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Heidelberger Wut

Heidelberger Wut

Titel: Heidelberger Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolgang Burger
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sich mit einem Tüchlein die Augenwinkel.
     
    »Also, ich weiß ja nicht …«, meinte Balke heiter während der Rückfahrt.
    »Ich auch nicht«, sagte ich. »Ich vermute, wir denken dasselbe.«
    »Sie lügt.« Balke warf einen Blick in den Rückspiegel, um einen Lkw zu überholen. Als er das Gaspedal durchtrat, wurde ich in die Rückenlehne gedrückt. »Wenn Sie mich fragen, die Frau verschweigt uns irgendwas.«
    »Oder sie hat ein schlechtes Gewissen.«
    »Vielleicht sollte ich mal checken, was sie letzte Woche so getrieben hat? Zum Beispiel in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag?«
    »Denken Sie, sie hat ihn verschleppt?«, fragte ich belustigt. »Und vorher ein bisschen mit dem Küchenmesser tranchiert?«
    »Ich denke vorläufig gar nichts«, erwiderte er verstimmt. »Ich würde nur zu gerne wissen, warum sie sich so ziert, wenn es um den Mann geht, den sie angeblich seit Jahren nicht mehr gesehen hat.«
    Eine Weile fuhren wir schweigend. Als Balke hart bremste und über einen lebensmüden Radfahrer fluchte, der sich ohne einen Blick über die Schulter in seine Fahrspur drängelte, schrak ich hoch. Wir waren schon in Heidelberg.
    »Guten Morgen«, sagte er grinsend. »Gut geschlafen?«
    Ich rieb mir die Augen. »Bin zu früh aufgestanden. Ich musste meine Töchter um halb sechs vor der Schule abliefern.«
    Balke nahm unser Gesprächsthema wieder auf.
    »Diese Frau Eichner weiß eindeutig mehr, als sie sagt. Ich hätte nicht übel Lust, sie vorzuladen und mal ein bisschen zu grillen.«
    »Erst mal lassen wir sie in Frieden. Vielleicht wird sie von alleine gesprächig, wenn sie nachgedacht hat.«
    Eine Weile mussten wir an einer roten Ampel warten. Neben uns stand ein bunt bemalter Manta, aus dessen heruntergekurbelten Fenstern laute Rap-Musik dröhnte. Als die Ampel auf Grün schaltete, verschwand er mit quietschenden Reifen.
    »Was ist eigentlich mit Ihrer Kollegin los?« Fast hätte ich die Gelegenheit verpasst, Balke auszuhorchen.
    »Mit Klara?« Er lachte schallend. »Das Auto von ihrem Vater hat sie geschrottet, das ist los. Und der Witz ist, es war nicht mal in einem Rennen, und sie ist auch noch schuld.«
    Dass Klara Vangelis hin und wieder mit dem nicht einmal sehr getunten Renault ihres Vaters an kleinen Rallyes teilnahm und dabei auch recht häufig gewann, wusste ich natürlich. Sie galt in der Direktion als – je nach Sichtweise – gefürchtete oder begnadete Autofahrerin.
    »Daher also die Beulen und der Verband ums Genick.« Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen.
    »Schleudertrauma. Sie hat sich zweimal überschlagen. Aber das Allerschlimmste kommt noch …«
    Er setzte den Blinker, bog in die alte Eppelheimer Straße ein. »Das Schlimmste: Heute früh hat sie erfahren, dass der Typ sie angezeigt hat. Er kann Bullen nicht ausstehen, hat er ihr am Telefon erklärt, und es ist ihm eine ganz besondere Freude, ihr eine reinzuwürgen. Und wenn sie jetzt noch ein paar Punkte kriegt, dann ist sie den Lappen erst mal los. Sie hat schon ein ziemliches Konto in Flensburg.«
    »Das heißt, sie dürfte eine Weile nicht mehr Auto fahren …«
    »Und das wäre für sie ungefähr das Gleiche, wie wenn man einem Goldfisch das Wasser ablässt. Und außerdem ist natürlich ihr Vater stocksauer auf sie.«
    »Und nun? Versucht sie, den Unfallgegner umzustimmen?«
    »Sie telefoniert ziemlich viel herum in der Sache. Aber immer so, dass ich möglichst nichts davon mitkriege. Die Sache ist ihr echt mega-mega-peinlich. Und man darf kein Wort dazu sagen, sonst kriegt sie einen Tobsuchtsanfall, der sich gewaschen hat.«
    Balke bremste sanft und bog in den Parkplatz der Polizeidirektion ein.
    Wir stiegen aus. Die Sonne stand hoch. Mittagszeit. Ich war immer noch müde und hatte außerdem Hunger. Aber heute würde ich noch einmal standhaft bleiben, auch wenn meine Sekretärin noch so sehr mit mir schimpfte.
     
    Sönnchens Augen blitzten, als ich mein Vorzimmer betrat.
    »Ich glaub, ich hab da was für Sie, Herr Kriminalrat«, rief sie mir entgegen.
    Ich würde ihr wohl niemals abgewöhnen können, mich mit meinem Titel anzureden. Während sie darauf bestand, »Sönnchen« genannt zu werden, weil sie seit ihrem ersten Lebensjahr von allen so genannt wurde, auch von meinem Vorgänger und von dessen Vorgänger, wollte sie nichts davon hören, dass auch ich einen Vornamen hatte und die Zeiten sich außerdem geändert hatten.
    »Bitte nach dem Kaffee, okay?«
    Ich zog die Bürotür hinter mir zu, fiel in meinen Sessel und

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