Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Heidelberger Wut

Heidelberger Wut

Titel: Heidelberger Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolgang Burger
Vom Netzwerk:
würde er Nachschub brauchen.
    »Warum haben Sie am Tag vorher Ihre Konten aufgelöst? Das lässt mich eher vermuten, dass Ihre Abreise doch nicht so spontan war, wie Sie mir erzählen. Geld hatten Sie ja doch genug.«
    »Ja, warum?« Wieder hob Seligmann die Schultern. »War einfach ziemlich durch den Wind. Hatte schon ein paar unruhige Nächte hinter mir. Ich war einfach am Ende. Verstehen Sie? Total am Ende.«
    »Was hatten Sie vor, als Sie gestern Morgen wieder hier waren? Wollten Sie sich stellen?«
    Sein billiges Feuerzeug klickte. Die siebte Zigarette fing Feuer.
    »Vielleicht. Ich weiß nicht. Ja. Ich hab gedacht, ich erzähl Ihnen irgendwas, und dann lassen Sie mich in Frieden. Ich war mir sicher, dass ich alles richtig gemacht hatte, alle Spuren ordentlich verwischt, an alles gedacht. Aber auf einmal konnte ich nicht mehr. Und wissen Sie was?« Ein Hauch von Lächeln spielte um seine Mundwinkel. »Im Grunde bin ich froh, dass es jetzt so gekommen ist. Ich hab wirklich gedacht, ich wäre härter. Dachte wirklich, ich halt ein bisschen mehr aus.«
    Klara Vangelis hatte inzwischen eine Karte des nördlichen Elsass besorgt und breitete sie vor uns auf dem Tisch aus. Ich lieh Seligmann meinen Stift, und nach kurzem Zögern machte er ein Kreuz.
    »Es war gar nicht bei Seltz, jetzt sehe ich es. Das war hier, am Rand von diesem Wäldchen bei Beinheim.«
    Er reichte mir den Stift zurück, ich steckte ihn in die Hemdtasche.
    »Für heute machen wir Schluss. Die Details klären wir morgen.«
    »Welche Details?« Er wirkte fast erschrocken. »Haben wir nicht schon alles durchgekaut?«
    »Diese Zeitung«, sagte Sönnchen, als ich das Vorzimmer durchquerte, »meine war leider schon weg. Am Freitag war Altpapier. Und die Gerda hat ihren Kurier auch nicht mehr gefunden.«
    »Kein Problem«, erwiderte ich.
    »Sie sehen gar nicht so aus, als würden Sie sich freuen, dass dieser Seligmann gestanden hat.«
    »Ich freue mich auch nicht.«
    »Aber wieso?«
    »Ich bin mir fast sicher, dass er lügt. Seine Geschichte stimmt hinten und vorne nicht.«
     
    Als Sönnchen mir drei Stunden später das Fax auf meinen Tisch legte, verstärkten sich meine Zweifel. Die Franzosen hatten nichts gefunden.
    Ich ließ Seligmann umgehend vorführen.
    »Da ist nichts!« Ich knallte die Karte vor ihn hin. »Wo Sie Ihr Kreuz gemacht haben, war nichts vergraben!«
    »Komisch«, murmelte er und wiegte betreten den Kopf. »Weiß auch nicht. Ich war ja schon ziemlich besoffen, aber … Vielleicht hat mich wer beobachtet und es gleich wieder ausgebuddelt?«
    »Da war nicht mal ein Loch. Keine Spur von einer frischen Grabung. Da war überhaupt nichts.«
    »Dürfte ich eine Weile nachdenken?« Bittend sah er mich an. »Könnte ich die Karte eventuell mit in meine Zelle nehmen?«
    »Nichts da.« Sein Getue, seine lahmen Bewegungen, dieser plötzlich so nervtötend schuldbewusste Blick, alles an dem Kerl ging mir inzwischen auf die Nerven. »Sie bleiben hier sitzen, bis Ihre Erinnerung zurückkehrt. Wenn es sein muss, bis Weihnachten.«
    Demütig versenkte er sich wieder in das Studium der Landkarte. Fuhr mit dem Zeigefinger verschiedene Straßen und Wege. Schüttelte hin und wieder den Kopf. Begann wieder von vorn, am Grenzübergang Lauterburg. Nach einer Viertelstunde machte er endlich sein zweites Kreuzchen.
    Diesmal lag das Wäldchen einen halben Kilometer südöstlich von Roppenheim. Eigentlich war es nicht einmal ein Wäldchen, lediglich ein paar Bäume. In der Nähe war ein Feldkreuz eingezeichnet.
    »Jetzt bin ich mir aber sicher. Tut mir wirklich leid, dass ich Ihnen solche Umstände mache.«
    »Ihr Mitgefühl können Sie sich schenken. Hoffen Sie lieber, dass Sie sich diesmal nicht irren.«
    Ein zweites Fax ging an die Präfektur von Hagenau und irgendwo, hundert Kilometer südlich, machten sich erneut ein paar vor sich hinfluchende Kollegen auf den Weg. Inzwischen war später Nachmittag. Heute würde Seligmanns Anteil an der Beute wohl kaum noch gefunden werden.
    Falls dieser Anteil überhaupt existierte, woran ich inzwischen kaum noch glaubte.
    »Die Zeitung ist gekommen«, sagte Sönnchen, als sie zum letzten Mal an diesem Tag hereinkam und mir einen schönen Abend wünschte. »Ich hab beim Verlag angerufen, und sie haben extra jemanden vorbeigeschickt.«
    »Welche Zeitung?«, fragte ich abwesend.
    »Na, der Kurier, den Sie unbedingt haben wollten.«
    »Das hatte ich total vergessen. Den können Sie wegwerfen.«
    »Heißt das, ich hab mir die

Weitere Kostenlose Bücher