Heidelberger Wut
Glatteis führen lassen. Und auf einen Anwalt kann ich verzichten, weil ich keinen brauche.«
»Solche Spiele, wie Sie es nennen, habe ich nicht nötig. Wenn Sie mit der Sache etwas zu tun haben, dann werde ich es Ihnen nachweisen, und zwar ohne Tricks. Also gestehen Sie lieber gleich.«
Seligmann steckte sich die Zigarette an, ohne hinzusehen. »Gesetzt den Fall, ich hätte tatsächlich irgendwas mit diesem Überfall zu tun, meinen Sie im Ernst, ich würde das Geld ausgerechnet im Handschuhfach verstecken?«
»Ach, Herr Seligmann.« Ich lachte ihn an. »Sie glauben nicht, was ich hier schon für Sachen erlebt habe. Einbrecher, die am Tatort Bier finden und sich nach dessen Vernichtung an Ort und Stelle schlafen legen. Ladendiebe, die noch im Kaufhaus vor Aufregung oder Blödheit ihren Personalausweis verlieren. Ein anderer hat seine Frau ermordet, weil sie ihn verlassen wollte. Er hat sie zerstückelt, eingefroren und dann nach und nach ins Klo gespült. Nur den Kopf, den hat er im Keller liegen lassen. Er konnte uns später nicht erklären, warum. Er hat ihn einfach dort liegen lassen und irgendwann vergessen. Erst drei Jahre nach dem Mord haben meine Leute den Kopf zufällig gefunden, auf der Suche nach Hehlerware. Er hatte nebenher einen schwunghaften Handel mit gestohlenen Handys betrieben. Dieser Mann hätte alle Zeit der Welt gehabt, den Kopf seiner toten Frau verschwinden zu lassen. Aber er hat es nicht getan.«
Seligmann blies Rauchringe in Richtung Decke. »Der wollte erwischt werden, das ist klar. Unbewusst hat er die ganze Zeit gehofft, dass Sie das Ding finden, damit er endlich bestraft wird.«
»Vielleicht wollten auch Sie bestraft werden? Vielleicht setzt es Ihnen zu, dass Sie zwei Menschenleben auf dem Gewissen haben?«
Er musterte mich verwundert. »Jetzt soll ich also auch noch jemanden umgebracht haben? Darf ich wenigstens erfahren, wen?«
Ich erzählte ihm von Bonnie and Clyde und ihrem Ende. Und dass er als Anstifter und Organisator ja wohl nicht ganz unschuldig war an ihrem Schicksal. Seligmann betrachtete die Glut seiner Zigarette und schwieg.
»Ein Verbrechen zu begehen, ist für Ungeübte in der Regel viel kräfteraubender, als sie sich vorgestellt hatten«, fuhr ich fort. »Auf einmal kann man nicht mehr richtig schlafen. Nicht mehr klar denken. Überall sieht man plötzlich Feinde und Polizisten. Und irgendwann macht man den ersten Fehler. Unweigerlich. Das ist unser Glück, denn wenn es nicht so wäre, dann würden wir die meisten niemals erwischen.«
Wieder machte er seine Rauchkringel. »Wenn das stimmt, was Sie mir unterstellen, dann müssten ja wohl meine Fingerabdrücke auf den Sachen sein, auf dem Handy und auf den Geldscheinen, nicht wahr?«
»Und wenn nicht, dann werden wir andere Mittel finden, es Ihnen nachzuweisen.«
Er schwieg und rauchte.
Vangelis trat ein und setzte sich still neben mich. Sie sah mich an, und ihr Blick sagte: »Ja.« Dann wandte sie sich an den Verdächtigen.
»Ich komme eben aus unserem kriminaltechnischen Labor«, begann sie freundlich. »Das Handy ist definitiv das gesuchte. Mit diesem Ding haben Sie das Bankräuberpärchen vor dem Überfall ungefähr zwanzig Mal angerufen. Die Geldscheine werden zurzeit noch überprüft, aber ich würde jede Wette eingehen …«
»Worum geht diese Wette?«, fiel Seligmann ihr kalt ins Wort. »Ich halte dagegen.«
»Wenn Sie jetzt ein Geständnis ablegen, dann wird das später im Prozess zu Ihrem Vorteil sein«, mischte ich mich ein. »Ab jetzt können Sie nur noch Punkte sammeln, indem Sie mit uns zusammenarbeiten. Mit Leugnen reiten Sie sich nur immer weiter rein.«
Er sah abwechselnd mich und Vangelis an. »Das haben Sie ja wirklich hübsch eingefädelt, alle Achtung«, brummte er dann und zerquetschte seine erst halb gerauchte Zigarette. »Ab sofort sage ich nichts mehr ohne meinen Anwalt.«
Endlich zitterten seine Finger doch ein wenig. Auch sein Blick war nicht mehr so ruhig wie heute Morgen.
»Woher kannten Sie Jannine von Stoltzenburg und Thorsten Kräuter?«, wollte Vangelis wissen.
»Wenn das die zwei sind, die die Bank ausgeraubt haben, dann kann ich nur sagen, ich hab sie überhaupt nicht gekannt«, versetzte er wütend. »Und ich sagte doch eben laut und deutlich, ich verlange einen Anwalt!«
»Herr Seligmann.« Ich sah ihn fest an. »Jedes Detail, das wir ab jetzt ohne Ihre Unterstützung herausfinden müssen, kann ein halbes Jahr mehr bedeuten für Sie. Überlegen Sie sich das.«
»Ein
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