Heidenmauer
Landschaftsgemälde, über das er Leo Korsch informieren wollte. Dr. Heinrich Rubacher war nicht minder unsympathisch, doch in seinem Fall hielt das Alibi, denn sein Sohn blieb bei seiner Aussage, und es gab keine weiteren Indizien, die dies hätten entkräften können.
Vielleicht brachte der DNS-Abgleich ja etwas, doch Schielin war skeptisch. Er hatte so ein Gefühl.
Blieb noch Hedwig Kohler, die sich in ihren Lügen derart verstrickt hatte, dass sie selbst nicht mehr zu wissen schien, was richtig und was falsch war, was wirklich geschehen und was Einbildung war. Mit dem Angriff auf Mirabeau Sehender hatte sie bewiesen, zu welcher Rohheit sie fähig war, sie war zur entsprechenden Zeit auf der Insel gewesen und auch in der Nähe des Tatortes. Eine heiße Kandidatin also für einen Haftbefehl, doch auch hier sträubte sich Schielins Ermittlergespür.
Auch Lydia Naber hatte nicht sehr engagiert argumentiert, als sie die Verdachtsmomente gegen Hedwig Kohler darlegte. Die Ermittlungen schienen sich in eine Sackgasse zu bewegen. Alle Spuren, die sie verfolgten, verloren sich oder führten in weitem Bogen um Bamm herum, aber nicht zu ihm hin. Auch die Geschichte mit der Erpressung von Christiane Borgghes brachte nichts zutage, denn es gab keine Geheimnisse. Die Familie hatte sich im Grunde genommen vorbildlich mit der Situation auseinandergesetzt und die Kontrolle über die Lage behalten. Sofort Kontakt zu den Ermittlungsbehörden gesucht, alles offengelegt und auch gar nicht erst versucht, die Presse außen vor zu lassen. Die Ermittler hatten ihren Job getan und konnten einen Kriminellen festnehmen, die Öffentlichkeit hatte eine spannende Geschichte über eine reiche Frau, die geleimt worden war – und es würde geschehen, wie Hildegard Borgghes es gesagt hatte. In einiger Zeit würde sich niemand mehr dafür interessieren. Und es war legitim, darauf einzuwirken, möglichst wenig der intimen Ereignisse in die Öffentlichkeit gelangen zu lassen.
Schielin spürte, dass er feststeckte, nicht mehr weiterkam und darüber zusehends verdrossen wurde. Es war Zeit für eine Unterredung mit Ronsard.
Nach kurzer Diskussion entschieden sie sich dafür, Hedwig Kohler auf freien Fuß zu setzen. Sie würde ihnen nicht davonlaufen, wie die beiden Rubachers auch.
*
Am nächsten Tag kam er etwas später ins Büro und Kimmel fing ihn schon am Eingang ab. Er nahm ihn mit in sein Dienstzimmer und bat ihn, Platz zu nehmen. Er war ein schlechter Schauspieler, und Schielin sah ihm an, dass ihn etwas Unangenehmes bedrückte.
»Was ist los?«, fragte er unbekümmert.
Kimmels Stimme war belegt, und nach den ersten Worten musste er sich räuspern.
»Wie schätzt du den Fall Bamm ein. Kommt ihr da weiter, oder stagnieren die Ermittlungen?«
»Du bist doch genauestens über den Sachstand informiert«, entgegnete Schielin.
Kimmel fuhr sich übers Kinn. »Brauchen wir vielleicht Unterstützung?«
Schielin pfiff und lächelte dann zynisch. »Nachtigall, Nachtigall … wer hat denn angerufen?«
Kimmel ging nicht auf die Frage ein. »Es ist ja auch vertrackt, und wir kommen nicht so recht weiter. Vielleicht steckt ja was anderes hinter dem Mord, Conrad. Dieser Bamm war Journalist, vielleicht hatte er Kontakt zu … Geheimdiensten …«
Er kam nicht weiter. Conrad Schielin lachte hart. »Oh je. Ich bitte dich, hör auf. Erst dachte ich ja, aus Kempten hätte sich jemand gemeldet, aber jetzt weiß ich, dass das Ministerium sich höchstselbst gemeldet hat. Geheimdienst! Auf so einen Schwachsinn kommen doch nur die in München drinnen.« Er beugte sich über den Schreibtisch. »Wir wissen doch beide – alle Sonderkommissionen, die von denen da drinnen eingesetzt werden, lösen keine Fälle – sie beerdigen sie. Geheimdienst …«
Kimmel setzte an, kam aber nicht weit.
»Borgghes!«, sagte Schielin.
Kimmel suchte Flucht, indem er sich zurücklehnte. Ohne jede Spur von Emotion sagte er. »Es sind Leute mit Beziehungen.«
»Es sind freundliche Leute, die für jeden Euro ihrer Parteispenden eine Gegenleistung erwarten, weil ihr ganzes Denken nach diesem Prinzip ausgerichtet ist. Die waren über den Stand unserer Ermittlungen informiert, gleich nachdem ich das erste Mal dort war. Weißt du davon!?«
Kimmel richtete sich auf und schüttelte den Kopf. Es war ihm anzusehen, dass ihm das, was Schielin gerade gesagt hatte, nicht gefiel. »Ich habe nur mit Kempten geredet.«
»Sauber. Bei den Borgghes liegen die Nerven blank wegen diesem Gigolo
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