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Heidelberger Wut

Heidelberger Wut

Titel: Heidelberger Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolgang Burger
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mehr aus dem Kopf: Als Nachbar hört man doch bestimmt dies und das …«
    »Sie meinen, Seligmann …?«
    »Wir sollten zumindest einmal darüber nachdenken, ob dieser so plötzlich verschwundene Nachbar nicht irgendwas mit dem Bankraub zu tun haben könnte.«
    Sönnchen nieste ein viertes Mal.

5
    Unser Labor brach diesmal alle Rekorde. Bereits am späten Montagnachmittag, nur sieben Stunden nach Rebecca Brauns Anruf, flatterte ein erster, vorläufiger Bericht auf meinen Schreibtisch. Die Blutspuren in Xaver Seligmanns Wohnzimmer waren zwischen drei und fünf Tage alt. Und das Blut stammte mit großer Wahrscheinlichkeit von nur einem Menschen.
    »Ob der Seligmann heißt, wissen wir natürlich erst nach den weiteren Analysen«, sagte Vangelis, als wir uns am nächsten Morgen noch vor dem Kaffee wieder gegenübersaßen. Heute schien es ihr schon wieder etwas besser zu gehen. Die Beule war abgeschwollen, hatte dafür allerdings deutlich an Farbigkeit gewonnen. Noch immer war es mir nicht gelungen, Balke auszuhorchen. Sönnchen wusste jedenfalls nichts, das hatte ich schon herausgefunden, und die erfuhr in der Regel jeden Klatsch, der im Haus zirkulierte.
    »Wissen wir inzwischen, wann genau er verschwunden ist?«
    »Offenbar in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag.« Vangelis blätterte in ihrem Notizbüchlein, das sie vermutlich sogar mit ins Bett nahm. »Ich habe gestern mit dem Briefträger gesprochen. Er hat Seligmann am Mittwochvormittag ein Einschreiben ausgehändigt, und anscheinend ist er der Letzte, der ihn gesehen hat. Seligmann hätte einen ziemlich verstörten Eindruck gemacht, sagte er.«
    »Und eine mächtige Fahne gehabt«, ergänzte Balke.
    »Dieses Einschreiben, haben Sie das gefunden?«
    »Ja. In kleine Fetzen zerrissen im Papierkorb. Es war vom Ordnungsamt. Er weigert sich seit Monaten, ein Strafmandat zu bezahlen, und steht kurz vor der Klage. Er soll irgendwo zu schnell gefahren sein.«
    »Finden Sie bitte heraus, wann und wo.«
    Vangelis schenkte mir einen dieser Blicke, die mir hin und wieder bewusst machten, wie oft wir unser Überleben nur der abendländischen, christlichen Kultur verdanken. Du sollst nicht deinen Vorgesetzten erschlagen, nur weil er hin und wieder dämliche Bemerkungen macht.
    »Haben Sie schon alle Nachbarn erreicht?«, fragte ich Balke, der heute ein wenig abwesend wirkte.
    »Alle bis auf das Ehepaar Habereckl«, antwortete mir Vangelis, bevor er den Mund aufbekam. »Die wohnen genau gegenüber von den Brauns und sind zur Zeit in Urlaub. Mit einem Wohnmobil und leider ohne Handy.«
    »Dieser Seligmann soll schon die Tage vor seinem Verschwinden irgendwie komisch gewesen sein.« Balke setzte sich aufrecht hin. »Ein besonders aufmerksamer Nachbar schräg gegenüber hat spät nachts noch Licht bei ihm gesehen. Das hat ihn gewundert, weil man sonst die Uhr nach seinem Wohnzimmerlicht stellen konnte. Und nach dem Mittwoch hat ihn dann definitiv niemand mehr gesehen.«
    Sönnchen kam und brachte unseren Frühstückskaffee. Ihr Blick war schon wieder ein wenig klarer als gestern, aber ihre Nase leuchtete wie die von Rudolph, dem Rentier. Als sie wieder draußen war, verschränkte ich die Hände im Genick und streckte die Beine unter den Schreibtisch.
    »Nehmen wir mal an, Seligmann hat wirklich was mit diesem Bankraub zu tun. Er hätte die Brauns monatelang mit dem Feldstecher beobachten können, vielleicht sogar ihre Gespräche belauschen, ohne dass irgendwer etwas gemerkt hätte.«
    Vangelis nippte an ihrem Cappuccino. »Er ist übrigens Kunde der betroffenen Filiale. Ich habe die Kontoauszüge in seinem Schreibtisch gesehen.«
    »Vielleicht ist er auch mal zufällig dabei gewesen, wie dort über die viele schöne Kohle geredet wurde, die demnächst im Tresor liegt?« Balke hatte sich einen doppelten Espresso machen lassen und leerte ihn in einem Zug. »Und nachdem der Überfall so wunderbar geklappt hatte, hat er noch eine Weile gewartet, damit es nicht so auffällt, wenn er sich verkrümelt.«
    »Klingt gut, erklärt aber nicht die Blutspuren im Haus«, gab Vangelis zu bedenken. »Was halten wir denn von dieser Version: Vielleicht hat er sein Haus gar nicht freiwillig verlassen? Vielleicht wusste jemand, dass er einen Teil der Beute in seinem Haus versteckt hatte?«
    »Die Kontoauszüge«, sagte ich. »Hat er vielleicht Schulden gehabt?«
    »Es war zwar nicht viel Geld auf seinem Konto, aber Schulden hat er keine.« Vangelis platzierte ihre Tasse vorsichtig auf meiner

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