlsam wie möglich klingen zu lassen, obwohl Kamphaus irgendwie den Eindruck hatte, dass das bei diesem Mädchen gar nicht nötig war.
„Was weiß ich, sie war schon so ... bleich und sah auch schon tot aus und so.“
„Hast du denn nicht geschaut, ob deine Mutter noch atmet oder noch Puls hat?“, setzte Kamphaus fragend hinterher.
„Ich fass doch keine Leiche an! Keine Ahnung, ich dachte sie wär tot. Ich hab mir nur noch den Zettel auf ihrem Nachttisch gekrallt und bin sofort runtergelaufen.“
„Ist er das?“ Bernd Kamphaus deutete mit dem Kinn auf ein Stück mit der Hand beschriebenes Papier, das neben Jessica auf dem Sofa lag.
„Ja. Hier.“
Er nahm das Blatt entgegen. Manni beugte sich zu ihm herüber. Beide lasen leise die wenigen Sätze.
Entschuldige, Jessica. Dass dein Vater vielleicht nie wieder oder geistig behindert aufwacht, ist zu viel für mich. Solltest du irgendwann noch einmal mit ihm sprechen können, sag ihm, dass ich ihn immer sehr geliebt habe. Alles, was zwischen dir und mir geschehen ist, tut mir sehr leid. Ich bin sicher, dass du ein ganz tolles Leben haben wirst und hoffe, dass du mir irgendwann verzeihen kannst.
Mama
Bernd Kamphaus sah von dem Blatt auf, während Manni den Text noch einmal durchlas. Jessica hatte ihren Kopf wieder nach unten in die alte Position gesenkt und rauchte schweigend. Er sah sich einen Moment im Raum um. Das Wohnzimmer war ein Traum in Weiß. Was nicht aus Leder war, bestand aus feinen Stoffen und Teppichen kontrastiert und dunklen Hölzern. Die sehr modern wirkende reinweiße Schrankwand wurde dezent von einigen Chromleuchten angestrahlt. Ein einziges, riesiges Bild über der Sitzecke zeigte eine moderne Grafik, die er noch nie gesehen hatte. Wer das hier eingerichtet hatte besaß Geschmack - und Geld. Sein Blick richtete sich wieder auf das Mädchen, dass gerade ihre halbgerauchte Zigarette in dem großen, gläsernen Tischaschenbecher entsorgte.
„Was ist zwischen dir und deiner Mutter, Jessica? Was tut ihr leid?“
Die Antwort kam nicht sofort. „Ach ... Iris und ich hatten oft Streit, in den letzten Jahren eigentlich jeden Tag.“
„Und dein Vater? Kommst du mit ihm besser klar?“
„Daddy? Er ist mein bester Kumpel. Ehrlich jetzt, auch wenn das Scheiße klingt: Ich konnte nie kapieren, wie er sich so eine Frau anlachen konnte. Iris hat immer mit ihm gezofft, die war immer so ... gemein zu ihm und so nervig. Und jetzt schreibt sie hier dass sie ihn immer sehr geliebt hat und so'n Bla. Dabei haben die doch seit Jahren noch nicht mal mehr Sex gehabt.“
Die Worte sprudelten plötzlich aus Jessica heraus. Mit jedem Satz wurde die Stimme des Mädchens ein wenig lauter, kleine Zornesfalten bildeten sich auf ihrer Stirn und während sie sprach, griff sie nach einem Sofakissen neben ihr, um es sich vor den Bauch zu legen und ihre Hände darin zu verkrampfen.
„Hat dein Vater dir das alles erzählt?“ Kamphaus bemerkte die Erregung Jessicas sehr wohl, aber er wollte den Redefluss jetzt nicht durch beruhigende Worte versiegen lassen.
„Klar hat er. Wir haben uns immer alles erzählt, naja fast. Und gestern Nacht, als da plötzlich jemand von euch hier stand und gesagt hat, dass Papa einen Unfall hatte, da ... ich ...“
Es brach aus ihr heraus. Ein starker Weinkrampf schüttelte Jessica Serrig durch und sie verbarg ihr Gesicht schützend in dem Kissen vor sich. Manni sah zu Kamphaus herüber und hatte den gleichen Blick wie am Nachmittag im Haus der Wenischs aufgelegt. Kamphaus machte eine beruhigende Geste mit der Hand in seine Richtung und wandte sich wieder Jessica zu.
„Hör mal, deine Oma wird gleich hier sein. Wir warten noch kurz bis sie kommt und sind dann weg. Wir können ja ein anderes mal weiter reden, hm?“
Das Schluchzen brach abrupt ab. Jessica Serrig wischte sich die Nase mit dem Handrücken ab, bevor sie das selbe
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