Heidi Klum - Chamäleongesicht. Biographie (German Edition)
sagte zu mir: Jetzt gehst du nach Hause und stellst dich vor den Spiegel und entspannst dich. Und dann beginnst du zu üben. Sieh die Kamera als deinen Freund, und nicht als deinen Feind. Also ging ich nach Hause und übte vor dem Spiegel, wie man lächelt. Das ist komisch, weil ich heute für mein Lächeln bekannt geworden bin.“
Ein weiteres Thema ist ihr Gewicht. Heidi bekommt wieder und wieder gesagt, dass sie zu dick sei. Das hat vor allem etwas damit zu tun, dass sie gerade versucht, hier in der Stadt des Hungermodel-Looks Karriere zu machen. Wer in New York nicht superdünn ist, bekommt von den Bookern ordentlich Druck, abzunehmen, denn sonst ist ein Model an Fotografen nicht vermittelbar. Die Modemetropole ist jener Ort, in dem modisch und dünn als Begriffe fast gleichzusetzen sind. Hier wird sich der „Heroin-Chic“ am stärksten durchsetzen, den viele Models können nur „chic und schlank“ werden, indem sie das Hungergefühl mit Heroin unterdrücken. Anfang der 1990er Jahre hat es einen Preisverfall bei Heroin gegeben, also wird noch mehr konsumiert. Der amerikanische Präsident, Bill Clinton, wendet sich kurz vor dem Ende seiner zweiten Amtszeit in einer leidenschaftlichen Rede an die Modeindustrie und beschwört sie, gegen den zunehmenden Heroinmissbrauch bei Models anzugehen. Der Journalist Ian Halperin schreibt in seinem Buch „Bad & Beautiful“ über die New Yorker Modewelt: „Abstoßend ist hier die hohe Anzahl von Models mit schweren Essstörungen. Sie denken an nichts anderes als ihr Gewicht.“ Man merkt, dass die Botschaft der Agenturen bei ihren Klientinnen zum Großteil angekommen ist.
Später würde Heidi erzählen, dass vor allem ihre eigene Schüchternheit zu dieser Zeit so groß war, dass sie Heidis Einstieg in die Modewelt fast verhindert hat. „Ich war super-schüchtern damals, ich konnte kaum meinen Mund aufkriegen. Mein Englisch war grauenhaft. Meine Spruch war immer: Hi,I am Heidi from Germany. Nice to meet you. Und das war's dann.“ Ihre mangelnden Sprachkenntnisse verhindern auch, dass sie mit dem erste Mann, mit dem sie in dieser Zeit ausgeht, eine Beziehung aufbauen kann. „Er war (dachte ich), meine große Liebe, obwohl ich kein Wort von dem verstand, was er sagte.“
Aber auch im Alltag erlebt Heidi so etwas wie einen Kulturschock. New York ist riesig, und für einen Neuankömmling aus einer deutschen Kleinstadt schlicht überwältigend. Bis Heidi begriffen hat, dass die Straßen von Manhattan in East und West aufgeteilt sind, taucht sie bei Terminen öfters an der falschen Adresse auf. Und da sie dauernd in Fast-Food-Restaurants isst, schleichen sich schnell Gewichtsprobleme ein.
Doch Heidi ist zäh. Sie diszipliniert sich, arbeitet an ihren Sprachkenntnissen, und ihr freundliches, einnehmendes Wesen, das mit wachsendem Selbstbewusstsein immer stärker sichtbar wird, bewirkt dann am Set oder in der Agentur oft mehr als tausend Worte. Heidi schließt während der ersten Jahre Freundschaften, die ihre weitere Karriere beflügeln werden. Freundschaften, die über viele Jahre halten werden. Eine davon ist Desiree Gruber, die schon damals für Models Öffentlichkeitsarbeit macht und in den folgenden Jahren so etwas wie Heidis Managerin in Amerika werden wird. Man geht in den ersten Tagen des Kennenlernens oft gemeinsam aus. Heidi lernt Clubs wie „The Vault“ kennen, in denen nackte Menschen in Käfigen tanzen. Mit von der Partie ist Frederique van der Wal, eine Klientin von Desiree, ein niederländisches Supermodel, das sechs Jahre älter ist als Heidi und seit 1988 für Victoria's Secret arbeitet. Der Hersteller von Frauenmode ist vor allem wegen seiner Unterwäsche bekannt, gehört aber weltweit zu den größten Firmen im Beauty-Bereich mit einem Jahresumsatz von 5 Milliarden Dollar. Victoria's Secret ist bekannt für seine Modeschauen, bei denen prinzipiell nur Topmodels eingesetzt werden. Das macht diese auch so begehrt, denn wer es in diese Modeschau geschafft hat, ist selbst zur Marke geworden. Außerdem erlaubt den Models die Teilnahme an Werbekampagnen der Firma, so etwas wie eine Karriere als Markenbotschafterin zu starten. Das wiederum erhöht den Bekanntheitsgrad und damit den Marktwert eines Models, und das so sehr, dass manche sogar gratis an Modekampagnen teilnehmen. Desiree betreut Frederique bei Victoria's Secret , hat ihr aber auch schon einige Filmrollen verschafft. Frederique ist mittlerweile gut im Geschäft. Heidi fragt die Ältere aus, sie
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