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Hebamme von Sylt

Hebamme von Sylt

Titel: Hebamme von Sylt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Pauly
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aneinanderzuschmiegen, die Glieder ineinander zu verschränken, ganz nah am Mund des anderen zu sein und inseinen Augen lesen zu können. Das Hämmern in ihrem Kopf ließ allmählich nach. Das Wort »Inselbahn« und der Name »von Zederlitz« pochten nicht mehr hinter ihrer Stirn, sie stießen nur noch gelegentlich irgendwo an, klangen dann aber sanft und kaum vernehmbar. Und seit sie an Andrees’ Grab gewesen war, glaubte sie sogar daran, dass das Wort »Inselbahn« ganz zum Schweigen zu bringen war.
    Marinus beugte sich über sie, küsste sie und löste sich dann nur so weit von ihr, dass sie seinen Atem noch auf ihrem Gesicht spüren konnte, als er sagte: »Mein Bruder denkt darüber nach, das Haus auf Sylt zu verkaufen. Dann könntest du vielleicht vergessen, dass ich der Sohn eines Grafen bin?« Seine Augen waren dicht über ihr, voller Hoffnung, ganz angefüllt von einer großen Bitte. Als sie nicht reagierte, ließ er sich auf den Rücken fallen, als wollte er resignieren.
    Geesche versuchte zu lächeln, brachte es aber nicht fertig. Graf von Zederlitz würde endlich aus ihrem Leben verschwinden? Sie bekam die Chance zu vergessen? Sie musste diesen Namen nie wieder hören und brauchte ihn nie wieder auszusprechen?
    Sie stützte sich auf einem Ellbogen auf und betrachtete Marinus’ Gesicht, in dem noch immer die Hoffnung leuchtete, und seine Augen, in denen eine kleine Angst entstand, je länger sie hineinblickte.
    Ohne etwas zu sagen, ließ sie sich wieder auf den Rücken fallen. Nein, solange Marinus auf Sylt war und erst recht, wenn er an ihrer Seite lebte, würde sie niemals vergessen können. Es würde Post vom Festland eintreffen, sie würde mitbekommen, dass Elisa heiratete, würde alles erfahren, was auch Marinus erfuhr. Nur wenn er genauso aus ihrem Leben verschwand wie die Familie von Zederlitz, dann erst hatte sie die Chance zu vergessen. Nur dann …
    Sie suchte nach Worten, strich, als sie keine fand, die Haare zurück und versuchte, mit den Fingerspitzen die Strähnenin die Flechten zurückzustecken, die sich gelöst hatten. Sie spürte, dass auch Marinus etwas sagen wollte, sah sein Zögern … In diesem Augenblick knirschte die Türklinke der Haustür, die sich gleich darauf leise knarrend öffnete.
    »Dr. Nissen?«, fragte Marinus flüsternd. »Dann müssen wir leise sein, damit er denkt, es wäre niemand zu Hause. Sicherlich wird er dann in sein Zimmer gehen, und wir haben unsere Ruhe.«
    Aber Geesche schüttelte den Kopf. Wenn Dr. Nissen zurückkam, schlug er die Klinke herab, stieß die Tür auf und betrat das Haus mit festen Schritten, die in jeder Kammer zu hören waren.
    Auch Marinus schien aufzugehen, dass diese Art, sich ins Haus zu drücken, nicht zu Dr. Nissen passte. »Freda?«, flüsterte er.
    Geesche schüttelte den Kopf, und kurz darauf erklangen die Schritte, die verrieten, wer ins Haus gekommen war: Tohk-tik, tohk-tik.
    Geesche fuhr in die Höhe, obwohl das Stroh unter dem Laken verdächtig knackte und raschelte. »Wir müssen damit rechnen, dass sie in die Wohnstube kommt.«
    Aber Marinus drückte sie zurück. »Sie hat hier nichts zu suchen. Sie wird in die Küche gehen und sich ums Abendessen kümmern.«
    Doch Geesche schüttelte den Kopf. Marinus kannte Hanna nicht so wie sie. Hanna kam nicht, um ihr zu helfen, Hanna kam, um sich hier zu Hause zu fühlen. Mehr und mehr! Jedes Jahr kam sie öfter, und ihre Anwesenheit wurde von Jahr zu Jahr selbstverständlicher, je weniger es Geesche gelang, ihr Grenzen zu setzen und ihr Haus vor Hanna Boyken zu verschließen.
    Das Tohk-tik verschwand in der Küche. »Hab’ ich’s nicht gesagt?«, raunte Marinus. »Sie macht das Abendessen.«
    Aber kurz darauf kamen Hannas Schritte wieder näher, dieTür knarrte, die von der Küche in den winzigen Zwischenflur führte und von dort in den Pesel, der hinter der Wohnstube lag.
    Marinus richtete sich auf und starrte die Tür zwischen Wohnstube und Pesel an, die zum Glück geschlossen war. »Was macht sie dort?«, fragte er kaum hörbar.
    Geesche zuckte hilflos mit den Schultern. Diese Frage stellte sie sich selber oft und hatte sie ebenso häufig an Hanna gerichtet. Aber eine befriedigende Antwort hatte sie nie bekommen. »Sie geht gern in den Pesel und schaut sich die Dinge an, die mein Vater von seinen Reisen mitgebracht hat.«
    »Es gehört sich nicht, in einem fremden Haus herumzuschnüffeln. Sie glaubt ja anscheinend, dass sie allein ist.«
    Marinus versuchte sich aufzusetzen, aber da

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