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Hebamme von Sylt

Hebamme von Sylt

Titel: Hebamme von Sylt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Pauly
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sich auf einen Ellbogen und sah Elisa ins Gesicht. Er starrte in ihre Augen, folgte dem Schwung ihrer Brauen, prägte sich ihren Haaransatz ein, hielt dann mit der Zunge die Form ihrer Lippen fest. »Ich kann nicht.«
    Ihr kleines, festes Kinn, das Grübchen am unteren Hals, das schimmernde Dekolleté, ihre weißen Brüste, das alles betrachtete er in dem Bewusstsein, es zum letzten Mal zu sehen. Seine Hand fühlte zum letzten Mal das Heiße, Feuchte ihres Schoßes, dann ergänzte er: »Ich kann meine Mutter nicht allein lassen. Und Hanna auch nicht.«
    »Sie ist nicht deine Mutter. Und Hanna ist nicht deine Schwester.«
    »Freda war immer wie eine Mutter zu mir. Und Hanna ist mir immer eine Schwester gewesen. Sie brauchen mich. Jetzt, wo Geesche nicht mehr da ist, brauchen sie mich umso mehr.«
    Elisa schwieg. Aber Ebbo spürte, dass sie die Beine anzog, dass ihre Hand schlaff wurde, dass ihr Atem sich veränderte. Sie begann, sich von ihm zu lösen. Der Abschied war da.
    »Ich könnte es auch nicht ertragen«, fuhr er hastig fort, »dich ständig neben ihm zu sehen. Du wirst seine Kinder bekommen. Oder …« Er ließ seine Hand an ihrem Schoß, obwohl er auch dort merkte, dass sie sich zurückzog. »Oder du bekommst Kinder, die auch meine sein könnten. Wie soll ich das aushalten?«
    Elisa wollte etwas sagen, aber plötzlich ging ein Ruck durch ihren Körper. Er versteifte sich, ihre Augen gingen durch Ebbo hindurch. »Pscht.«
    Nun hörte er es auch. Ein feines Knirschen, ein Rascheln, eine Bewegung an der Hauswand. Er ballte die Fäuste, ohne es zu merken. Ein Fremder? Hanna, die sie erneut belauschen und beobachten wollte? Oder Hanna, die gekommen war, sie zu warnen?
    In diesem Moment klopfte es ans Fenster. »Das muss Hanna sein!«, flüsterte Ebbo und sprang aus dem Bett.
    Er erkannte seine Schwester, kaum dass er sein Gesicht an die Fensterscheibe gedrückt hatte. So geräuschlos wie möglich öffnete er es.
    »Ihr müsst verschwinden«, zischte Hanna. »Gerade ist jemand ins Haus eingestiegen.«
    Ebbo starrte sie verblüfft an. »Wer?«
    »Ich habe ihn nicht erkannt. Er ist in Dr. Nissens Zimmer. Die Tür der Wohnstube habe ich zwar abgeschlossen, aber er kann durch die Küche in den Pesel kommen. Wenn er etwas stehlen will, wird er auf jeden Fall in den Pesel gehen. Und von dort in die Wohnstube.«
    Ebbo gab einen zustimmenden Laut von sich, dann schloss er das Fenster genauso leise wieder, wie er es geöffnet hatte. Als er sich umdrehte, sah er, dass Elisa bereits dabei war, sich anzukleiden. Ebbo hätte schreien können vor Enttäuschung. Dieser große Abschied! Sollte er nun klein und nichtssagend werden, weil es plötzlich nur noch darauf ankam, ungesehen zu verschwinden?
    »Es ist gut so«, sagte Elisa, die seine Gedanken erkannte. »Das macht es leichter für uns.«
    Schon hatte sie sich ihren Umhang umgelegt, während Ebbo noch in seine Hosen stieg und die Träger über die Schultern zog. Elisa hob bereits ein Bein über die Fensterbrüstung, schüttelte aber die Hilfe ab, die Hanna auf der anderen Seiteleisten wollte. Ebbo wartete, bis Elisa sicher auf der Erde angekommen war, dann folgte er ihr.
    Schwer atmend lehnten sie sich aneinander und lauschten. War etwas zu hören? Etwas Verräterisches?
    Aber Hanna ließ ihnen keine Zeit. »Ihr müsst weg«, zischte sie ein weiteres Mal. »Schnell!«
    Ebbo zögerte, aber Elisa griff nach seiner Hand. »Hanna hat recht! Bring mich nach Hause.«
    Ebbo zog sie vom Haus weg. »Wir nehmen nicht den Weg, das ist zu gefährlich. Wir gehen hinten durch die Felder. Da wird uns niemand sehen. Ein Umweg zwar, aber sicherer.«
    Ebbo berührte kurz Hannas Arm, Elisa jedoch hinterließ für Hanna keine Geste, keinen Blick, kein Wort. Enttäuscht starrte sie den beiden nach, die schon nach wenigen Augenblicken nicht mehr zu sehen und zu hören waren.
     
    Geesche hatte sich zurückgezogen, jetzt wagte sie sich wieder Schritt für Schritt näher an ihr Haus heran. Sie war sogar geneigt, sich einzureden, dass sie von all ihren Beobachtungen genarrt worden war. Hatte sie wirklich einen Menschen gesehen? Geräusche gehört, die ihr verdächtig vorgekommen waren? Und konnte es wirklich sein, dass jemand in ihrem Haus war? Geesche schüttelte den Kopf. Die Sehnsucht war zu groß, zu übermächtig. Nein, sie wollte nicht, dass sich ihr jemand dort in den Weg stellte, wo sie sich am sichersten fühlte.
    Vorsichtig blieb sie trotzdem. Obwohl mittlerweile alles ruhig war, obwohl

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