Heerführer der Finsternis
kurz um, ob sie ihm folgten.
Die Gefährten zögerten nur einen Augenblick. Dann schritt Nottr mit Seelenwind in der Faust hinter ihm her, und die anderen schlossen sich an.
Der nächste Raum glich dem, aus dem sie gerade kamen. Die Felswände schimmerten düster. Wie im übrigen Nordstern waren die Wände auch hier aus Fels und Eis, aber es fehlte die Wärme des Lichts.
Beide Räume waren leer. Was immer sie einst enthalten haben mochten, war entfernt worden. Knirschendes Eis war auf dem steinernen Boden. Das Licht der Fackel ließ es glitzern und funkeln. Es war ein trügerischer, blendender Glanz, der die Gefährten zu erhöhter Vorsicht zwang.
Aber der Raum barg keine Gefahren. Der Führer verschwand durch die nächste Türöffnung.
»Halt!« warnte Thonensen scharf.
Die Gefährten verhielten mitten im Schritt und blickten verwundert auf den Sterndeuter. Keine Gefahr war zu erkennen. Selbst Seelenwind war nicht aufgeregter.
»Sie lauern an der Tür… links und rechts«, erklärte der Sterndeuter bestimmt.
»Du kannst sie sehen?« entfuhr es Mon’Kavaer. »Durch die Wand?«
Thonensen nickte. »Nur ihre Umrisse…«
»Dein Auge?« fragte Nottr überrascht.
Thonensen nickte erneut.
»Dunkelkrieger?«
Der Asgnorje schüttelte hilflos den Kopf. »Es ist zu dunkel, um es zu erkennen…«
»Einerlei«, sagte Nottr grimmig. »Für Seelenwind macht es wenig Unterschied.«
Während er zur Tür ging, spürte er bereits, wie die Klinge lebendig wurde. Er verhielt einen Moment und konnte das Schwert nur mühsam bändigen. Dann sprang er durch die Tür, und sein Angriffsschrei ging im Heulen des Schwertes unter. Nur undeutlich sah er die Angreifer, bevor Horcans verlorene Seelen ihnen ein Ende machten.
Als Mon’Kavaer zu Nottrs Unterstützung stürmte, war der Kampf bereits vorüber.
Die Gefährten sahen sich vorsichtig um, doch der Raum war leer. Ihr Führer winkte ungeduldig, unbeeindruckt von dem Kampf. Sie folgten zögernd. Schon nach wenigen Schritten hieß Thonensen sie erneut anhalten.
Er deutete auf den felsigen Boden, über den der Führer soeben gegangen war.
»Ich bin nicht sicher«, sagte er stirnrunzelnd, »weil ich mit meinem Auge durch Stein sehe, ob er wirklich ist oder nicht. Aber dieser Boden ist irgendwie anders. Und darunter… ist nichts. Ein Abgrund…«
»Nicht wirklich?« wiederholte Dilvoog. Er sandte ein wenig seiner Kraft aus, um die Wirklichkeit zu ergründen.
Einen Augenblick lang sahen sie alle die große rechteckige Öffnung in der Mitte des Raumes, die in einen schwarzen Schlund hinabführte, der das Erdinnere oder die Hölle sein mochte. Sie nahm die gesamte Breite des Raumes ein. Es gab kein Vorbeikommen daran.
Der Führer winkte.
Mon’Kavaer winkte zurück und bedeutete ihm, zurückzukommen.
Der Führer ging in der Tat ein halbes Dutzend Schritte zurück. Dann winkte er erneut auffordernd.
Er stand über dem Abgrund. Er schwebte über dem Nichts. Es schien ihm nicht bewußt zu sein.
»So ist das also«, sagte Mon’Kavaer und machte sich daran, ins Leere zu treten.
Nottr riß ihn zurück.
»Langsam«, sagte er warnend. »Ich traue keinem Magier.« Er hieb mit Seelenwind ein Stück Eis von der Wand und warf es in die Öffnung. Es verschwand in der Dunkelheit.
Mon’Kavaer wurde bleich. Er trat hastig zurück. Von irgendwo her glaubte er ein Lachen zu hören.
»Kannst du es wieder verschwinden lassen?« fragte Thonensen.
Dilvoog zog seinen tastenden Geist zurück. Die Öffnung verschwand. Der Boden war wieder trügerischer Fels. Plötzlich wandte er sich an Nottr und streckte die Hand aus. »Noch ein Stück Eis.«
Nottr hackte es von der Wand und gab es ihm. Dilvoog warf es. Es fiel polternd auf den Steinboden und lag dort – ohne zu versinken.
Dilvoog nickte zu sich. »Es ist wie mit dem Deddeth«, murmelte er. »Wir sehen, was wir uns einbilden, und halten es für wirklich. Der Xandor ist ein außerordentlicher Magier. Er legt nur den Köder für uns aus. Die Gefahr schaffen wir uns selbst.«
»Wollt ihr jetzt da hinüber gehen?« fragte Mon’Kavaer ungläubig. »Gibt es gar keinen Abgrund?«
»Wir sind überzeugt, daß es keinen gibt«, sagte Thonensen vieldeutig. »Wir wollen unseren ungeduldigen Führer nicht länger warten lassen.«
»Ist der echt?«
»Ist es von Bedeutung?« entgegnete Thonensen.
»Nein, ich glaube nicht.«
Sie durchquerten den Raum ohne Zwischenfall. Ihr Führer übernahm mit gleichgültiger Miene wieder die Führung.
»Was
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