Heerführer der Finsternis
noch bevor er den Boden wieder berührte, erstarrte die Schwärze, fing ihn und hüllte ihn ein. Einen Augenblick lang glaubte er zu ersticken.
Dann hing er hilflos in der Dunkelheit. Er vermochte sich nicht mehr zu bewegen.
*
Thonensen starrte in die Dunkelheit und schüttelte verblüfft den Kopf. Er sah die Trolle mit dem eisernen Krieger verschwinden, sah Nottr vorsichtig hinterhergehen und verschwinden, dann hatte er plötzlich das Gefühl, daß sich die Dunkelheit öffnete.
Er konnte durch sie hindurchsehen, vage erst, doch mit wachsender Klarheit. Jenseits lagen Kammern in düsterem Licht. Er konnte bis in die Spitze der Zacke sehen – und darüber hinaus. Sein rechtes Auge zuckte, als hätte es ein eigenes Leben.
Er hörte Avanathus’ Worte: »Werden sie überhaupt einen Weg finden in dieser Schwärze? Sieht dein Geist mehr, Dilvoog?«
Und Dilvoogs Antwort: »Nein, Troll.«
»Bist du nicht aus solcher Schwärze geboren?«
»Nicht geboren, Troll. Beschworen. Ich werde jetzt Nottr folgen. Wenn ich nicht zurückkehre, laßt niemanden mehr folgen. Dann ist der Xandor auf diesem Weg nicht zu bezwingen.«
»Ich komme mit dir«, sagte Mon’Kavaer.
Thonensen sah sie hineingehen und blickte ihnen nach, wie sie sich vorantasteten.
»Sie sind verschwunden«, hörte er Avanathus sagen.
Dann dämmerte ihm, daß er der einzige war, der sie noch sehen konnte. Er konnte durch die Schwärze hindurchsehen.
Es war sein Auge! Parthans verfluchtes Auge, mit dem er einst durch Stein sehen konnte wie durch Glas. Parthans Auge, von dem er sich selbst befreite in stong-nil-lumen. Er hatte sich nur befreit geglaubt. Er hatte Schwarze Magie benutzt, um sich von Schwarzer Magie zu befreien. Er war einer Illusion erlegen.
Er tastete an sein Auge und berührte vergleichend das zweite. Eines fühlte sich so lebendig an wie das andere. Nein, es war nicht wie damals, als es wie etwas Fremdes in seinem Schädel saß. Er atmete ein wenig auf. Vielleicht war es dieser Ort, der durchdrungen war von Magie, der in seinem Verstand Erinnerungen weckte. Er brauchte kein steinernes Auge mehr für die Magie, die er einmal gelernt hatte.
Bevor ihn jemand aufhalten konnte, eilte er hinter Dilvoog und Mon’Kavaer her. Er konnte ihnen sagen, was sie nicht sahen. Er konnte ihr Auge sein.
Als er sie fast erreicht hatte, kam ein beklemmendes Gefühl über ihn. Das Sammeln dunkler Kräfte für den Hieb! Sein Verstand prickelte vor Vorahnung. Die Gefahr stand unmittelbar bevor.
Er griff hastig nach den Gefährten und rief eine Warnung, aber sie schienen ihn nicht zu hören. Er griff nach ihnen und versuchte sie zurückzureißen.
»Ihr müßt umkehren! Rasch!«
Plötzlich hörte er Seelenwind heulen. Dann wurde die Luft starr um ihn.
Wie Stein.
*
Danach war das erste Gefühl das der vollkommenen Hilflosigkeit.
Seelenwind war verstummt.
Nottr vermochte Arme und Beine nicht zu bewegen. Etwas Kaltes preßte sich gegen seine Haut an Hals und Kinn.
Stein.
Er war begraben in Stein! Sein Kopf ragte aus einem Block, oder einer Mauer. Er vermochte die Ausmaße in der Düsternis nicht zu erkennen. Auch die Spitze seiner Klinge ragte ins Freie. In einiger Entfernung glaubte er undeutlich in einem Schleier von Licht die Trolle zu erkennen.
»Imrirr!« Er spannte seine Muskeln, um sein Gefängnis zu sprengen.
Es war eine nutzlose Anstrengung.
»Godh!« hörte er Mon’Kavaer fluchen. »Wir sind in seine verdammte Falle gegangen!«
Von irgendwoher erklang ein befriedigtes Kichern.
Als die Panik schwand, wuchs der Grimm in Nottr. Seelenwind schien ebenso hilflos wie er zu sein. Aber das Schwert spürte sein Aufbäumen.
Es kreischte schrill, wie ein Sturm, der über Klippen rast, und Seelenwind barst frei in einem Regen von Steinsplittern. Der Schmerz in seiner Faust ließ Nottr aufheulen. Er versuchte seine Faust zu öffnen, aber die Klinge ließ es nicht zu.
Sie schmetterte gegen den Stein.
Der Fels erzitterte. Mon’Kavaer fluchte. Thonensen stöhnte schwach.
Ein erneuter Hieb der Klinge ließ den Stein bersten. Nottr war mit einemmal frei, aber er kam nicht zur Besinnung, denn die Klinge riß ihn herum und fuhr heulend auf eine reglose, übermenschengroße Gestalt zu, die in der Düsternis saß. Das Gesicht war nicht auszumachen, ebenso wenig die Form des Körpers, abgesehen von einer vagen Menschenähnlichkeit.
Doch als sich Seelenwind mit wütendem Kreischen hineinbohrte, war sie nur ein Schatten.
Von irgendwoher kam erneut das
Weitere Kostenlose Bücher