Heidenmauer
reden.«
Schielin ahnte, welche Gefahr Hedwig Borgghes in dem Gespräch, das sie gerade führten, witterte. Über die Sache war schon ein erster Hauch flaumigen Grases gewachsen. Und nun kam er daher und brachte die Erpressung eines Gigolos in Verbindung mit dem Mord an einem Journalisten. Das war für das Geschäft wie eine Gasflasche in einem offenen Feuer.
Er fragte: »Sie sagten, dieser Badagli-Smerof stamme aus einer nicht unvermögenden Familie. Aus welchem Grund hatte er es dann nötig, derart rüde und kriminell zu agieren.«
Thomas Borgghes grinste böse. »Wie wir schon sagten – die Familie ist nicht unvermögend. Das sagt aber nichts über die finanziellen Verhältnisse des Herrn aus. Er ist so etwas wie das schwarze Schaf, verstehen Sie.«
»Mhm.«
»Er kommt auf freien Fuß?«, fragte Wenzel.
»Es sieht so aus«, sagte Thomas Borgghes.
»Die Kaution beträgt knapp über eine Million Schweizer Franken. So völlig mittellos kann er nicht sein, der Herr Badagli-Smerof. Jedenfalls stellt sich dies aus der Sicht zweier unterbezahlter Kriminalbeamten so dar«, meinte Schielin. »Woher hat er denn das Geld?«
Thomas Borgghes zuckte mit den Schultern. »Seine Forderungen an uns beliefen sich auf acht Millionen Euro.«
»Forsch, sehr forsch, der Herr Badagli-Smerof«, stellte Schielin fest und wandte sich an Hedwig Borgghes. »Sie berichteten mir, dass es zu häufigen Treffen mit Günther Bamm kam, hier in diesem Haus …«
»Ich habe ihm nichts von der Sache erzählt«, sagte sie sofort.
Schielin hob die Hände und wiegelte ab, denn sie hatte ärgerlich geklungen, darüber, dass jemand meinen könnte, sie hätte geplaudert. »Nein, Nein. Da bin ich mir sicher, Frau Borgghes. Aber kann es nicht sein, dass Herr Bamm hier etwas … ja … aufgeschnappt hat, ein Gespräch mitbekam oder dergleichen.«
»Das kann ich mir nicht vorstellen.«
Wenzel presste die Lippen zusammen. Fast wäre ihm ein »Ich mir aber schon« herausgerutscht.
Sie schaute zur Decke und schüttelte den Kopf. »Es ist mir völlig schleierhaft, wie er davon erfahren haben kann. Und – was wollte er dort in St. Margrethen? Wir haben von Anfang an eine offene Kommunikation betrieben, verstehen Sie, Herr Schielin. Nichts ist geheim geblieben … natürlich sind die Videos nicht veröffentlich worden … das war meine große Angst, dass da plötzlich etwas in diesem verdammten Internet auftaucht … das wäre schrecklich gewesen, ist uns aber erspart geblieben. Ganz so verkommen war er letztlich wohl doch nicht. Aber … Günther Bamm? Die Verbindung ist mir nicht klar.«
»Kannten sich denn Ihre Tochter und Bamm?«, fragte Schielin.
»Sicher. Sie haben sich hier ein paar Mal getroffen.«
»Und?«
Sie sah ihn konsterniert an. »Was und? Natürlich nichts, und. Da war nichts!«
Ihr Sohn verzog den Mund. »Wirklich nicht, meine Herren, da denken Sie in die falsche Richtung; Günther Bamm und Christiane – das war nicht denkbar. Sie sind sich freundlich, aber doch mit einer gewissen Distanz begegnet.«
Wenzel legte die Stirn in Falten. Gerne hätte er etwas Unflätiges gesagt, über die Art von Begegnungen und einer gewissen Distanz.
*
Auf der Rückfahrt zur Dienststelle hätte Wenzel sich gerne mit Schielin über das vorangegangene Gespräch ausgetauscht. Doch er kannte seinen Kollegen. Der saß auf dem Beifahrersitz, sah zum Seitenfenster hinaus und schwieg, war ganz in Gedanken. Niemand wollte gerne gestört werden, wenn er sich Gedanken machte. Kurze Zeit später saßen sie alle beisammen.
Lydia und Jasmin Gangbacher hatten Hedwig Kohler zur Dienststelle gebracht und die Protokolle aufgenommen. Sie blieb bei dem, was sie in ihrer Vernehmung schon gesagt hatte. Schielin erzählte von dem, was er in der Schweiz herausgefunden hatte. Die anderen hörten gespannt zu. Vor allem Gommert saß zeitweise mit offenem Mund da und vergaß sogar, ab und an einen seiner verqueren Kommentare abzugeben.
Schielin zog unzufrieden ein Resümee. Sie hatten mit Ludwig Rubacher einen zwar widerwärtigen Kerl, der als Betreuer alte Menschen ausnahm, der mit Bamm in Streit geraten war und dessen Alibi den Namen nicht verdiente. Aber war das als Motiv ausreichend, um jemandem den Schädel einzuschlagen, und war es genug, um ihn festzunehmen? Das ganz sicher nicht.
Bei seinem schlaksigen Bruder sah die Sache schon anders aus. Da liefen die zwei Spuren zusammen, einmal der Picasso, über den Bamm schreiben wollte, und dann dieses
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