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Heidelberger Wut

Heidelberger Wut

Titel: Heidelberger Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolgang Burger
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Kreaturen, falls das ein Verbrechen sein sollte.«
    Seligmann starrte mich von unten her an. Dieser stetige, völlig ausdruckslose Blick konnte einen wirklich unruhig machen. Und dabei sollte doch er es sein, der hier nervös wurde.
    »Also, was soll das alles? Worauf wollen Sie hinaus?«, fragte er.
    »Sie haben am Tag vor Ihrer … Abreise Ihr gesamtes Geld abgehoben.«
    Die Art, wie er diesmal seine Zigarette ausdrückte, hatte etwas Endgültiges.
    »Ich hatte vor, für länger zu verreisen.«
    »Vielleicht sogar für immer?«
    »Ja, vielleicht sogar für immer.«
    »Dürfte ich den Grund dafür erfahren?«
    Seligmann betrachtete sein rechtes Handgelenk, prüfte wohl, ob es noch schmerzte. »Sehen Sie, dieses Haus gefällt mir nicht mehr. Das Wetter in Deutschland gefällt mir schon lange nicht mehr. Meine Nachbarn haben mir noch nie gefallen. Dieses langweilige Eppelheim, meine ganze Lebenssituation … Ich hatte keine Lust mehr, verstehen Sie? Geht Ihnen das nicht auch hin und wieder so?«
    »Sie haben erstaunlich wenig mitgenommen in Ihr neues Leben.«
    Nun erhob er sich. »Es wäre nett, wenn Sie mich jetzt in Frieden lassen würden. Dieses Gespräch gefällt mir nämlich auch nicht besonders.«
    Ich blieb sitzen und sah zu ihm auf. »Sie haben an dem Abend versucht, sich das Leben zu nehmen. Mit einem Ihrer Küchenmesser.«
    »Und wenn es so wäre?«
    »Dann würde mich interessieren, weshalb.«
    »Das ist meine Privatangelegenheit, die unter dem ausdrücklichen Schutz unserer Verfassung steht, wie Sie wissen dürften.«
    »Vermutlich haben Sie nicht tief genug geschnitten. Es ist gar nicht so leicht, sich die Pulsadern zu öffnen. Und dann haben Sie es sich anders überlegt und sind in Ihren Wagen gestiegen und weggefahren.«
    »Zu diesem Teil Ihrer Anschuldigungen habe ich bereits ein umfassendes Geständnis abgelegt.«
    »Vorher haben Sie sich aber noch mit Geld versorgt.«
    »Hatte vor, mir ein neues Auto zu kaufen.« Seligmann grinste verächtlich auf mich herab. »Mein altes gefällt mir nicht mehr.«
    Er wandte sich ab und ging mit schleppendem Schritt zu seinen Terrarien, wo heute ungewohnte Nervosität herrschte. Dort blieb er mit den Händen in den Taschen stehen und ließ mich seinen gebeugten Rücken betrachten.
    »Besitzen Sie eigentlich ein Handy?«, waren die ersten Worte, die Vangelis von sich gab.
    »Ich hasse die Dinger«, erwiderte er ruhig, ohne sich umzudrehen.
    »Hätten Sie etwas dagegen, wenn wir uns Ihren Wagen ansehen?« Ihr Ton war unverändert freundlich.
    »Gäbe es irgendeinen Weg, Sie daran zu hindern?«
    »Sie könnten uns die Erlaubnis verweigern«, gab ich zur Antwort. »Sie hätten uns vorhin nicht einmal hereinlassen müssen, und das ist Ihnen natürlich bekannt.«
    »Tun Sie, was Sie nicht lassen können«, brummte er. »Das Garagentor steht offen, das Auto schließe ich nie ab. Ich hab zwar keine Ahnung, wonach Sie suchen. Aber Sie werden es unter Garantie nicht finden.«
    Fast zärtlich klopfte er an eine Scheibe, hinter der eine fröhlich-bunte, dünne Schlange lag, die ihren Ernährer schon die ganze Zeit still beobachtete, als würde sie auf den richtigen Zeitpunkt zum Angriff warten.

12
    Bereits eine Stunde später saß mir Xaver Seligmann wieder gegenüber. Diesmal jedoch nicht in seinem Wohnzimmer, sondern in meinem Büro.
    »Sie haben das Recht, die Aussage zu verweigern, falls Sie sich dadurch selbst belasten könnten«, leierte ich die übliche Eröffnungslitanei jedes Verhörs herunter. »Und es steht Ihnen natürlich frei, einen Anwalt hinzuzuziehen.«
    »Und Ihnen steht es frei, mich irgendwo zu lecken«, knurrte er.
    »Wir haben in Ihrem Wagen ein Handy gefunden, das vermutlich zur Vorbereitung eines Bankraubs diente, und außerdem einen Packen Geldscheine, ungefähr tausend Euro, die – auch das ist zugegeben noch eine Vermutung – aus der Beute dieses Bankraubs stammen. Wie erklären Sie das?«
    »Das ist ganz einfach.« Gelassen fummelte er eine Zigarette aus der Packung. »Sie und Ihre feine Kollegin haben Ihre sogenannten Beweismittel in meinem Auto deponiert, nur um sie dann gleich darauf zu finden. Ich weiß zwar noch nicht, was für ein Spiel Sie spielen, aber eines kann ich Ihnen sagen: es wird nicht klappen. Sie suchen einen Dummen, den Sie der Öffentlichkeit als Täter vorführen können, weil Sie nicht im Stande sind, den wahren Schuldigen zu ermitteln. Aber ich bin eindeutig der falsche Kandidat dafür. Ich werde mich von Ihnen nicht aufs

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